Wurzelbehandlung: Zahnarzt muss vor Gesichtslähmung warnen
Bleibender Schaden: Weil sie nicht über mögliche Risiken aufgeklärt hatte, muss eine Zahnärztin Schadenersatz zahlen.
Ein Arzt hat seine Patienten auch dann vor möglichen Risiken zu warnen, wenn die erheblichen nachteiligen Folgen nur wenig wahrscheinlich sind: Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) in einer aktuellen Entscheidung (1Ob 199/19z) einmal mehr bekräftigt.
Die Beklagte, eine Zahnärztin, hatte der klagenden Patientin erklärt, dass einer ihrer Zähne nur mit einer Wurzelbehandlung erhalten werden könne. Sie klärte aber weder mündlich noch mittels eines Aufklärungsbogens über die Vorgänge oder über typische Risiken auf: Dazu gehört auch das Risiko eines Gewebeschadens bei Spülung des Wurzelkanals samt daraus resultierender Lähmungserscheinungen im Gesicht oder ein mögliches Absterben des Wangengewebes. Die Behandlung war auch nicht so dringend, dass für eine Aufklärung keine Zeit geblieben wäre, so der OGH.
Bei der Spülung wurde das den Zahn umliegende Gewebe der Patientin tatsächlich beschädigt: Ihr Gesicht wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dauerhaft unsymmetrisch bleiben. Auch das Taubheitsgefühl dürfte von Dauer sein. Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen: Die Folgen einer Wurzelbehandlung mögen selten sein, aber sie können gravierend ausfallen. Eine ärztliche Aufklärung soll den Patienten in die Lage versetzen, die Tragweite seiner Einwilligung zu begreifen. Selbst ein nicht sehr ängstlicher Patient wolle über die realistischen Gefahren zumindest im Groben aufgeklärt werden.
Die Zahnärztin muss ihrer Patientin deshalb Schadenersatz zahlen.
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