Britisches Parlament verschärfte Asylrecht
LONDON. Trotz heftiger Kritik hat das britische Parlament in der Nacht auf Dienstag ein umstrittenes neues Asylgesetz verabschiedet. Es kann damit noch vor der Sommerpause in Kraft treten.
Das Oberhaus, das zunächst knapp zwei Dutzend Änderungen gefordert hatte, gab dem Druck der konservativen Regierung im Gegenzug für kleinere Zugeständnisse nach. UNO-Menschenrechtskommissar Volker Türk und UNO-Flüchtlingskommissar Filippo Grandi bezeichneten das Gesetz als völkerrechtswidrig.
Mit der Neuregelung will die britische Regierung das anhaltenden Eintreffen von Migranten stoppen, die per Boot über den Ärmelkanal kommen. Nach dem neuen Asylgesetz wird per Boot ankommenden Migranten künftig das Recht verwehrt, einen Asylantrag in Großbritannien zu stellen. Zudem sollen illegal eingereiste Menschen in Zukunft in sogenannte sichere Drittstaaten wie das ostafrikanische Ruanda abgeschoben werden.
Derzeit ist das Vorhaben allerdings von der britischen Justiz blockiert: Ende Juni erklärte das Berufungsgericht in London den Gesetzesentwurf für rechtswidrig. Die Richter erklärten zur Begründung unter anderem, dass Ruanda kein sicherer Drittstaat sei. Die Regierung kündigte Berufung gegen das Urteil an.
Die UNO-Kommissare für Menschenrechte und Flüchtlinge, Türk und Grandi, äußerten am Dienstag wenige Stunden nach dem Votum des Oberhauses scharfe Kritik. Das Gesetz stehe "im Widerspruch" zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen Großbritanniens, hieß es in der Mitteilung der beiden UNO-Vertreter. Es werde "tiefgreifende Auswirkungen" auf Menschen haben, die "internationalen Schutzes bedürfen". Zudem enthalte es "weitreichende Ermächtigungen", Menschen in Gewahrsam zu nehmen. Die Kontrolle der Justiz sei dabei "eingeschränkt".
UNO-Menschenrechtskommissar Türk erklärte, mit dem Gesetz werde ein "beunruhigender Präzedenzfall" geschaffen. "Andere Staaten, unter anderem in Europa", könnten versucht sein, dem britischen Modell zu folgen. Türk rief die Regierung in London auf, das Gesetz "zurückzunehmen" und so ihren Einsatz für Menschenrechte zu bekräftigen.
Abkommen mit Ruanda unter Johnson
Unter dem früheren konservativen Premierminister Boris Johnson hatte Großbritannien 2022 ein umstrittenes Abkommen mit Ruanda geschlossen, um Asylsuchende dorthin auszufliegen. Dies sollte Menschen davon abschrecken, die Überfahrt über den Ärmelkanal zu unternehmen.
Die Umsetzung des Vorhabens ist bisher jedoch gescheitert. So wurde ein für Juni 2022 geplanter Flug mit Migranten in das ostafrikanische Land nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kurzfristig gestrichen.
Die britische Regierung steht durch eine Rekordzahl über den Ärmelkanal einreisender Migranten unter Druck. Allein im vergangenen Jahr waren fast 45.000 Migranten illegal über den Ärmelkanal von Frankreich nach Großbritannien gelangt - in diesem Jahr wählten bereits mehr als 11.000 Menschen diesen Weg.
Fast zeitgleich mit der Verabschiedung des Gesetzes erreichte am Dienstag ein Kahn, auf dem künftig 500 Asylbewerber untergebracht werden sollen, seinen Zielort in der Grafschaft Dorset. Die Regierung will damit die Kosten für Unterbringungen senken, die derzeit jeden Tag mit knapp sieben Millionen Euro für Hotelzimmer zu Buche schlägt, weil nicht genügend Aufnahmeeinrichtungen vorhanden sind.
Israel wird laut USA Grenzübergang zu Nord-Gaza eröffnen
EU beschließt milliardenschweren Flüchtlingsdeal mit dem Libanon
London schickte ersten Asylwerber nach Ruanda
USA verhängen neue Sanktionen gegen Unterstützer Russlands
Interessieren Sie sich für dieses Thema?
Mit einem Klick auf das “Merken”-Symbol fügen Sie ein Thema zu Ihrer Merkliste hinzu. Klicken Sie auf den Begriff, um alle Artikel zu einem Thema zu sehen.
Gut, dass Ö kein Meer hat, bleibt uns wenigstens das erspart.
Es geht eher um groß organisierte Schlepperei, egal ob mit Boot oder LKW.