Diagnose: Lebenslänglich krank

64 Prozent der Österreicher leiden an einer chronischen Erkrankung. Was es bedeutet, ständig mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, weiß der Ennser Jürgen Holzinger (33) als Dialysepatient. Darum hat er den Verein „Chronisch krank“ gegründet. Die Oberösterreichischen Nachrichten haben mit dem Gesundheits-Soziologen gesprochen.
OÖN: Herr Holzinger, an welchen chronischen Erkrankungen leiden die Österreicher am häufigsten?
Holzinger: An oberster Stelle stehen die diversen Arten von Allergien. Aber auch an Bluthochdruck, Arthritis und Entzündungen von Herz und Lunge leiden sehr viele Menschen. Und Diabetes ist die Krankheit, die am stärksten zunimmt. Laut Statistik Austria wächst die Zahl der Betroffenen jährlich um zehn Prozent.
OÖN: Welche Krankheiten sind die quälendsten für die Betroffenen?
Holzinger: Das sind diejenigen, bei denen der Patient von regelmäßigen Behandlungen im Krankenhaus und Medikamenten abhängig ist, um zu überleben. Dazu gehören unter anderem Krebs, Aids, schwere Nierenerkrankungen und Diabetes. Die Betroffenen müssen extreme psychische Belastungen ertragen.
OÖN: Wie kann der Verein „Chronisch krank“ diesen Menschen helfen?
Holzinger: Wir verstehen uns als zentrale Anlaufstelle für Betroffene. Alle notwendigen Informationen sind bei uns erhältlich, egal ob es sich um soziale, finanzielle, psychische, sozialrechtliche oder medizinische Belange handelt. Wir bieten auch Ernährungscoaching und kostenlose Rechtsberatungen an. Wir sind für die Betroffenen und deren Angehörige da.
OÖN: Warum brauchen chronisch Kranke in sozialen Fragen Hilfe?
Holzinger: Wegen ihrer ständigen gesundheitlichen Belastungen können chronisch Kranke schnell in einen Teufelskreis geraten, aus dem sie nur schwer wieder herauskommen. Wenn jemand beispielsweise aufgrund seines Leidens nicht mehr arbeiten kann, hat er ein finanzielles Problem. Und das kann wiederum einen extremen psychischen Druck zur Folge haben. In so einem Fall ist es wichtig, dass der Patient schnell Unterstützung bekommt, damit er sein Leben wieder in den Griff bekommt. Hier setzt die Arbeit des Vereins „Chronisch krank“ an.
OÖN: Auf der Homepage des Vereins heißt es, es werde „Case- und Disease-Management“ angeboten. Was kann man sich darunter vorstellen?
Holzinger: Neueste gesundheitswissenschaftliche Studien zeigen, dass Menschen, die ihre Erkrankung „managen“, eine bessere Lebensqualität haben. Das heißt, dass sie sich in allen Lebensbereichen professionell Unterstützung holen. Das ist für den Einzelnen schwierig, weil viele nicht wissen, wie sie zu den Fachleuten kommen, die sie brauchen. Unser Verein bietet daher vom Rechtsanwalt über den Universitätsprofessor bis zum Psychologen ein Netzwerk von Spezialisten an, die in schwierigen Lebenslagen helfen können.
OÖN: Wie viele Mitglieder hat der Verein „Chronisch krank“ derzeit?
Holzinger: Wir haben 120 Mitglieder. Dass es schon so viele sind, obwohl der Verein erst seit Februar dieses Jahres existiert, zeigt, wie notwendig chronisch Kranke Hilfe in den unterschiedlichsten Belangen brauchen. Wir bekommen nicht nur aus Oberösterreich Unterstützungsanfragen, sondern auch aus anderen Bundesländern.