Kaiser will breitere SP-Parteispitze als "Schattenkabinett" mit Doskozil

WIEN. Die Debatte um die Führung der Bundes-SPÖ ist um eine Facette reicher.
Am Mittwoch sorgte ein Interview mit Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) von PULS 4 und ATV für Aufsehen, in dem er sich für ein breites Team an der SPÖ-Spitze als eine Art "Schattenkabinett" aussprach, dem auch der rebellische burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil angehören soll. Es gehe ihm darum, "Fokussierungen auf eine Person ein Ende zu bereiten", erklärte Kaiser.
Die burgenländische SPÖ stellt regelmäßig den inhaltlichen Kurs der Bundespartei infrage, aber auch deren Führung. Zuletzt hatte das magere Ergebnis der Roten in Niederösterreich die Debatte wieder aufflammen lassen. Kärnten wählt am 5. März.
PULS 4 veröffentlichte am Vormittag eine schriftliche Pressemitteilung, wonach sich Kaiser eine Doppelspitze in der Bundes-SPÖ wünsche, was der Landeshauptmann umgehend als "Falschdarstellung" dementierte. Jedenfalls wünscht sich Kaiser in dem Interview angesichts der ständigen Führungsdebatten eine personelle Verbreiterung: "Ich träume von einem Team, wo die besten Köpfe - männlich, weiblich, aus allen Regionen, Bundesländern - nach fachlichen Kriterien in die nächste Nationalratswahl gehen. Die Frage der Spitzenkandidatur ist für mich klar: wenn die Parteivorsitzende Spitzenkandidatin ist, dann soll sie es sein - aber ich kann mir ein Team vorstellen, in dem Rendi-Wagner, in dem Hans-Peter Doskozil, in dem Jan Krainer, wer auch immer, Julia Herr, mit dabei sind. (...) Und dass wir dann mit diesem besten Team, das bereits früher als quasi Schattenregierung gegenüber der jetzigen Regierung fungieren kann, auch personelle Alternativen haben."
Er spreche von einem Team, und wie es in einem Sportteam üblich sei, "wird jemand dann die Kapitän- oder Kapitäninnenschleife tragen". Angesprochen auf Doskozils Querschüsse sagt Kaiser in dem Interview, das der APA als Audiodatei vorliegt, er schätze Rendi-Wagner und Doskozil in ihren jeweiligen Bereichen, und "ein Team mit diesen beiden in entsprechenden Funktionen wäre eine wirkliche Herausforderung für alle Mitbewerber". Gefragt, ob er glaube, dass das funktioniert, obwohl die beiden nicht unbedingt das beste Verhältnis zueinander haben, meinte Kaiser: "Um es mit Ernst Bloch zu beantworten: Die Hoffnung ist in das Gelingen verliebt und nicht in das Scheitern."
Auf die Frage, ob er also Rendi-Wagner und Doskozil an die Spitze der SPÖ stellen würde, bekräftigte Kaiser: "Ich fände das gut. Und nicht nur die beiden, sondern ich glaube, wir haben einen sehr breiten Bereich" guter Leute, aus denen man ein Team formen solle, das sich den Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft widme. Das würde viel von "dieser Einzelpersonen-Abhängigkeit", die in einer Demokratie sowieso "immer bedenklich" sei, "zerstreuen".
Dass Kaisers Aussagen zunächst als Wunsch nach einer Doppelspitze interpretiert wurden, ließ SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in einer schriftlichen Stellungnahme an die APA betonen, dass davon keine Rede sei. "Peter Kaiser hat davon gesprochen, dass es selbstverständlich ein breites Team und Teamplaying benötigt, um bei der Nationalratswahl erfolgreich zu sein." Auch Kaiser selbst rückte mit einer "Klarstellung" aus: Eine klassische Doppelspitze, wie beispielsweise nach deutschem Vorbild, habe er nie im Sinn gehabt. "Mein Vorschlag lautet: Wir, die SPÖ, sollten als Team gemeinsam agieren, um so auch den medialen Zuspitzungen und Fokussierungen auf eine Person ein Ende zu bereiten."
Doskozil selbst wurde am Vormittag bei einer Pressekonferenz auf die Medienberichte angesprochen und verwies zu seinen bereits getätigten Aussagen, wonach in Zeiten des Wahlkampfs nicht öffentlich darüber diskutiert werden sollte. "Unbestritten" sei die Situation der Sozialdemokraten aber "verbesserungswürdig", stellte er am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz in Eisenstadt fest. "Aber trotzdem sollten wir das intern diskutieren und da möchte gerade mich daran halten." Zumal ihm immer wieder vorgeworfen werde, "zu intensiv" in Richtung Bund zu formulieren.
Der Salzburger SPÖ-Chef David Egger - in seinem Bundesland wird auch bald gewählt - konnte dem Vorschlag Kaisers jedenfalls einiges abgewinnen: "Die Idee ist gut, richtig und wichtig. Sie muss auf jeden Fall ernstgenommen und intern diskutiert werden", sagte er zur APA. Ziel müsse es sein, die Sozialdemokratie so stark wie möglich zu machen, um ihre Inhalte besser umsetzen zu können. "Wenn eine breitere Aufstellung für die Partei ein besseres Ergebnis einfährt, muss man offen für diese Taktik sein - auch um FPÖ und ÖVP die Stirn zu bieten." Auch Egger bediente sich einer Metapher aus dem Fußballsport: "Als Trainer einer Mannschaft wäre ich blöd, Spieler wie Messi oder Neymar zu haben, einen der beiden aber auf der Ersatzbank sitzen zu lassen." Die SPÖ verfüge in vielen Fragen über sehr glaubwürdige Persönlichkeiten - egal ob dies nun Themen wie Gesundheit, Migration oder Klimawandel betreffe. "Dieses Potenzial muss die Partei ausnutzen. Es sollte keine Entweder-oder-, sondern eine Und-Debatte sein", so Egger.
Keinen Diskussionsbedarf sah der parteiintern mächtige Wiener Bürgermeister Michael Ludwig. Kaiser habe klargestellt, dass er weder von einer Doppelspitze gesprochen habe, "noch dass das seine Intention war", sagte Ludwig am Rande einer Pressekonferenz. Das sei ja auch richtig, "wir haben keine Doppelspitze in der SPÖ, es gibt keine Notwendigkeit, das zu diskutieren", befand der Wiener Bürgermeister. "Ich beteilige mich nicht an Diskussionen, die nicht notwendig sind." Aus den - wahlkämpfenden - Bundesländern Kärnten und Salzburg sei ja auch der Wunsch gekommen, keine nicht notwendigen parteiinternen Diskussionen zu führen, erinnerte Ludwig.
Mit Spott reagierte die politische Konkurrenz: "Mutiert die SPÖ jetzt zu einem satirischen Faschingsverein?", fragte sich FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker in einer Aussendung.