Die Hand zum Frieden gereicht
Neujahrskonzert unter Daniel Barenboim als Statement gegen Krieg und Gewalt
Noch selten hat ein Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker derart zum Nachdenken angeregt wie dieses unter Daniel Barenboim. Es war klar, dass der argentinisch-israelische Pianist, Dirigent und höchst diplomatische Friedensaktivist das Podium nutzen wird, um ein Zeichen zu setzen. Dass er aber gleich den Radetzky-Marsch als Symbol für Krieg und Gewalt demontiert und während die Philharmoniker spielen durchs Orchester geht und jedem Musiker die Hand zum Friedensgruß reicht, ist mehr als Symbolik. Es ist eine Geste der Wertschätzung von Traditionen, aber gleichzeitig ein Hinweis darauf, dass man Überliefertes durchaus hinterfragen soll und muss.
Ein blutiger Marsch
Diesen Marsch hatte Johann Strauss Vater 1848 zu Ehren von Josef Wenzel Graf Radetzky von Radetz komponiert, der nur wenige Wochen vor der Uraufführung in der Schlacht von Custozza die italienische Nationalbewegung erfolgreich und blutig niedergeworfen hatte und damit einen Schritt zur Demokratisierung verhinderte. Ein großartiges Stück Musik, an dem aber doch das Blut von mehreren Tausend Menschen hängt.
Auch sonst war das Programm speziell des ersten Teils auf den Frieden, die Situation im Nahen Osten und das Gedenken an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren abgestimmt. Mit Friedenspalmen op. 207 von Josef Strauss und dem "Egyptischen" Marsch op. 335 und dem Walzer "Seid umschlungen Millionen" op. 443 von Johann Strauss Sohn setzten die Wiener Philharmoniker einen deutlichen Schwerpunkt.
Im zweiten Teil dann erstmals Musik von Richard Strauss, der als waschechter Bayer mit der Walzerdynastie nicht verwandt ist, sondern bloß den gleichen Namen trägt, den man den neusten Forschungen nicht mit scharfem S schreibt. Traumhaft gespielt wirkte die "Mondscheinmusik" aus Capriccio fast wie ein wunderbarer Fremdkörper, wie ein Traum aus einer anderen Welt. Überhaupt haben die Philharmoniker mit Daniel Barenboim ein sehr symphonisches Programm zusammengestellt, mit Walzern, deren Einleitungen mitunter zum Schönsten gehört, was in dieser Zeit in Wien entstanden ist – "G’schichten aus dem Wienerwald", bei dem der Oberösterreicher Wilfried Scharf das Zither-Solo höchst inspiriert spielte, oder "Dynamiden" von Josef Strauss oder "Die Romantiker" von Josef Lanner.
Daniel Barenboim hat die Partituren intensiv studiert und jedem noch so bekannten Werk neue Facetten abgewinnen können. Details, die sonst oft untergehen, oder nicht diese Aufmerksamkeit bekommen, Nebenstimmen, die kontrapunktisch hervortreten und das Thema plötzlich in einem anderen Licht erscheinen lassen, aber auch Eingriffe in die traditionelle Klangbalance, die einen noch weicheren und noch edleren Klang hervorriefen. Die Hinwendung zum Symphonischen bedeutete aber nicht, dass das freie Ausschwingen und der "lässige" Umgang mit Rhythmen fehlten. Hervorragend gelungen war auch die ORF-Übertragung mit fantasievollen Bildern und geschickt inszenierten Einblicken in die Arbeit der Musiker. Fein auch das Staatsballett in der ansprechenden Choreographie von Ashley Page und in der gewagten und dennoch hinreißenden Ausstattung von Vivienne Westwood und Andreas Kronthaler. Ein schwungvoller, tief beeindruckender und nachdenklich stimmender musikalischer Einstand im Jahr 2014.
Neujahrskonzert: Wiener Philharmoniker, Daniel Barenboim, Musikverein Wien (1. Jänner)
OÖN Bewertung:
Wruss hat offenbar das Neujahrskonzert im TV gesehen, anders wäre es sich ja garnicht ausgegangen, auch das Neujahrskonzert im Brucknerhaus zu besuchen und gleich total zu verreissen.
Dass er im TV natürlich jede 1/8Note heraushört, dürfte seinem siebten oder achten Sinn zuzuschreiben sein, allerdings wäre es vielleicht besser, einen anderen Musikkritiker zu beauftragen, der auch die Mühe der Reise nach Wien auf sich nimmt.
So wird jeder Artikel zur Persiflage !
auf tenerife spielen sie auch am abschluss immer den radetzkymarsch.
diesmal zusätzlich mit einer solointerpredation eines hervorragenden pianisten - michel camilo, dem sogar buchbinder oder langlang applaudieren würde.
da hätte das versnobte wiener publikum aber schön geschaut.
strauss hätte es sicher gefallen......