Neuer BVwG-Präsident: "Das Gericht steht gut da"
WIEN. Nach dem Koalitionsstreit um sein Amt will Christian Filzwieser sein Haus in ruhigere Gewässer führen.
14 Monate hat nach der Pensionierung von Harald Perl das schwarz-grüne Tauziehen um die Nachbesetzung des Präsidentenamtes im Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gedauert. Seit einer Woche ist nun Christian Filzwieser im Amt. Der langjährige Kammervorsitzende am BVwG kam als drittgereihter Kandidat zum Zug, weil man sich in der Koalition nicht auf die erstgereihte Vorsteherin des Bezirksgerichts Floridsdorf, Sabine Matejka, einigen konnte.
- Lesen Sie dazu auch: Christian Filzwieser: Der dritte Mann wird Erster
"Ich war Bewerber – deswegen ist es für mich auch nicht passend, über den Bewerbungsprozess zu sprechen", wollte Filzwieser, dem allgemein fachliche Kompetenz zugebilligt wird, gestern auf die Vorgeschichte nicht eingehen. Trotz der Querelen und Kritik vom Rechnungshof (RH) "steht das Gericht gut da", sagte Filzwieser. Das BVwG ist mit 620 Beschäftigten Österreichs größtes Gericht. Der RH hatte in einem Bericht zu lange Verfahren, fehlende Aus- und Weiterbildungsverpflichtungen sowie eine hohe Fluktuation kritisiert. Er sehe es nun als "Chefsache", die RH-Empfehlungen umzusetzen.
Rückstände abgebaut
Seit 2021 habe man bereits viele Verfahrensrückstände abgebaut. Mehr als die Hälfte der Verfahren werde nun innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von sechs Monaten erledigt.
- Aus dem Archiv: Bundesverwaltungsgericht: Ein Jahr ohne Präsident
60 Prozent der Fälle betreffen das Asyl- bzw. Fremdenrecht. Hier entstand nach der Flüchtlingswelle 2015/16 ein Rückstau, der erst nach und nach abgebaut wurde. Mittlerweile steigen die beim BVwG anhängigen Fälle in diesem Bereich aber wieder.
Mehr Verfahren durch Informationsfreiheitsgesetz
Rund 40 Prozent der Entscheidungen des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) würden vom BVwG aufgehoben. "Das ist eine signifikante Zahl, wobei damit nicht automatisch eine Aussage über die Qualität der Entscheidungen verbunden ist", so Filzwieser.
Mit mehr Verfahren rechnet der Präsident durch das neue Informationsfreiheitsgesetz (Stichwort: Aufhebung des Amtsgeheimnisses). Das BVwG treffen selbst proaktive Informationspflichten. Andererseits ist man Rechtsmittelbehörde und in bestimmten Fällen sogar Gericht erster Instanz und mit Ermittlungen beauftragt.
Zur Person
Christian Filzwieser (geb. am 3. Juli 1972), aufgewachsen in der Obersteiermark, studierte Jus in Wien (Doktorat 1997), Postgraduate-Studium an der London School of Economics & Political Science. Stationen danach: Bundesasylamt, Unabhängiger Bundesasylsenat, BVwG (2014 bis 2022), zuletzt Innenministerium