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Das Geheimnis des "Bildnis Trude Engel"

Von Helmut Atteneder, 16. Jänner 2018, 00:04 Uhr
Das Geheimnis des "Bildnis Trude Engel"
Restaurator Andreas Strohhammer untersucht das „Bildnis Trude Engel“ von Egon Schiele. Bild: Alexander Schwarzl

Messerstiche, Übermalungen, Totenschädel: Der Restaurator Andreas Strohhammer (Kunstmuseum Lentos) ist den Mythen von Egon Schieles großem Werk auf der Spur

Ein junger Mann verlässt den Zahnarztstuhl. "Darf ich Sie bitten, von einer Zahlung abzusehen? Ich könnte stattdessen Ihre Tochter Trude porträtieren", sagt der unter chronischem Geldmangel leidende Maler Egon Schiele zum Wiener Zahnarzt Hermann Engel. Bisher nahm man an, dass Zahnbehandlung und Porträt auf das Jahr 1911 zurückgehen. Doch das stimmt nicht, hat Andreas Strohhammer jetzt herausgefunden, weil Schiele zu der Zeit "anders" gemalt hat.

Der Kunsthistoriker ist seit 1994 Restaurator am Linzer Kunstmuseum Lentos (zuvor in der Neuen Galerie). Der gebürtige Bayer ist aber auch eine Art Spurensicherer, Gerichtsmediziner, Forensiker. Das "Bildnis Trude Engel" ist eines der wertvollsten Bilder in der Sammlung des Museums. Schätzwert: 15 Millionen Euro. "Nicht schlecht für einen Quadratmeter bemalter Leinwand", sagt Strohhammer smart.

Mythen und Mären

Über Entstehung und Genese gibt es viele Mythen, Mären und Behauptungen, aber keine wissenschaftlichen Erkenntnisse. Das wird jetzt anders. Für die große Ausstellung "1918 – Klimt, Moser, Schiele – Gesammelte Schönheiten" von 16. Februar bis 21. Mai im Lentos wird das Bild quasi auseinandergenommen.

Seit Wochen inspiziert Strohhammer die Engel. Zu tun gibt es genug, denn es gibt viele Überlieferungen und einen regen Briefverkehr zwischen der Familie Engel und dem großen österreichischen Künstler der Wiener Moderne, der am 31. Oktober 1918 im Alter von nur 28 Jahren an den Folgen der Spanischen Grippe starb.

Die junge Zahnarzttochter, die 1992 im Alter von 93 Jahren gestorben ist, soll mit der expressiven Art des Porträts des Meisters alles andere als zufrieden gewesen sein. Deshalb habe sie es zerstochen – mit einem langen Messerschnitt quer durch das Bild. Und ihr Vater soll intime Stellen übermalt haben.

Einen langen Schnitt hat Strohhammer, der das Bild auch einer Untersuchung mit dem digitalen Röntgengerät im Wiener Belvedere unterzog, nicht gefunden. "Wohl aber viele Einstiche. Man sieht sie noch auf der Hinterseite des Bildes. Sie wurden sehr subtil bearbeitet, vielleicht von Schiele selbst. Vorne sieht man die Risse nur, wenn man genau hinsieht."

Die forensische Bildbeobachtung hat auch ergeben, dass das "Bildnis Trude Engel" nicht übermalt worden ist. Die Röntgenbilder und die Infrarot-Reflektrografie zeigen weder mehr Dichte im Material noch metallhaltige Pigmente von damals verwendetem Blei- oder Zinkweiß.

Schiele und Trude Engel wird auch eine Liebschaft nachgesagt. Strohhammer: "Glaube ich nicht. Aus dem Bild kann man nichts Amouröses interpretieren. Vielleicht wollte er sie nackt zeichnen, wie damals üblich, und sie war eingeschnappt. Deshalb das Messer."

Der Totenschädel auf der Stirn

Jetzt geht der Restaurator mit seinem Auflicht-Mikroskop ganz nahe an das Bild heran. "Schauen wir uns einmal den Mund an. Eine Kraterlandschaft, gell! Und das Weiße zwischen den Lippen ist herausgekratzte Farbe. Das hat der Schiele oft gemacht."

Und dann ist da plötzlich dieser übermalte Totenschädel auf der Stirn der Trude Engel. Ganz klar erkennbar. Das ergibt keinen Sinn, denn das hat Schiele nicht oft gemacht. Gar nicht, um genau zu sein. Ist das der entscheidende Hinweis für die Wut der Porträtierten? Diesem geheimnisvollen Rätsel ist Andreas Strohhammer jetzt auf der Spur.

Es ist das letzte offene Geheimnis um das "Bildnis Trude Engel".

Ausstellung

1918 – Klimt Moser Schiele „Gesammelte Schönheiten“
Das Jahr 1918 bedeutete für die österreichische Kunst einen tiefen Einschnitt: In diesem Jahr starben Gustav Klimt, Koloman Moser und Egon Schiele. Eine große Ausstellung mit rund 75 Meisterwerken dieser weltberühmten Vertreter der Wiener Moderne wird am 16. Februar im Linzer Lentos eröffnet.

Was hinter dem „Bildnis Trude Engel“ steckt
Am 15. März gibt der Restaurator Andreas Strohhammer einen faszinierenden und atemberaubenden Einblick in seine Forschungsarbeit rund um das weltberühmte „Bildnis Trude Engel“. Zu sehen im AEC „Deep Space Live“ um 19 Uhr.

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