Steuerberater gegen Politik
WIEN. Kritik an "budget-getriebenen Schnellschüssen" bei neuen Gesetzen.
Das Verhältnis zwischen Wirtschaftstreuhändern und Regierung ist angespannt. Zu spüren war es diese Woche, als Finanzminister Michael Spindelegger ankündigte, die Lohnverrechnung zu vereinfachen. Bemessungsgrundlagen sollen harmonisiert, Beitragsgruppen zusammengefasst werden. "Steuerberatern werden wir damit keine Freude machen", sagte Spindelegger.
Man habe keinen Grund zur Sorge, reagierte die Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Man verstehe sich als Dienstleister, nicht als Verwalter eines überbordenden Steuersystems. Die Vorschläge entsprächen dem 2013 vorgestellten Steuerreformplan der Kammer.
In der Branche werden die jüngsten Gesetzesänderungen bei Manager-Gehältern und Abfertigungen (siehe Kasten) kritisiert. Von "budget-getriebenen Schnellschüssen" spricht Verena Trenkwalder, KPMG-Partnerin und Vorsitzende des Fachsenats für Steuerrecht: "Experten werden nicht eingebunden, oder man hört nicht auf sie."
Folge sei, dass sich Betroffene beispielsweise wegen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes wehren. Wie berichtet, bringen Konzerne die neue Regelung bei Manager-Gagen vor den Verfassungsgerichtshof. Bei den Abfertigungen ist ähnliches zu erwarten. "Die Gesetze werden immer unsystematischer", sagt Trenkwalder. Bei den Neuregelungen werde gegen das Prinzip der Einmalbesteuerung (der Arbeitnehmer muss versteuern, der Arbeitgeber kann Ausgaben steuerlich absetzen, Anm.) verstoßen. Für den Wirtschaftsstandort sieht sie "verheerende Signale".
EY-Steuerexperte Ernst Marschner, Mitglied im Fachsenat, sagt: "Die Qualität der Gesetzgebung sinkt." Steuerpflichtige würden überrumpelt, damit sie sich nicht einstellen können. Die Begutachtungsfristen seien extrem kurz.
Das Finanzministerium wehrt sich. Um die fiskalpolitischen Ziele zu erreichen, sei es wichtig gewesen, "zügig ein Konsolidierungspaket vorzulegen". Jede Bevölkerungsgruppe in Österreich müsse einen Beitrag leisten.
Fast immer werde "von einzelnen Kritikern bei Einzelmaßnahmen eine potentielle Verfassungswidrigkeit" gesehen. Meist sei dies haltlos. Davon sei jetzt wieder auszugehen. Die Vorschläge seien bereits aus dem Regierungsprogramm bekannt gewesen.
Zwei neue Gesetze regen Firmen und Steuerberater auf
1 Manager-Gehälter: Bis Ende Februar konnten Unternehmen Gagen ihrer Manager voll als Betriebsausgaben steuerlich absetzen. Nun ist das für Teile, die 500.000 Euro brutto im Jahr übersteigen, nicht mehr möglich. Die Regierung erwartet dadurch 60 Millionen Euro Einnahmen.
2 Golden Handshakes: Bisher konnten Unternehmen freiwillige Abfertigungen von bis zu drei Monatsgehältern für den Mitarbeiter steuerbegünstigt (sechs Prozent) zahlen. Nun liegt die Grenze beim Neunfachen der ASVG-Höchstbemessungsgrundlage (etwa 40.000 Euro). Arbeitgeber können höhere Abfertigungen nicht mehr steuerlich absetzen. Erwartete Einnahmen: 30 Millionen. Vorstände einer AG haben übrigens keinen gesetzlichen Abfertigungsanspruch. Hier gibt es nur freiwillige Abfertigungen.