Werbung und Sportrechte: Der ORF soll mit den Privatsendern kooperieren
Der erste Tag der Medienenquete stand im Zeichen des öffentlich-rechtlichen Auftrags.
Schon eine Stunde vor dem gestrigen Beginn der Medienenquete stehen am Eingang des Wiener Museumsquartiers motiviert auftretende Frauen (interessanterweise nur Frauen) und protestieren mit kostspielig produziertem Werbematerial gegen die ORF-Gebühren. Oberösterreichs ORF-Landesdirektor Kurt Rammerstorfer nimmt den Demonstrantinnen-Slalom so geschickt, dass ihm keine Unterstützungserklärung zugesteckt werden kann. Die internationale Tagung, die Medienminister Gernot Blümel für gestern und heute anberaumt hat, hätte auch ein Wettkampf der Ideen im medialen Universum werden können. Tatsächlich verkleinerte sich die Enquete schon gestern zum Ringkampf rivalisierender Ideologen: Gebühren-Befürworter treffen auf Gebühren-Gegner.
ORF-Volksabstimmung?
Geht es nach FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein, dann weg mit den Gebühren, die aus der Zeit von "FS 1 und FS 2" stammen. Einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk befürworte er, aber aus dem Bundesbudget finanziert. Das heißt, der ORF-Generaldirektor müsste sein Budget mit dem Finanzminister ausschnapsen, wobei auch journalistisches Wohlwollen Gegenstand der Verhandlungen werden könnte. Die Auswirkung mag kalkuliert sein, zumal ÖVP-Politiker im Museumsquartier tuscheln, dass die Volksabstimmung über die ORF-Gebühr im Falle eines Falles erwünscht sein könnte: Sofern das Nichtraucher-Volksbegehren mehr als 900.000 Unterstützer finde, "brauchen wir die Volksabstimmung zur ORF-Gebühr, um das Nichtraucher-Thema zu überdecken", heißt es.
Was den ORF anbelangt, wäre nach dem zweiten Grundsatzreferenten (Enquete-Deutsch: Keynote-Speaker) alles gesagt gewesen. Gerhard Zeiler, 1994–1998 ORF-General und nun Chef des Medienkonzerns Turner International (darunter CNN Int.), formulierte immerwährende und neue Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Eine Werbebeschränkung halte er für legitim ("in größeren Märkten mehr, in kleineren weniger"), Gebührenfinanzierung sei dennoch essenziell. Dafür verlangt er Sparsamkeit vom ORF, wobei Zeiler keinen öffentlich-rechtlichen Sender kenne, der nicht überausgestattet und überbürokratisiert sei. "Gebührenzahler sind bereit zu zahlen, wenn sie das Gefühl haben, dass mit ihrem Geld effizient umgegangen wird", sagt Zeiler.
Man erinnert sich, dass er es doch war, der um der Quote willen einst US-Serien zum ORF-Programm gemacht hat. Diesmal schlägt der 62-Jährige "österreichische Programmschöpfung" als ORF-Alleinstellungsmerkmal vor. Aber auch gemeinsame Werbevermarktung von ORF und Privatsendern, außerdem den gemeinsamen Einkauf der ins Unbezahlbare gestiegenen Sportrechte, deren Inhalte verteilt werden sollen. Allen voran müsse ein öffentlich-rechtlicher Sender Mut haben, journalistischen Mut – und Mut des Managements, der Politik Nein zu sagen. "Ohne diesen Mut nimmt sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk das Recht, sich öffentlich-rechtlich zu nennen."
Davor hatte Springer-Verlag-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner, zu dessen Imperium "Bild" und "Die Welt" gehören, ein europäisches Verlegerrecht und eine Änderung der E-Privacy-Verordnung gefordert. Es handle sich dabei um einen "Treppenwitz der Geschichte", weil aktuell Unternehmen von Snapchat bis Amazon mit Verlagseigentum Geld verdienen. Von der EU-Ratspräsidentschaft Österreichs erwarte er sich in diesem Punkt Impulse. Da passte schon niemand mehr auf, Döpfner redete ja nicht vom ORF.
Medienenquete heute:
9 Uhr: Noel Curran (European Broadcasting Union) und Conrad Albert (ProSiebenSat1) über „Public Value“. 11 Uhr: Werbeexperte Thomas Koch und Ex-SRG-Chefin Ingrid Deltenre über Finanzierung/Förderung.
13 Uhr: Bernhard Pörksen (Uni Tübingen) über Digitalisierung. 15 Uhr: über österreichische Identität.
Raus mit den verblödenden Serien im ORF, wo vorgegeben wird, wozu man lachen sollte.
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Ins Unbezahlbare gestiegene Sportrechte?
Warum eigentlich?
Dann lasst es sein, diesen Spitzensportklamauk zu übertragen. So könnten sich die Preise wieder regeln. Und mit Bildungsfernsehen hat es wenig zu tun, von Sport bzw. dem Wahnsinn im Spitzensport, dem Geschäft Sport zu berichten. Die, die "Sport" im TV konsumieren, sind oftmals die Unsportlichsten.