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Roth: „Eine schallende Ohrfeige für Salzburg“

Von Christoph Zöpfl, 06. Juli 2011, 00:04 Uhr
„Eine schallende Ohrfeige für Salzburg“
Bild: APA

DURBAN. In Südafrika werden heute die IOC-Mitglieder entscheiden, wo im Winter 2018 olympisch gespielt wird. Erwin Roth, ehemaliger Stratege der missratenen Salzburger Bewerbung, verrät im Interview mit den OÖNachrichten, warum München doch noch gute Chancen hat.

OÖN: Hallo Herr Roth, Ihr Handy-Läuten klingt nach Ausland, wo sind Sie denn?

Erwin Roth: Na, wo werde ich sein, am 5. Juli?

OÖN: In Pyeongchang?

Roth: Wäre auch okay, aber ich bin natürlich in Durban beim IOC-Kongress. Ich werde hier als Experte geschätzt und analysiere unter anderem für das deutsche Fernsehen die Vergabe der Spiele.

OÖN: Nach zwei gescheiterten Bewerbungen sollte im dritten Anlauf für Südkorea alles klar sein. Oder glauben Sie im Ernst, dass sich da noch etwas ändern könnte?

Roth: Da ist noch nichts entschieden, das wird noch sehr eng.

OÖN: Pyeongchang hat 88 Millionen Euro in die Bewerbung gebuttert und verspricht dem IOC das weitaus beste Geschäft. So etwas hat doch die Herren der Ringe immer überzeugt, warum sollte es dieses Mal anders sein?

Roth: Der Wind hat sich gedreht, seit einigen Monaten ermittelt die IOC-Ethik-Kommission, da wird es demnächst Ergebnisse geben, das sickert jetzt langsam in das Bewusstsein einiger Funktionäre ein.

OÖN: Hab‘ ich das richtig verstanden? Wer für die Spiele in Südkorea stimmt, steht im Verdacht, käuflich zu sein. Ein Ja zu München wäre unverfänglich.

Roth: Ungefähr so kann man das sehen. München hat eine blitzsaubere Bewerbung. In Südkorea gibt es Funktionäre, die sind korrupt bis auf die Knochen. Es ist kein Zufall, dass man drei von ihnen bereits aus dem IOC ausgeschlossen hat.

OÖN: Schwachstelle von München könnte die fehlende Akzeptanz der Bevölkerung sein. Warum ist das so?

Roth: Das hat der Willi Bogner (Anm.: Ex-Chef der Münchner Bewerbung) verbockt. Der war es als völlig unabhängiger Unternehmer nicht gewohnt, sich mit regionalen Politikern zu arrangieren.

OÖN: Welche Auswirkungen hätte es auf Österreich, wenn München wirklich die Spiele 2018 bekäme?

Roth: Das wäre eine schallende Ohrfeige für Salzburg, eine Bestrafung der Dummheit der dortigen Politik.

OÖN: Das sollten Sie jetzt näher erklären.

Roth: Das Salzburger Konzept war ursprünglich für drei Bewerbungen angelegt – die Spiele 2010 waren ein erster Versuch, Olympia 2014 wäre eine große Überraschung gewesen, die Spiele 2018 hätte man dann holen können. Salzburgs Bewerbung ist aber jetzt nicht in Durban, sondern bei der Staatsanwaltschaft, weil die Politik so stümperhaft versagt hat...

OÖN: Wie viel Salzburg steckt in der Münchener Bewerbung?

Roth: Lesen Sie das Papier von München 2018! Das deckt sich zu 80, 85 Prozent mit Salzburgs Bewerbung. Gewinnt München, dann ist das wie ein Abstaubertor. So etwas ist ja die Stärke von Thomas Bach (der Deutsche ist IOC-Vizepräsident und wichtiger Hintermann von München 2018, Anm.).

OÖN: Wenn es wieder eine österreichische Bewegung für eine Großveranstaltung gäbe, würden Sie als Stratege zur Verfügung stehen?

Roth: Nicht eine Sekunde lang, nicht einmal, wenn es um die WM im Kirschkernweitspucken ginge. Die Unfähigkeit der lokalen Politik in diesem Land hat mich völlig desillusioniert.

OÖN: Haben Sie in Durban schon Österreichs IOC-Mitglied Leo Wallner getroffen oder gehen Sie ihm lieber aus dem Weg?

Roth: Ich bin hier bei der Arbeit und nicht auf der Flucht. Mit dem Doktor Wallner hab‘ ich kein Problem. Er hat sich leider äußerst unprofessionell und dümmlich verhalten, als er merkte, dass es bei den Untersuchungen um ÖOC-Geldflüsse um seinen Kopf geht.

 

Chronolgie: Salzburg 2014

4. Juli 2007: Salzburgs Bewerbung um Olympia 2014 fällt bei der Abstimmung in Guatemala City schon im ersten Durchgang durch.

Jänner 2008: Bei der Liquidation der Salzburger Winterspiele GmbH wird eine Lücke von 459.000 Euro bemerkt.

August 2008: Der Landesrechnungshof stellt fest, dass das Budget der Bewerbung von 7,1 auf 10,4 Millionen Euro gestiegen sei. Dubiose Geldflüsse werden aufgedeckt.

Februar 2009: ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth tritt zurück.

September 2009: Auch ÖOC-Präsident Leo Wallner muss den Hut nehmen, er bleibt aber IOC-Mitglied. Das ÖOC startet mit Präsident Karl Stoss einen Neuanfang. Bei einer Revision tauchen Schwarzgeld-Konten auf. 4,5 Millionen Euro seien „versickert“.

Juni 2011: Die Aufarbeitung der „Olympia-Affäre“ bleibt bei der Staatsanwaltschaft in Salzburg und „übersiedelt“ nicht nach Wien. Mit einer Anklage ist im Herbst zu rechnen. Wegen Untreue verdächtigt sind neben Wallner, Jungwirth und Roth u. a. noch die Bewerbungs-Chefs Fedor Radmann, Gernot Leitner und Rudolf Höller. Die zuständigen Politiker wollen von den finanziellen Fouls nichts gewusst haben.

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1  Kommentar
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( Kommentare)
am 06.07.2011 06:54

Das Thema "Schuldumkehr" ist immer wieder faszinierend und weist einige interessante Facetten auf. Zuerst schieben die Damen und Herrn Sportfunktionäre anlässlich von Bewerbungen für was auch immer den vergebenden Organisationen das Geld mit vollen Händen hinein um diese dann postwendend als korrupt zu verdammen. Wenn man dann als Funktionär wegen "versickerter" Geld in die Schusslinie gerät kann man entweder a) alles bestreiten und sich als armes Opfer diverser Intrigen von neidischen Zeitgenossen darstellen oder b) aggressiv die Flucht nach vorne antreten und die Schuld der Politik in die Schuhe schieben. Zusammenfassend: geht eine Bewerbung für beispielweise eine Olympiade in die Hose, ist keinesfalls die Art und Weise der Bewerbung Schuld, sondern die ach so dumme Politik. Das ließe sich aber problemlos dadurch ändern, dass in Zukunft noch mehr öffentliches Geld in derart sinnentleerte Aktionen gepumpt wird.

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