Aufregung um mögliche Selbstbehalte für Kleinsparer

WIEN. Die chaotische Rettungsaktion für Zypern hat in Österreich eine Diskussion darüber ausgelöst, ob Kleinsparer einen Teil des Risikos von Bankpleiten tragen sollen. Die meisten Banken sind dafür, die Politiker winken aber ab.
Derzeit unterliegen bis zu 100.000 Euro pro Kunde und Bank der gesetzlichen Einlagensicherung. Bricht eine Bank zusammen, müssen bis zu 50.000 Euro pro Kunde von im selben Sektor tätigen Banken ersetzt werden. Schaffen diese das nicht, müssen die anderen Sektoren mithelfen. Für die restlichen 50.000 Euro haftet die Republik.
In Österreich gibt es fünf Sektoren: Raiffeisen, Sparkassen, Volksbanken, Hypos, „Banken und Bankiers“ (Bawag, Oberbank ...). Die ersten drei haben über das Gesetz hinausgehend ein Sicherungsnetz, um Banken früh genug aufzufangen und erst gar keinen Einlagensicherungsfall zuzulassen.
Dass die Hypo Alpe Adria Ende 2009 nicht fallen gelassen, sondern verstaatlicht wurde, hatte nicht nur mit den Milliardenhaftungen des Landes Kärnten, sondern auch mit der Einlagensicherung zu tun, die weitere Banken mitgerissen hätte, heißt es.
Diese Woche wurde Oberbank-Generaldirektor Franz Gasselsberger nach einer Pressekonferenz in Wien zitiert, dass er es für „gescheit und sinnvoll“ erachte, einen Selbstbehalt der Sparer auch unter 100.000 Euro zu verlangen. Der Aufschrei war groß. Stunden später sagte Gasselsberger in Linz: Er sei missverstanden worden.
Seit längerem spricht sich Sparkasse-Oberösterreich-Chef Markus Limberger für Selbstbehalte aus. Mögliche Varianten sind für ihn, ab 20.000 Euro fünf Prozent oder etwa die Höhe der Zinsen als Selbstbehalt zu verlangen.
Erste-Group-Generaldirektor Andreas Treichl sagt: „Ob Selbstbehalt oder nicht, ist eine Frage, die ausschließlich auf europäischer Ebene entschieden werden kann.“ Das Thema sei völlig ungeeignet für populistische Statements.
„In der aktuellen Situation ist alles zu vermeiden, was zu einer Verunsicherung der Sparer führen kann“, gibt sich Andreas Pangl, Geschäftsführer des Fachverbands der Raiffeisenbanken, reserviert zu möglichen Selbstbehalten.
Hinter vorgehaltener Hand wollen aber viele Banker Selbstbehalte – auch bei Kleinsparern. Es regt sie auf, dass bonitätsschwache Institute, die Geld benötigen, zuerst den Markt mit hohen Lockzinsen torpedieren und dann alle anderen Banken über die Einlagensicherung dafür zahlen müssen. Anleger sollten durch den „Abschreckungseffekt“ eines Selbstbehalts darauf achten, wem sie ihr Geld geben.
Empört zeigt sich die Arbeiterkammer Niederösterreich angesichts der Selbstbehalte-Diskussion. BZÖ-Klubobmann Josef Bucher verlangt eine Garantieerklärung der Regierung für die Einlagensicherung und kündigte eine parlamentarische Initiative an.
Starker Staat als Schutz
ÖVP-Finanzministerin Maria Fekter erteilt den Überlegungen der Banker ebenfalls eine Absage. „Es gibt einen großen politischen Konsens darüber, dass die Einlagensicherung bis 100.000 Euro europaweit gelten soll, aber in jedem Land für sich gesichert sein muss“, sagt sie: Die Sparer seien geschützt, wenn der Staat auf soliden Beinen stehe. In Österreich, wo auch die Banken „auf sehr sicherem Boden unterwegs“ seien, sei dies der Fall.
In Österreich gibt es laut Nationalbank 23,1 Millionen Sparbücher. Auf vier von fünf liegen weniger als 20.000 Euro. Das auf Sparbüchern veranlagte Vermögen beträgt 156 Milliarden Euro. 81 Prozent davon liegen auf Sparbüchern mit weniger als 100.000 Euro Einlage.