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Musik, direkt aus dem Leben gegriffen

Von Michael Wruss, 28. September 2015, 00:04 Uhr
Musik, direkt aus dem Leben gegriffen
Leitung: Irene Kepl

Ein spannender und vielfältiger Abend mit zeitgenössischer Musik beim Brucknerfest.

Das Konzert mit Judith Ramerstorfer, Andrej Serkow und dem Ensemble Verso unter der Leitung von Irene Kepl am Freitag im Rahmen des Brucknerfests war ein selten harmonisches Erlebnis von zeitgenössischer Musik. Nicht dass die Musik harmonischer Tonalität frönte, ganz im Gegenteil, aber das subtil abgestimmte Programm, die emotional tief empfundenen Improvisationen dazwischen und die ästhetische Stimmigkeit sowohl von Klang als auch von Performance und Aussage überzeugten restlos. Leider nur ein kleines Publikum, das dafür aber umso intensiver in den Kosmos neuer Musik eintauchen wollte. Vielleicht lag die Vertrautheit mit dieser Musik, die mehr als nur klanglich die Traditionen auf den Kopf stellte, darin begründet, dass alle Werke von Komponistinnen stammten und auch die verbindenden Improvisationen von Irene Kepl "kontrolliert" wurden. Sinnlichkeit pur, aber genauso explosive Expressivität, klangliche Experimentierlust und augenzwinkernde Freizügigkeit. Diese war gerade im eingangs inszenierten Werk "The Life" von Judit Varga zentrales Moment, stellt dieses doch episodenhafte Lebenswelten und kuriose Begebenheiten in den Mittelpunkt. Angefangen von der nicht Englisch sprechenden Englischlehrerin über das tussenhafte Telefongespräch bis zum nächtlichen Ausklang.

Filigrane Liedminiaturen

Nicht minder eindrucksvoll die nach Texten von Gunter Hammer und Helwig Brunner gestalteten "Moments musicaux" von Se Lien-Chuang. Sechs filigran gewebte Liedminiaturen im Spannungsfeld zwischen den bisweilen statischen Klängen des Bajan (osteuropäische Form des chromatischen Knopfakkordeons) und der vielfältig mutierenden Sopranstimme. Tief emotional auch das Sehnen nach einer anderen Welt auf der Suche nach Gott, das Ludmilla Samodayeva in ihrem Werk "Noli me tangere" mit altrussischen Versen nachzeichnete. Eine dichte, fließende, in der Tradition stehende Musik, die doch in ihrer fantasievollen Freizügigkeit weit über bloße Avantgardismen hinausgeht und trotz aller Moderne tief in die Seele eindringt.

Ada Gentiles "Notte di gatto" wurde in Linz 2009 uraufgeführt und spielt fulminant mit dem Text, dem sie immer wieder neue klangliche Aspekte abringt. Irene Kepls an diesem Abend uraufgeführte Komposition "Brain" greift die Klanglichkeit der Improvisationen auf und produziert mit elektronischen Mitteln und mit unkonventionell eingesetzten Instrumenten schräge Klänge, die aber in ihrer Aufeinanderbezogenheit sehr subtil ausgehört waren und sich ganz logisch aus dem Umfeld ergaben.

Grandios, virtuos, textdeutlich und gesanglich lupenrein agierte Judith Ramerstorfer meist begleitet vom nicht minder fulminant musizierenden Andrej Serkow (Bajan). Irene Kepl (Violine), Susanna Gartmayer (Bassklarinette), Petr Vrba (Trompete) und Mark Holub (Schlagwerk) begeisterten als Ensemble Verso mit intensivem Spiel.

Brucknerfest: "Musik im Raum – The Life", mit Judith Ramerstorfer, Andrej Serkow und dem Ensemble Verso, 25. September

OÖN Bewertung:

 

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