Eine Linzer Fledermaus im Comedy-Kostüm
Strauß-Operette als Vorabend-Psycho-Soap im Musiktheater.
Am Samstag hat man im Musiktheater Johann Strauß’ Erfolgsoperette in einer modernisierten Inszenierung gezeigt, und hat nach fast dreieinhalb Stunden – im Gegensatz zur Vorpremiere am Freitag – vom Publikum mit Buhrufen nur wenig Zustimmung für das Regieteam um Adriana Altares bekommen. Dabei geht es nicht darum, ob man einen Klassiker des Wiener Unterhaltungstheaters aktualisiert und eine bunte Comedy-Show daraus gestaltet, sondern wie gut man das macht. Operette ist nicht bloß Schunkelmusik, sondern lebt von den Dialogen, die äußerst präzise, temporeich, spontan wirkend und zündend gestaltet sein müssen.
Riesige Revue-Treppe
Wie jedes Lachtheater ist auch die Operette mit dem Deckmäntelchen des Bloß-Komischen die oft beißendere Gesellschaftskritik als jedes ernste Drama. Natürlich geht es um Sex, um Korruption, um alles, was immer schon die Gesellschaft im Innersten zusammengehalten hat, und was nach außen hin nicht abstoßender sein könnte. Das ist wunderbar im Programmheft-Beitrag der Dramaturgin Julia Zirkler beschrieben. Doch findet dieser Ansatz keine Eins-zu-eins-Umsetzung auf der Bühne, sondern bleibt hinter den gesteckten Zielen zurück und lässt vor allem den gebührenden Charme vermissen. Es geriet eher zu deutscher Comedy als zu Wiener Operette. Da muss jeder selbst entscheiden, ob das so gut ist.
Wenig Charme versprüht auch das Bühnenbild (Christoph Schubiger), für das man die stupende Technik des neuen Hauses nicht brauchte. Eine Riesentreppe mit nur wenigen Versatzstücken ist Spielort aller drei Akte – ein Widerspruch zum Programmheft, in dem die Unterschiedlichkeit der drei Schauplätze betont wird. Die Kostüme von Yashi Tabassomi waren durchaus kreativ und für eine Faschings-Orgie passend.
Dirigent Marc Reibel hat effektvoll musizieren lassen, aber den Charme – dieser sei hier nochmals strapaziert – einer Wiener Operette nicht getroffen. So herrschte auch im Orchester Unklarheit, ob man stilecht, oder halt „nur“ spielen sollte, was überwiegend passiert ist. Matthäus Schmidlechner ist ungeachtet seiner großen Leistung kein Eisenstein. Normalerweise würde kein Theater auf die Idee kommen, einen erstklassigen Rheingold-Mimen in die Operette zu verfrachten. Sonja Gornik blieb eine blasse Rosalinde. Ähnlich von der Regie alleingelassen und stimmlich nicht restlos begeisternd agierten Victor Sicard als Dr. Falke und Horst Lannek als Gefängnisdirektor Frank.
Hebelkova, der Star des Abends
Wirklicher musikalischer Lichtblick war Katarina Hebelkova, die einen brillanten Orlofsky sang, gefolgt von Elisabeth Breuer als Adele. Sie verstand es perfekt, ihre beiden Arien musikalisch und gestalterisch zu inszenieren. Iurie Ciobanu mimte einen höchst ordentlichen Alfred. Das restliche Ensemble und der Chor waren gut besetzt und der blendende Frosch Reinhard G. Moritz schrieb sich mit seiner Alternativbesetzung Gernot Kranner einen komplett neuen, gewitzten, aber doch etwas zu langen Monolog auf den Leib.
"Die Fledermaus", Operette von Johann Strauß, Regie: Adriana Altares, Musikalische Leitung: Marc Reibel. Linzer Musiktheater, Premiere: 14. Dezember. Termine: 17./31. 12., 3./11./14./25./29. 1.. Karten unter Tel: 0800/218000, www.landestheater-linz.at
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