Tanzen auf einem Quadratmeter
Wie "Cinderella" Lara Bonnel Almonem, die OÖ. Tanzakademie und Freie die Krise meistern.
Als junge "Cinderella" tanzte sich Lara Bonnel Almonem am Linzer Musiktheater in die Herzen der Besucher. Der Premiere der neuen Choreografie von Landestheater-Ballettchefin Mei Hong Lin am 29. Februar konnten nur wenige Aufführungen folgen. Das Landestheater musste die Saison in der Corona-Krise vorzeitig beenden.
Statt auf der Bühne tanzt und trainiert die Französin, seit 2014 fix im Ensemble, nun in ihren eigenen vier Wänden. "Ich rücke den Küchentisch beiseite, mache ein Online-Tanztraining und Pilates, oder ich gehe laufen", erzählt die 29-Jährige, die trotz allem auch dankbar ist: "Wir sind sicher am Theater engagiert. Wir sind gesund und müssen jetzt einfach geduldig sein. In diesem Lockdown können wir andere Seiten in uns selbst entdecken. Limitiert zu sein, ist auch eine Entwicklungsmöglichkeit. Ich habe mehr Zeit, über Kreativität nachzudenken oder Deutsch zu lernen."
"Virtuelle Hausaufgaben"
Auch sie tanzen eifrig weiter – die Nachwuchstalente der OÖ. Tanzakademie, auf die nun "jede Woche virtuelle Hausaufgaben" warten, sagt Akademieleiterin Ilja van den Bosch. Wofür sich die ehemalige Tänzerin am Landestheater einiges ausgedacht hat, sogar einen "Cocorona-Tanz" als Anleitung zum Händewaschen für die Jüngeren. Das Trainingsprogramm vereint Praxis und Theorie: "Aktive Übungen an der Stange, die auf einem Quadratmeter möglich sind, für jede der fünf Altersgruppen. Und jede Woche stelle ich einen Choreografen vor." Die Rückmeldungen freuen sie besonders: "Ich bekomme Videos mit den tollsten Tänzen im Wohnzimmer oder im Garten. Alle sind so kreativ und einfallsreich und meistern die Herausforderung, sich selbst zu motivieren, großartig."
Auch die freie Linzer Tanzpädagogin und Choreografin Christine Maria Krenn (Helix Projects) hält online den Kontakt zu ihren Schülern. "Ich verschicke Musik-Playlisten für tänzerische Improvisationen daheim und Videos mit abgefilmten Choreografien." Finanzielle Verluste als Selbstständige konnte sie teils durch den Härtefonds abfedern. "Das hat unbürokratisch und schnell funktioniert." Ein für Juni geplantes internationales Kooperationsprojekt ihrer Tänzer mit georgischen Sängern im Linzer Brucknerhaus – "Aba Delia – Österreich trifft Georgien" – konnte sie auf Juni 2021 verschieben. Als "kreative Pause" empfindet sie die Krise nur bedingt: "Für Kreativität muss man sich frei fühlen. Jetzt fühlt man sich eher isoliert und eingesperrt", sagt die zweifache Mutter.
Ganze Choreografien im Netz
"Die Ungewissheit ist schwer, weil man derzeit nichts planen kann", findet Ilja van den Bosch: "Ich hoffe für alle Künstler, dass sie bald noch mehr geschätzt werden, weil viele merken, dass man die Kunst vermisst und jetzt noch mehr braucht als sonst." Ein Wunsch, den auch viele Tanzangebote im Netz spiegeln – von Choreografien über getanzte Einblicke in die Quarantäne bis zum virtuellen Training mit Profis.
Tipps für „Tanz im Netz“
Das Nederlands Dans Theater zeigt noch bis 17. April „The Statement“ des kanadischen Choreografen Crystal Pite und wöchentlich weitere Produktionen, www.ndt.nl/ndtv.html
The Royal Ballet zeigt am 17. April, 20 Uhr, „The Metamorphosis (2013)“ und am 1. Mai, 20 Uhr, „The Winter’s Tale“ (2014), www.roh.org.uk/streaming
Die Wiener Staatsoper streamt am 17. Mai, 19.30 Uhr, das Ballett „Sylvia“ von Manuel Legris nach Louis Mérant, www.wiener-staatsoper.at/staatsoper-live/wiener-staatsoper-livehome
Das Berliner Staatsballett zeigt mit „From Berlin with Love. Creating in Times of Corona“ eine Collage aus der Quarantäne der Tänzer, www.youtube.com/watch? v=h7Vt2MVJk4o&feature=youtube
Das Hamburg Ballett lädt u. a. zum virtuellen Training mit seinen Solisten: www.hamburgballett.de/de/news/online_programm.php