Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Ulrich Seidl: "Der Nazi-Keller war so, wie ich ihn zeige"

Von Ludwig Heinrich, 23. September 2014, 10:12 Uhr
"Ich möchte emotional aufwühlen"
In der Filmsprache werden Anordnung und Ausrichtung in Urlich Seidls Werken "Tableaus" genannt. Obwohl sie statisch sind, bewegen sie den Zuschauer. Bild: (Stadtkino)

Ulrich Seidl im OÖN-Interview über sein neues Werk "Im Keller", Abgründe und die Echtheit des Nazi-Kellers, der zum Rücktritt zweier ÖVP-Gemeinderäte führte.

Ulrich Seidls Filme haben eines gemeinsam: Kalt lassen sie niemanden. Um sein neuestes Opus "Im Keller", in Venedig außer Konkurrenz gelaufen, gab es bereits im Vorfeld des offiziellen Österreich-Starts einen "Skandal" um den "Nazi-Keller" im Burgenland – die OÖNachrichten berichteten. Die gefilmten Männer - gegen die nun die Staatsanwaltschaft ermittelt - betonen, sie seien nur bezahlte Statisten gewesen und Seidl hätte die Einrichtung ausgesucht. Dem widerspricht der Regisseur im Gespräch mit dem OÖNachrichten nach der Vorpremiere im Gartenbau-Kino Wien: "Der Keller war so, wie ich ihn zeige. Und alle, auch die Musikkapelle, haben nichts dagegen gehabt, dass ich mitfilme."

 

OÖNachrichten: In der Moderation vor der Vorstellung wurde gesagt, Seidls Filme führen zu Furcht, Angst, Zögern, Ablehnung. Sehen Sie das auch so?

Ulrich Seidl: Dem Zuschauer Angst einzujagen, ist nicht meine Intention. Ich möchte berühren, emotional aufwühlen. Ich will, dass der Besucher anders raus- als reingeht. Ein Film, denke ich, soll was bewirken. Das hat auch mit einem selbst zu tun. Ja, die Reaktionen sind oft unterschiedlich. Die einen fühlen sich bewegt, die anderen aggressiv. Die einen fühlen sich brüskiert, die anderen lachen. Auch wenn es nichts zu lachen gibt. Der Zuschauer trägt eine gewisse Verantwortung und soll sich fragen: Wo stehe ich selbst?

Wo liegt der Ausgangspunkt von "Im Keller"?

Das hat schon vor vielen Jahren begonnen, als ich entdeckte, dass der Österreicher in seiner Freizeit gern in seinen – oft großzügig angelegten – Keller geht, um sich selbst zu verwirklichen oder seiner Passion zu frönen. Das ist der eine Teil.

Und der andere?

Ist das Wissen, dass der Keller in unser aller Unterbewusstsein ein Ort der Dunkelheit und Angst ist. Er steht auch für ein Doppelleben, unsere Abgründe. Es gibt auch den Keller des Verbrechens, wie wir immer wieder wahrnehmen.

Die berühmte Leiche im Keller gibt es im Film nicht?

Es gibt zumindest keine, die zu sehen ist. Das bleibt der Fantasie des Zuschauers überlassen. Was man bei mir sieht, ist ein Bruchteil der Wirklichkeit. Der Zuschauer soll dann weiterdenken.

Wie bringt man Menschen dazu, sich vor der Kamera – buchstäblich oder auf andere Weise – so zu "enthüllen" wie bei Ihnen?

Ich bin immer auf der Suche nach Menschen, die mich interessieren, die gespalten und ambivalent sind. Oft extreme Fälle, die – in abgeschwächter Form – auch für einen selbst gültig sind. Ich bin offen, nehme die Leute ernst. Das merken die auch. Es ist eine Sache der Vertrauensarbeit, dass sie bereit sind, sich darzustellen. Wenn die von vornherein nicht "echt" wären, das wär’ doch nichts.

Aber Sie suchen nicht allein?

Nein, nein. Mitarbeiter von mir klopfen an, gehen von Tür zu Tür. Oder wir geben Inserate auf. Ich begreife Filme als Reise, auf die man geht. Und auf dieser Reise kommen einem mehr oder weniger Menschen entgegen oder es kommt gar jemand daher, mit dem man nicht gerechnet hat.

Und ihre offenherzigen Texte?

Wie und was sie sprechen, ist ihnen selbst überlassen. Ich suche die Leute nur aus – und gebe ihnen Vertrauen. Vor der Kamera müssen sie dann echt sein, sonst funktionieren sie nicht.

Wie etwa das Sadomaso-Paar, wo es dem weiblichen Teil besonderen Spaß macht, etwa den Mann an den Hoden hochzuziehen? Und er sagt immer "Danke, Herrin"?

Ich habe lange Zeit an dieser Szene recherchiert und auch Leute kennengelernt, die sich nicht vor die Kamera trauten. Mit berechtigten Ängsten wie: Was würden meine Kinder dazu sagen, mein Arbeitsumfeld? Doch dieses Paar aus Niederösterreich war bereit, hat gesagt: Ja, so sind wir, so leben wir und wir bekennen uns dazu.

 

Gewinnen! 

Gewinnspiel

Zwei Karten für die OÖN-Filmnacht "Im Keller" gewinnen!

Ulrich Seidl präsentiert seine Doku „Im Keller“ am Samstag, 27. September, um 19 Uhr, im Moviemento Kino Linz.

Die OÖNachrichten verlosen 30x2 Karten.

Das Gewinnspiel läuft bis 25. September, 10 Uhr. Die Gewinner werden per Mail verständigt.

Wir wünschen Ihnen viel Glück!


Bitte melden Sie sich an, um am Gewinnspiel teilzunehmen.
Benutzername:
Passwort:

 

Hinunter in den Abgrund, mitten hinein ins Leben 

Filmkritik von Nora Bruckmüller

Wer Ulrich Seidls Filme kennt, hat Erfahrungen mit ihnen gesammelt. Man weiß, dass er am liebsten und besten in aller Ruhe Tabus und sozial Verdrängtes seziert, das gerne als Absonderliches abgetan wird.

Auch in seinem dokumentarisch angelegten Werk „Im Keller“ trifft er die wunden Punkte der Gesellschaft – und gerade weil der Schutzmantel des Fiktiven fehlt, hat dieser Streifen enormes Potenzial, zu bewegen, aufzurütteln. Man lernt beispielsweise den Keller eines Sadomaso-Paares kennen – er ist nackt und an den Genitalien aufgehängt, sie ist die Herrin, die „ihren Ehe-Sklaven abgöttisch liebt“. In einer anderen Episode folgt die Kamera einer Dame nach unten, wo sie eine Schachtel öffnet und „Mausi, aufstehen“ flüstert.

Das Baby in der Schachtel

Während man sich noch fragt, ob sie gar ein Tier meint, hebt sie eine Puppe heraus, die aussieht wie ein Neugeborenes. Sie herzt sie. Hier kann man sich noch in der Sicherheit wiegen, dass die Szene erfunden ist (siehe Interview), die SM-Pärchen sind echt. Aber egal, ob berechnend inszeniert oder kalkulierte Darstellung des Tatsächlichen – der Zuschauer ist immer wieder auf sich gestellt, auf seine Urteile und Erkenntnisse darüber, wie realitätsfremd plötzlich gängige Regeln erscheinen. Etwa, wenn der Besitzer des Kellers voller NS-Devotialien (siehe Kasten) sagt, es sei der „gemütlichste Raum“, der, in dem er sich am meisten aufhalte.

Viele der klug komponierten Bilder (Kamera: Martin Gschlacht) spiegeln in ihrer Form den Inhalt wider. Dank Türen oder sich anschaltende Lichter scheinen sie tiefer zu gehen, als das Augenscheinliche. Im Endeffekt führt Seidl ja auch, indem er nach unten geht, mitten in das Menschliche, in die Gesellschaft. Deshalb hätte er seinen Protagonisten ruhig oft mehr Zeit geben sollen, sich zu erklären.

Im Keller: A 201,4 85 Min., Regie: Ulrich Seidl, Bewertung: Fünf von Sechs Sternen

 

 

mehr aus Kultur

Schlossfestspiele Tillysburg: "Vier Stern Stunden" als amüsanter, kluger Abend

Bei den Eferdinger Schlosskonzerten erklingen wieder barocke Schätze

Salzburger Festspiele vom Bundespräsident offiziell eröffnet

"Tristan und Isolde": Zähe Düsternis in Bayreuth

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

16  Kommentare
16  Kommentare
Die Kommentarfunktion steht von 22 bis 6 Uhr nicht zur Verfügung.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
( Kommentare)
am 25.09.2014 13:06

das istimmer ein problem bei semidokus. man weiss nie was jetzt "echt" ist und was nur gefaked. hier ein bericht über eien weiteren darsteller aus dem film "im keller":
http://www.taeglichalles.info/nach-keller-nazis-oevp-jetzt-auch-modelleisenbahnbauer-in-ulrich-seidl-film-enttarnt/

lädt ...
melden
gerader59 (108 Kommentare)
am 24.09.2014 16:21

wenn der Schmarrn nicht aus lauter Öffentlichkeitsgeilheit und linkem Nestbeschmutzerzwang so breit getreten worden wäre. Aber Seidl hat erreicht was er offensichtlich wollte: Die maximalste Werbung zum Nulltarif. Bei ihm rollt der RUBEL und die paar Aufgeregten beruhigen sich schon wieder. Dass das ganze Land auf der Strecke bleibt weil wir von Washington bis Tel Aiv wieder als NAZILAND aufgeblasen werden war bei der Aktion offensichtlich PART OF THE GAME und ist ihm wurscht. Er wird jetzt dort sicher als österreichischer NAZIKENNER von Talkshow zu Talkshow gereicht. Seinen Reibach hat er gemacht und auch noch Filmförderung dafür kassiert.

lädt ...
melden
observer (22.387 Kommentare)
am 23.09.2014 23:51

sehr, sehr dubios vor. Und ich habe so meine Zweifel an den Aussagen des Hrn. S. Aber vielleicht gibt es im Burgenland wirklich Personen, die intellektuell so eingeschränkt sind, dass sie für einen Filmemacher so etwas aufführen. Dann sind sie aber äusserst verhaltensoriginell (im negativen Sinn). Oder eventuell auch alkoholgeschädigt, ist doch dort der Uhudler etc. nicht weit.

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 23.09.2014 18:43

von Schmudeldoku Hersteller mit ORF Geld unterstützt!

Tolle Leistung! Werkverträge über 35,-- für Statisten zeigen ein ganz anderes Bild und die insturmentalisierte Presse

fällt darauf auch noch rein! grinsen

Das das natürlich ÖVP und dem ganzen Staat Österreich und derer
Bewohner wieder ins Nazireich zurückholt ist egal,
wenigstens es wurde ein SKANDL aufgebauscht der keiner ist.

Das selbe mit Maschek und GABALIER HETZE.

Tja. damit zeigt sich warum Kultur in ÖSTERREICH so hoch gehalten wird bzw. Milliarden von Steuergelder hineinfließen!

Burgtheater Skandal usw. ist KULTUR der INTELLEKTUELLEN vernaderten mit Tunnelblick sehenden Menschen noch zu retten? traurig

Schade um Menschen die Kultur nicht als DENUNZIERUNG ÖSTERREICHS/BÜRGER SEHEN, sondern wirklich erhebende Programme

zustande bringen!

lädt ...
melden
aeck (2.060 Kommentare)
am 23.09.2014 22:26

Umsonst werden die nicht zurückgetreten sein.

lädt ...
melden
Gugelbua (32.308 Kommentare)
am 23.09.2014 18:30

grinsen
Wenns nichts schlimmeres gibt als diese dargestellte Altherrengruppe im "Nazi-Keller"
dann ist Dummheit der richtige Grund für den Rücktritt.
Die tägliche Nazierinnerung geht einem schon auf den Geist.
Wie lange geht diese subventionierte Vergangenheitsbewältigung noch?

lädt ...
melden
RevolutionR4 (2.044 Kommentare)
am 23.09.2014 16:57

Was meinst du mit dem Anderen genau?

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 23.09.2014 17:34

Die Handlungen; kann mich täuschen, ich stelle mir jedoch vor, da bekamen die Mitwirkenden schon subtile Ermunterungen in die eine oder andere Richtung. Ist das nicht möglich?

lädt ...
melden
Adler55 (17.204 Kommentare)
am 23.09.2014 15:34

und die Medien-linksLINKE stürzen sich auf diesen Schmarrn ..

lädt ...
melden
auer47 (531 Kommentare)
am 23.09.2014 14:09

Guten Morgen OÖEN: Habt ihr schon gehört, was die BVZ berichtet? 2009 wurden die Teilnehmer am Filmdreh als Statisten entlohnt. Dämmert euch vielleicht jetzt etwas ???????

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 23.09.2014 17:37

als Helfer bei Ausstattungstransporten etc.

ähnlich kanns hier gewesen sein.

lädt ...
melden
auer47 (531 Kommentare)
am 23.09.2014 14:07

Man verbräme etwas mit dem Begriff "Kunst", und schon kann ich heute eigentlich alles tun und lassen , was ich will: Menschen denunzieren, lächerlich machen, anpatzen, politisch missbrauchen...... ganz egal. "Kunst" ist ja bekanntlich frei.....

lädt ...
melden
jakobhollnstein (6.792 Kommentare)
am 24.09.2014 00:03

Und weil mir immer vorgeworfen wird, ich würd hier nur Wikipedia-Links posten:
Suchens Ihnen halt selber was aus.

lädt ...
melden
juergenk (207 Kommentare)
am 23.09.2014 11:52

drum hab ich ohne keller gebaut.
damit ich nicht zum Sadomaso-Künstler oder rechtsradikalen werde grinsen

Und jetzt ernst:
Jeder der eine komische oder gefährliche Neigung hat, würde die, ohne Keller, wo anders ausleben.

Der Keller machts hald ein bisserl "grussliger"

lädt ...
melden
zappo1410 (18.016 Kommentare)
am 23.09.2014 11:27

ist GENIAL !

lädt ...
melden
( Kommentare)
am 23.09.2014 11:10

der Besitzer.
Und das andere?

lädt ...
melden
Aktuelle Meldungen