Warnstreik in Deutschland bremst Tausende Züge aus

BERLIN. Nach dem Warnstreik der Lokomotivführergewerkschaft GDL mit Tausenden Zugausfällen am Donnerstag in Deutschland setzt die Deutsche Bahn auf einen guten Start im Schienenverkehr am Freitag.
"Unsere ganze Priorität liegt darauf, morgen, an diesem wichtigen Freitag, den Verkehr wieder in Gang zu bringen", sagte Bahn-Sprecher Achim Stauß am Donnerstag am Berliner Hauptbahnhof.
Der Warnstreik führte seit Mittwochabend zu Tausenden von Zugausfällen. Im Fernverkehr war die DB mit einem Notfahrplan unterwegs, der lediglich rund 20 Prozent der eigentlich geplanten Verbindungen enthielt. Betroffen waren auch Züge der ÖBB.
Im Vorfeld riet die Deutsche Bahn Fahrgästen, nicht notwendige Reisen zu verschieben und verwies auf seiner Internetseite auf Kulanzregeln zur Nutzung gebuchter Tickets. Bei den ÖBB ist der innerösterreichische Tagverkehr zwischen Salzburg und Tirol über das Deutsche Eck nicht betroffen. Baustellenbedingt gibt es jedoch Umleitungen und Züge, die im Schienenersatzverkehr fahren. Nicht vom Streik betroffen sind auch die Westbahn-Züge zwischen München und Wien.
In der Nacht fielen laut oebb.at neun Nachtzüge aus. Weitere neun Nachtzüge und mehrere Fernverkehrszüge von und nach Deutschland wurden kurzgeführt.
So gut wie kein Zug in manchen Regionen
Im Regionalverkehr waren die Auswirkungen des Warnstreiks unterschiedlich, in einigen Regionen fuhr am Donnerstag in der Früh zunächst so gut wie kein Zug mehr. Gegen 10.45 Uhr teilte die Bahn dann mit, dass inzwischen bis auf sehr wenige regionale Ausnahmen "überall ein zumindest eingeschränktes Zugangebot" sichergestellt sei. "Zum Teil fährt ein Busnotverkehr", hieß es.
Die GDL will mit dem frühen Arbeitskampf im noch jungen Tarifkonflikt eigenen Angaben zufolge dafür sorgen, dass DB-Personalvorstand Martin Seiler auch über das Thema Arbeitszeitverkürzung verhandelt. Diese ist eine Kernforderung der Gewerkschaft: Die GDL will für Schichtarbeiter eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn aushandeln. Zurzeit liegt die Wochenarbeitszeit bei 38 Stunden.
Seiler lehnt Verhandlungen über dieses Thema ab, weil er die Forderung auch angesichts des Fachkräftemangels für nicht umsetzbar hält. Dem Manager zufolge brauchte die Bahn dann deutlich mehr Beschäftigte, die kaum zu finden seien.
"Ich lasse mir nicht in die Schuhe schieben, dass wir eskalieren"
Weselsky kritisierte diese Haltung scharf, weil so kein Kompromiss zu erzielen sei. "Ich lasse mir nicht in die Schuhe schieben, dass wir eskalieren, wenn die andere Seite sagt: "Ich verhandle mit Ihnen nicht über die Wochenarbeitszeit und ich verhandle mit Ihnen nicht über Tarifverträge für Fahrdienstleiter"", sagte Weselsky dem Radiosender WDR5.
Wann weiterverhandelt wird, ist ungeklärt. Die eigentlich für diesen Donnerstag und Freitag geplante zweite Verhandlungsrunde hat die Bahn abgesagt. "Entweder man streikt, oder man verhandelt. Beides gleichzeitig geht nicht", sagte Seiler am Mittwoch zur Begründung. Die nächsten vereinbarten Termine sind der 23. und 24. November. Ob an diesen Tagen tatsächlich verhandelt wird, blieb aber zunächst offen.
Bahn-Sprecher Stauß appellierte an die GDL, ohne Streiks zu verhandeln: "Der heutige Streik ist verantwortungslos, das ist eine Zumutung für unsere Fahrgäste. Wir müssen am Verhandlungstisch zu Lösungen kommen, nicht durch Streiks", sagte Stauß.
Forderung: 555 Euro mehr pro Monat
Neben einer Arbeitszeitverkürzung fordert die GDL für die Beschäftigten 555 Euro mehr pro Monat bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von 12 Monaten sowie die steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie. Die Bahn hat bei der ersten Verhandlungsrunde vergangene Woche eine elfprozentige Entgelterhöhung bei 32 Monaten Laufzeit vorgeschlagen. Auch zur Zahlung der Inflationsausgleichsprämie ist der Konzern bereit.
Die mit der GDL ausgehandelten Tarifverträge werden bei der Bahn nach Konzernangaben für 10.000 Beschäftigte angewendet. Die Lokführergewerkschaft ist bei der DB die kleinere von zwei Gewerkschaften. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hat im Frühjahr und Sommer bereits neue Tarifverträge für gut 180.000 Beschäftigte verhandelt. Unter anderem erreichte die EVG dabei eine Entgelterhöhung von 410 Euro in zwei Stufen bei 25 Monaten Laufzeit. Auch die Zahlung von 2.850 Euro Inflationsausgleichsprämie wurde vereinbart.
Der GDL-Warnstreik sollte am Donnerstagabend um 18.00 Uhr enden. DB-Sprecher Stauß betonte, dass auch danach zunächst noch der Notfahrplan gelten werde. Die Bahn versucht so, die Züge an jene Orte zu fahren oder dort zu halten, wo sie am Freitag in der Früh gebraucht werden. Der Freitag ist stets ein nachfragestarker Tag, viele Menschen reisen dann für das Wochenende nach Hause.
Die Fahrgäste, die am Donnerstag ihre Reise nicht antreten konnten, werden am Freitag teils zusätzlich in den Zügen sein - nach dem Warnstreik drohen also überfüllt Züge zum Ende der Woche.