Sieger Portugal bringt den Song Contest zur Besinnung
Nathan Trent belegte in Kiew mit "Running on Air" Platz 16
Von 24 Jurys aller 42 teilnehmenden Länder Punkte bekommen, nach der Jury-Wertung Elfter gewesen und im Anschluss an das Zuschauer-Voting 16. geworden – Nathan Trent hat sich mit seinem selbstkomponierten Lied "Running on Air" am Samstag im Finale des 62. Eurovision Song Contests (ESC) in der ukrainischen Hauptstadt Kiew respektabel geschlagen. Mit Salvador Sobral und dessen Jazz-Ballade "Amar pelos dois" setzte sich erstmals in der Geschichte des Wettbewerbs Portugal durch. "Dies ist ein Sieg für die Musik, für Musik, die etwas bedeutet", sagte Sobral, als er weit nach Mitternacht zum Sieger gekürt wurde. Selten waren Worte beim ESC so wahr. Es ging nicht um Glitter, nicht um Krawall, nicht um protzige Lichteffekte, wirbelnde Kameras und halbnackte Tänzer. All das hat Sobral vermieden. In einem viel zu großen Sakko stand er allein am Mikrofon, hauchte zu seltsamen Verrenkungen sein Lied und ruhte ganz in sich. Er vermittelte auf diese Weise eine Intensität, die bei diesem Wettbewerb jahrelang vermisst worden war. Seine Besinnung auf das Behutsame, auf das Natürliche war dennoch nicht einzigartig in Kiew: Auch der zweitplatzierte Beitrag aus Bulgarien setzte auf die natürliche Kraft des jungen Interpreten Kristian Kostov.
Salvador Sobral begeisterte mit seinem Lied:
Insgesamt wurde weit weniger Haupthaar von Windmaschinen zerzaust – und wenn schon exzentrisch, war es zumeist die Musik: wie etwa beim rumänischen Jodel- und Rap-Duo Ilinca Bacila und Alex Florea, die Siebente wurden. "Jeder Künstler, der beim Song Contest mitmachen darf, ist ein Glückspilz. Ich habe mein Bestes gegeben, und es freut mich, dass mein Song bei den Jurys so gut angekommen ist – mein Highlight waren natürlich die zwölf Punkte aus Bulgarien", sagte Nathan Trent. Und weiter: "Sicher hätte ich mir gewünscht, dass ich beim Publikumsvoting besser abgeschnitten hätte – aber mit dem Finaleinzug habe ich mein Ziel erreicht, und Platz 16 von 42 ist urcool."
Zu zornigen Diskussionen im Internet führte die sich über zwei Stunden hinziehende Voting-Zeremonie. Nach den Jury-Ergebnissen aller 42 Nationen wurden unter künstlich gesteigerter Spannung die keinesfalls nachvollziehbaren Punkte der Zuschauer-Abstimmungen vorgetragen.
Die Lieder des Song Contests haben sich zum Besseren verändert, das ESC-Prozedere seine Reform noch vor sich.
Lesen Sie hier Porträt über ESC-Sieger Salvador Sobral
ESC-Endergebnis:
1. Portugal 758 Punkte Salvador Sobral: „Amor Pelos dois“ 2. Bulgarien 615 Punkte Kristian Kostow „Beautiful Mess“ 3. Molawien 374 Punkte SunStroke Project „Hey, Mamma!“ 4. Belgien 363 Punkte Blanche „City Lights“ 5. Schweden 344 Punkte Robin Bengtsson „I Can’t Go On“ 6. Italien 334 Punkte F. Gabbani „Occidentali’s Karma“ 7. Rumänien 282 Punkte Ilinca feat. Alex Florea „Yodel It!“ 8. Ungarn 200 Punkte Joci Papai „Origo“ 9. Australien 173 Punkte Isaiah „Don’t Come Easy“ 10. Norwegen 158 Punkte Jowst „Grab The Moment“ 15. England 111 Punkte Lucie Jones „Never Give Up On You“ 16. ÖSTERREICH 93 Punkte Nathan Trent „Running On Air“ 25. Deutschland 6 Punkte Levina „Perfect Life“ 27. Spanien 5 Punkte Manel Navarro „Do It For Your Lover“
So wählte die österreichische Jury:
1. Niederlande 12 Punkte 2. Bulgarien 10 Punkte 3. Portugal 8 Punkte 4. Weißrussland 7 Punkte 5. Italien 6 Punkte 6. Ungarn 5 Punkte 7. Schweden 4 Punkte 9. Belgien 2 Punkte 10. England 1 Punkt
Der Liveticker zum Songcontest als Nachlese
Mit dem Portugiesen hatte man wahrscheinlich Mitleid und hat ihm zum Sieg verholfen.