Kopfhörer #105: Gravögl und die Liada von da
In den Wäldern hinter Lilienfeld schreibt das Leben Geschichten. Gravögl erzählen sie.
Imma is irgendwos, singt Thomas Gravogl mit großer Eindringlichkeit in der Stimme, während dazu die Gitarren zwischen Folk und Rock, zwischen großer Wehmut und Aufbruchstimmung pendeln. Der dem zweiten Album der Band aus dem niederösterreichischen Mostviertel titelgebende Song lässt schon erahnen, dass in Gravogl mit seiner Band Gravögl ein großer Geschichtenerzähler steckt. Einer, der nicht in die weite Welt hinausblicken muss, weil das, was vor der eigenen Haustür passiert, eben auch überall auf der Welt geschehen kann.
Die Leichtigkeit des kindlichen Seins bildet sich in dem im Dylan-Style dahinschwebenden „Hochwossaliad“ wieder. Da schwelgt der Dichter und Sänger in den Erinnerungen, als Fische mit Händen gefischt wurden, an Fußballspiele im Gatsch und (verbotene) Gipfelstürme auf den Sperrmüllbergen neben der Straße. Und in allem, was sie taten, waren die Eltern am Ende, heißt es. Das verschmitzte Lächeln dazu kann man sich ausmalen.
Furioses Finale mit dem "Schrattl"
Feinster Folk prägt auch „Sie was jetzt, dass es ois wida wiad“, ein Lied über ein Mädchen, das nicht weiß wohin, und an jemanden kommt, der ihr das Gefühl vermittelt, dass aus jedem Tal ein Weg führt. Und am Ende steht „Schrattl“, ein Song, der mit allem Nachdruck vom Waldschratt erzählt, der sich aus dem System zurückgezogen hat, um in den Höhlen des Steinkohlebergbaus hinter der Traisen zu leben. Er wollte nur seine Ruhe haben, aber die Menschen fürchteten sich vor ihm. Sie jagen ihn, den keiner vermissen wird, und er läuft davon. Ein Song, der die Furcht der Menschen vor dem Anderen gnadenlos gut auf den Punkt bringt.
Gravögl: „Imma is irgendwos“ (Bader Molden Recordings)