AKW Hinkley Point: Der Betreiber scheut das Risiko
LONDON / LINZ. Der Betreiber des umstrittenen britischen Atomkraftwerks verschob die Investitionsentscheidung erneut.
Schwerer Rückschlag für das geplante britische Atomkraftwerk Hinkley Point, dessen höchst umstrittene Subventionierung in Milliardenhöhe von Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bekämpft wird: Der französische Konzern "Électricité de France" (EdF), der als Betreiber und Errichter fungieren soll, hat die Entscheidung über das Investment erneut vertagt – auf Druck der Gewerkschaft.
Die Arbeitnehmervertreter, die sechs der 18 EdF-Aufsichtsräte stellen, forderten einen Aufschub um bis zu drei Jahre und warnten bei der Sitzung am 27. Jänner vor "möglichen Fehlentscheidungen". Dabei ist die Investitionsentscheidung des französischen Konzerns bereits seit Oktober 2015 überfällig. Im Herbst wurde festgelegt, dass EdF zwei Drittel der veranschlagten 31 Milliarden Euro an Baukosten für Hinkley Point stemmen muss. Ein Drittel soll der chinesische Staatskonzern "China General Nuclear Power Group" (CGN) beisteuern.
Projektleiter hat aufgegeben
Wenige Tage nach der neuerlichen Vertagung der Investitionsentscheidung hat zudem der US-Amerikaner Chris Bakken, seit 2009 bei EdF Projektleiter für das AKW Hinkley Point, den französischen Konzern verlassen. Offiziell heißt es, Bakken wolle sich in seiner Heimat "neuen beruflichen Herausforderungen" stellen und "wieder mehr Zeit mit seiner Familie verbringen". Hinter den Kulissen heißt es freilich, dass Bakken entnervt über die neuerliche Verzögerung das Handtuch geworfen habe.
Erfreut über die neue Entwicklung zeigt sich Oberösterreichs Umwelt-Landesrat Rudi Anschober im Gespräch mit den OÖNachrichten: "Das ist eine sehr, sehr gute Nachricht. Die Zeit arbeitet für uns. Jedes Jahr, das wir gewinnen, hilft uns."
Nach den ursprünglichen Plänen wäre die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks in der Grafschaft Somerset im Südwesten Englands übrigens bereits für das Jahr 2017 geplant gewesen.
Die Probleme rund um das Atomkraftwerk Hinkley Point haben laut Anschober auch einen unmittelbaren Einfluss auf die Ausbaupläne für das tschechische Atomkraftwerk Temelin: "Die Wahrscheinlichkeit ist sehr hoch, dass es auch dort keine Investitionsentscheidung gibt."