Nahost: Warum Österreich gegen die UNO-Resolution stimmte

NEW YORK/WIEN. Die UNO-Vollversammlung hat eine Resolution zur Verbesserung der humanitären Situation und für eine sofortige Waffenruhe im Gazastreifen verabschiedet. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Thema.
Das Papier erreichte am Freitag in New York eine notwendige Zweidrittelmehrheit. 120 Länder stimmten dafür, 14 dagegen, 45 enthielten sich. Österreich stimmte gegen den Text, wie es aus dem Außenministerium hieß. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan forderte ebenfalls ein Ende israelischer Angriffe im Gazastreifen.
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Was steht in dem Text?
Die Resolution verurteilt unter anderem jegliche Gewalt gegen israelische und palästinensische Zivilisten, fordert die sofortige und bedingungslose Freilassung aller Zivilisten, die "illegal festgehalten" werden, und verlangt ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe in den Gazastreifen. Außerdem ruft der Text zu einer "sofortigen dauerhaften und nachhaltigen humanitären Waffenruhe" auf, die zu einer "Einstellung der Feindseligkeiten" führen solle. Resolutionen der UNO-Vollversammlung sind nicht rechtlich bindend, sondern gelten als symbolisch. Der mächtigere UNO-Sicherheitsrat, dessen Resolutionen bindend sind, war zuvor mehrfach an der Verabschiedung einer Resolution mit humanitärem Fokus zur Situation im Gazastreifen gescheitert.
Wie stimmte Österreich ab?
Österreich votierte gegen den Entwurf. "Eine Resolution in der UNO-Generalversammlung, die nicht einmal in der Lage ist, die Terrororganisation Hamas beim Namen zu nennen, kann von Österreich nicht unterstützt werden", hieß es in einer Mitteilung aus dem Außenministerium am Freitagabend. "Ebenso wenig können wir eine Resolution unterstützen, die Israel nicht das völkerrechtlich verbriefte Recht auf Selbstverteidigung im Angesicht des Terrors einräumt. Folglich hat Österreich in der UNO-Generalversammlung gegen diese Resolution gestimmt."
Kanada hatte zuvor einen Zusatz zu der Resolution eingebracht, der die "Terrorattacken der Hamas" und die Geiselnahmen verurteilt und die sofortige und bedingungslose Freilassung der Geiseln fordert. Dieser Zusatz verfehlte aber eine notwendige Zweidrittelmehrheit.
Wie reagierte Israel?
Israels Außenminister Eli Cohen verurteilte die Resolution mit scharfen Worten. "Wir lehnen den verabscheuungswürdigen Ruf der UNO-Generalversammlung nach einem Waffenstillstand entschieden ab", schrieb Cohen in der Nacht auf Samstag auf der Plattform X. "Israel beabsichtigt, die Hamas zu eliminieren." So sei die Welt auch mit den Nazis und der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) umgegangen, schrieb er weiter.
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Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, kritisierte die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung in der UNO-Vollversammlung Man brauche Deutschlands Unterstützung in den Vereinten Nationen, sagte er auf dem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen CDU in Hürth. "Ein Abstimmungsverhalten, sich zu enthalten, weil man nicht direkt sagen kann, dass Hamas für diese grausame Massaker verantwortlich ist, ist nicht genug." Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni rechtfertigte die Enthaltung ihres Landes damit, diese ziele darauf ab, die Eskalation des Krieges zwischen der Hamas und Israel zu stoppen.
Was sagte die Hamas?
Die im Gazastreifen herrschende und für den Großangriff auf Israel am 7. Oktober verantwortliche Islamistenorganisation Hamas lobte dagegen die Annahme der Resolution und forderte die UNO auf, Maßnahmen zu ihrer Umsetzung zu ergreifen.
Was passierte davor?
Die Sitzung der UNO-Vollversammlung war auch einberufen worden, weil sich der UNO-Sicherheitsrat bisher nicht auf eine Resolution mit humanitärem Fokus hatte einigen können. Erst am Mittwoch waren erneut zwei Resolutionsentwürfe in dem Gremium gescheitert. Daraufhin kündigte Malta an, dass die zehn nicht-ständigen Mitglieder im Weltsicherheitsrat eine eigene Resolution vorlegen wollen.
Welchen Standpunkt vertritt die Türkei
"Israel muss diesen Zustand des Wahnsinns sofort beenden und seine Angriffe einstellen", schrieb der türkische Präsident Erdogan in einem Post auf der Plattform X, vormals Twitter. Gleichzeitig rief Erdogan zu einer bereits für Samstag geplanten propalästinensischen Demonstration in Istanbul auf. Vor wenigen Tagen hatte der Staatschef die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas als Freiheitskämpfer bezeichnet. Erdogan rief zu einem Waffenstillstand auf. Die Hamas ist für die USA, Europa und Israel eine Terrororganisation, für die Türkei nicht. Ankara unterhält Kontakte zur Hamas und bemüht sich nach eigenen Angaben um die Freilassung von Geiseln.