609 Delegierte – wer das Duell um den Vorsitz in der SPÖ entscheidet

WIEN. Beim Sonderparteitag gilt die Delegiertenliste des letzten ordentlichen Parteitags 2021.
"Man soll Basisdemokratie nicht als Wundermittel betrachten", sagt Alt-Bundespräsident Heinz Fischer in einem aktuellen "Profil"-Interview zur Mitgliederbefragung über den SPÖ-Vorsitz. Eine Entscheidung auf einem "gut vorbereiteten Parteitag hätte wahrscheinlich im Ergebnis weniger Probleme bereitet als das, was sich jetzt entwickelt hat", so Fischers Status-Analyse für seine Partei.
Da sich die Frage, wer die SPÖ künftig führen soll, durch die Mitgliederbefragung nicht gelöst hat, muss nun der Sonderparteitag am 3. Juni in Linz die Entscheidung zwischen dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler bringen. Beim Mitgliedervotum lag Doskozil mit 33,68 Prozent der Stimmen knapp vor Babler (31,5 Prozent).
Nun werden 609 Delegierte der SPÖ ihren Parteichef beim Parteitag küren. Wien, Niederösterreich und Oberösterreich sind die Länder mit den meisten Delegierten (siehe Grafik unten). Die größte Gruppe der Delegierten stellen die Bezirke, die – gestaffelt nach der jeweiligen Mitgliederzahl – 350 Personen entsenden. 30 Personen werden von den Ländern direkt nominiert, deren Sitze nicht gemäß Einwohner-, sondern nach der Mitgliederzahl verteilt werden.
Nachdem es sich um einen Sonderparteitag handelt, sind die Nominierten grundsätzlich ident mit jenen vom letzten ordentlichen Parteitag aus dem Jahr 2021. Nur wenn eine Person verhindert, verstorben oder aus der Partei ausgetreten ist, darf nachnominiert werden. Gegen den Willen eines Delegierten kann dieser nicht ausgetauscht werden. Es gibt also kaum Spielraum, um nun noch durch das Nominieren von Delegierten das Duell Doskozil-Babler zu beeinflussen.
Wahlkampf, zweite Runde
Das Werben um die Gunst der Delegierten hat längst eingesetzt. Es ist nach dem Mitgliedervotum die zweite Runde des internen Wahlkampfs in der SPÖ.
Doskozil bekräftigte gestern nochmals, dass er es selbstverständlich für vereinbar halte, als SPÖ-Chef burgenländischer Landeshauptmann zu bleiben – und zwar mit Verweis auf Bundeskanzler Karl Nehammer, der gleichzeitig ÖVP-Chef sei. Erst im Intensivwahlkampf für die Nationalratswahl 2024 sei das "nicht mehr vertretbar", dann wolle er auch sein Amt als Landeshauptmann zur Verfügung stellen, sagte Doskozil.
Die scheidende SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, die beim Mitgliedervotum mit 31,35 Prozent der Stimmen nur den dritten Platz erreichte, kündigte gestern an, dass sie auch ihr Mandat im Nationalrat spätestens mit Ende Juni zurücklegen werde. Sie mache damit wie angekündigt einen ehrlichen Schnitt.