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Liveticker vom Mordprozess gegen Estibaliz C. - "Schuldig bekannt"

Von Robert Stammler, 19. November 2012, 14:06 Uhr
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Bildergalerie Estibaliz C. vor Gericht
Bild: APA

WIEN. Mit Blitzlichtgewitter begann um 9 Uhr im Straflandesgericht Wien der Prozess gegen jene 34-jährige Spanierin, die ihren Ex-Mann und ihren Liebhaber erschossen, zerstückelt und im Keller ihres Wiener Eisgeschäfts einbetoniert haben soll. Bis nach Mittag wurde vor allem die Angeklagte befragt - nachrichten.at berichtet aus dem Gerichtssaal.

Liveticker aktualisieren!

14:58 Uhr: Die Befragung der Staatsanwalt ist vorläufig beendet. OÖN-Redakteur Robert Stammler, der bis jetzt live aus dem großen Schwurgerichtssaal am Wiener Straflandesgericht berichtet hat, bedankt sich für das Interesse und wird am Nachmittag im Wiener OÖN-Büro den Bericht für die Printausgabe OÖNachrichten am Dienstag ausarbeiten.

Der Mordprozess ist für vier Tage anberaumt, am Donnerstag soll das Urteil gefällt werden.

14:51 Uhr: Der Opferanwalt von Manfred H. fragt, ob sie alle persönlichen Dinge zurückgegeben hat. Estibaliz C. sagt, sie hat nichts mehr von ihm, Uhren, Kleidung, Schuhe, alles hat die Familie bekommen.

Nach dem Opferanwalt ist dann die Verteidigung am Wort. Die Verteidiger werden sicherlich Fragen zu den angeblichen Charakterdefiziten der beiden toten Männer stellen.

Eine Geschworene fragt die Angeklagte, ob Holger ihr je mit einer Waffe gedroht hat? "Ja einmal hat er ihr eine Waffe an den Kopf gehalten", sagt Estibaliz C.

Die Richterin fragt: "Wieso sagen sie das erst nach 4,5 Stunden?" Estibaliz C. sagt, sie will ihn nicht schlecht machen, sie will nur sagen, wie es war.

Ein anderer Geschworener fragt, warum es nicht so wirkt, als ob sie Reue zeigen würde. Die Richterin wirft ein, die Geschworenen sollen konkrete Fragen stellen und keine persönlichen Meinungen widergeben. "Es ist bitter, aber ich kann nicht die ganze Zeit hier weinen", sagt Estibaliz C. Sie versuche, sich hier zusammenzureißen. Jetzt kommen aber die Tränen. Taschentücher sind ihn Griffweite. "Das Tragen der Säcke mit den Leichenteilen habe ihr nichts ausgemacht, weil sie schweres Tragen in der Gastronomie ja gewohnt ist", sagt Estibaliz C.

14:36 Uhr: "Es ist alles furchtbar, was ich gemacht habe, es tut mir alles leid", sagt Estibaliz C. noch einmal.  Jetzt geht es um die Lebensversicherung von Manfred H. "Er war ja nicht treu. Ich hab die Hoffnung verloren, dass er mich gehen lässt. Er hatte ja in den Eisladen  investiert." Und er soll die Mitarbeiter schlecht behandelt haben. Es gab Kündigungen, Estibaliz C. nennt Namen der Mitarbeiter. Er habe sie dauernd niedergemacht, sagt die Angeklagte weiter.

"Haben Sie nach der Tötung von Holger je an das Opfer selbst gedacht, nicht nur an Blutgeruch und Putzen?", fragt die Staatsanwältin Petra Frey. "Es ist furchtbar... Es tut mir leid...", sagt Estibaliz C.
"Der Eindruck entsteht, sie tun sich primär selbst leid!", kontert die Staatsanwaltschaft.

14:24 Uhr: Die Staatsanwaltschaft fragt weiter nach, will mehr über die Beziehung zu ihrem Ehemann Holger H. aus Deutschland wissen und bohrt in Widersprüchen. Es geht um den Streit am Tag der Tat. Was wäre gewesen, wenn Estibaliz C. einfach gegangen wäre? Man könne nicht seinen Weg gehen, es gibt das Geschäft und laufende Verträge, sagt Estibaliz C.
Das Weggehen besser gewesen wäre, sieht sie heute "intellektuell" ein. "Holger hatte viele Waffen, überall im Lager, am Schreibtisch, nichts war versperrt."

Nach dem ersten Mord sagte sie, es wird nie wieder passieren. Warum habe sie wieder gehandelt, wieso habe sie Holgers Waffen nicht entsorgt?, fragt die Staatsanwaltschaft. "Das war mein Fehler", sagt Estibaliz C. "Es war alles falsch, was ich getan habe, ich will nichts beschönigen."

Was habe sie gedacht nach der ersten Tat? "Oh nein, oh nein, ich kann es nicht rückgangig machen, ich fühlte mich so wertlos."

Bei der Einvernahme in Udine nach ihrer Flucht, habe sie gesagt, dass er "nicht tot war, dass er aufsteht und mich erschießt, daher noch drei Schüsse, um sicher zu sein. Holger wollte immer, dass ich äußerlich perfekt ausschaue. Man konnte ihm nichts recht machen, ich wurde gekränkt von morgens bis abends, es war ein Psychoterror."

Geschworenen haben keine Fragen nach Pause

14:02 Uhr: Es geht nach der Pause weiter mit der Befragung der Angeklagten. Die Geschworenen wollten keine Fragen stellen, jetzt ist die Staatsanwaltschaft am Wort. Das Verhältnis zum Vater ist das Thema.

Estibaliz C. sagt, sie liebt ihn (den Vater) trotz seiner Brutalität. Positive Eigenschaften fallen ihr nicht wirklich ein. Er spreche sehr gut englisch....

Wieso sei sie nach Scheidung von Holger nicht wieder nach Spanien zurück? Sie habe eben so auf die Beziehung mit Manfred gesetzt.

12:59 Uhr: Der Richterin fällt auf, dass es erst Phantasien sind und es sei nicht so schlimm und sie lasse sich nicht helfen, doch dann schlägt es um. Was ist dazwischen? Die Antwort von Estibaliz C. kommt später, das Schwurgericht gönnt sich eine Pause bis 13.50 Uhr.

12:51 Uhr: Befragung von Estibaliz C. geht weiter: Am Tag nach der Ermordung von Manfred trifft sich Estibaliz C. mit einem Mann. "Die letzten zwei Partner liegen zerteilt im Keller und sie fangen sofort wieder eine Beziehung an?", fragt die Richterin.
"Nein der jetzige ist kein Macho, er ist nicht agressiv", sagt Estibaliz C. "Ich kann nicht versprechen, dass diese Gedanken wiederkommen, aber ich kann versprechen, dass ich niemanden umbringe, vorher bringe ich mich selbst um."
In der U-Haft hatte sie auch Mordgedanken, es gebe ruhige Zeiten und Besessenheitszeiten, sie diskutiert innerlich mit den Betroffenen.

Zu Kastner sagte sie, "besser dass ich in Haft bleibe, bevor ich dem Vater meines Kindes etwas antue." (Das ist übrigens der Mann, den sie im Gefängnis geheiratet hat.) "Ich will niemals mehr Unheil über irgendjemanden bringen", sagt Estibaliz C.

12:38 Uhr: Die Richterin kommt jetzt zum Tag des Todes von Manfred H.: Estibaliz C. spricht langsamer. "Er kam von seiner Susi. Wir sind ins Museumsquartier gegangen, dort in ein Kaffee, er gab sich normal und ich auch." In der Wohnung zurück hätten sie getrunken und über die Spannungen "zwischen uns diskutiert". Manfred sagte, dass er eine andere hat, daran sei sie schuld, sie sei eine Idiotin. "Sie soll aber nicht aus dem Eissalon aussteigen, weil sie schon so viel investiert haben", sagte er noch. Manfred ging dann schlafen und schnarchte.

Dann war es für ihn erledigt. Estibaliz C. nimmt die Pistole und schießt ihm in den Kopf. Manfred liegt im Bett und ist tot. Wieder denkt, fürchtet, hofft sie, dass die Polizei kommt. Sie hätte auf der Couch gesessen und gezittert.

Was geschah dann? Sie habe nicht geschlafen, "wegen diesem Mann hab ich mich von Holger scheiden lassen, Wahnsinn." Nächster Tag wieder Arbeit in der Früh, danach Plastikfolien besorgt und zurück in die Wohnung, wo Manfred tot im Bett lag. Einige Stunden dauert die bereits bekannte Behandlung des Leichnams, diesmal aber ohne Feuer.

Gerüche im Keller entfernt

12:21 Uhr: Weckten die Schießübungen nicht Erinnungen an den Mord an Ex-Mann Holger?, fragt die Richterin. Das habe sie verdrängt, sagt Estibaliz C.

Aber fast jeden Tag war sie im Keller bei Holgers sterblichen Resten, wie passt das?, so die Richterin. Die Gerüche hat sie ja entfernt, sagt die Angeklagte. "Im Keller waren viele Sachen vollgeräumt."

"Viele Widersprüche", findet die Richterin, weil laut Akten fragte sie andere Leute, ob es im Keller komisch riecht.
Im Oktober 2010 habe sie bei Google über Toderklärungen und Vermisste gesucht, also einen knappen Monat vor dem zweiten Mord.

Zur Lebensversicherung von Manfred H. aus Oberösterreich: Am 18.10.2010, ein Monat vor dem Mord, ließ er die Versicherung mit der Begünstigung für seine Ex-Frau umschreiben auf Estibaliz C. Das habe sie aber erst im Nachhinein erfahren, sagt sie.

"Für mich war Manfred wie ein Gott"

12:08 Uhr: Zu Manfred H. sagt Estibaliz C.: Das zweite Mordopfer war ja auch in der Eisbranche als Vertreter tätig. Er brachte sich in den Eissalons stark ein. Das empfand Estibaliz C. erst als Hilfe. "Leider war Manfred ein Macho, der gerne Leute gedemütigt hat." Estibaliz C. sagt, er habe Mitarbeiter wegen Fehlern aufgezogen. "Ich sollte schneller gehen, damit mein wabbeliger Hintern da wegkommt, sagte er zu mir laut vor anderen Leuten. Das war wohl mein Fehler. Er habe sie völlig fertig gemacht....

Die Richterin sagt: Auch Holger hat sie drangsaliert... "Für mich war Manfred wie ein Gott, ich konnte mich nicht gegen ihn stemmen." Dann habe Manfred auch noch ihre Maschinen für den Eissalon verkauft und sie hatte keine eigenen Geräte mehr. April 2010: Vorbereitung der Renovierung des Eissalons, er sah das als Anlage. Aber der Salon steht schon 30 Jahre und ging noch nie gut, sagte Estibaliz C. "Aber er wollte dennoch investieren und renovieren. Manfred wollte ein zweites Bein haben",sagt Estibaliz C. Sie meint ein zweites berufliches Standbein.

War die Trennung von Manfred überlegt?, will die Richterin wissen. Er sagte jedem damals, er wolle Estibaliz C. heiraten, aha. 2010 das Jahr der Hochzeit: "Ich war so verliebt in ihn, aber er machte mir nie einen Antrag." Sie fand auf seinem Handy eine SMS von einer Susi, explizite Botschaften. Als Rache geht Estibaliz C. im Internet auf Männerjagd. Die Beziehung zu Manfred scheint ruiniert. Estibaliz C. hat daraufhin wieder böse Gedanken. Im Internet recherchiert sie über den Bezug von giftigen Pflanzen. Drei Mal bestellt sie Samen, sie verwendet sie aber nicht.

"Manfred war wie Holger und hat mich immer nieder gemacht", sagt Estibaliz C. Neben der Giftidee spinnt sie auch Suizidgedanken.

Jetzt sind wir schon im Sommer 2010: Oje. Estibaliz C. entdeckt in einer Zeitung eine Kontaktanzeige von Manfred.
Seit Februar macht sie wieder Schiesstrainings. "Ich war danach immer völlig entspannt, dieses Knallen hat mir gut getan", sagt Estibaliz C.

11:52 Uhr: Die Richterin fragt Estibaliz C., ob sie damals nicht das Bedürfnis gehabt hätte, zu einem Psychiater zu gehen? "Ich dachte mir, das kommt nie wieder vor." Sie wäre drei Mal 2010 bei einer Psychologin gewesen, die sagte, "ich habe eine Depression und gestörte Realitätswahrnehmung." Estibaliz C. dachte, sie kriegt das in den Griff.

Zu Holgers Lebensversicherung: Ein Berater monierte die Zahlungen, sie sagte, er ist verschwunden. Der Berater meinte, wenn sie quasi für Holger weiterzahlt, dann bekommt sie ein Bezugsrecht. Aber wie kommt die Signatur eines Toten auf das neue Formular?, fragt die Richterin. Estibaliz C.sagt, sie hat es nicht gefälscht, wen anderen will sie nicht beschuldigen.

Wir sind wieder bei Thomas, die Beziehung ist aus und die Beziehung zu Manfred H. lebt wieder auf. Bei so vielen Beziehungsgeschichten ist es schwierig, den Überblick zu bewahren. Jedenfalls sind Alex und Thomas noch am Leben, Gott sei Dank!

Holgers Leiche entsorgt und "geputzt und geputzt"

11:41 Uhr: Die Einvernahme Estibaliz C. geht weiter: Also, Holgers Leichenteile kamen in die Tiefkühltruhe. "Dann hab ich geputzt und geputzt und geputzt."
War der Geruch dann weg?, fragt die Richterin. "Der Geruch habe ich immer noch an mir gehabt" sagt Estibaliz C. "Daher habe ich immer weiter geputzt."

Die Beziehung und Arbeit liefen weiter?, fragt die Richterin. "Ich bemühte ich, dass Alex das Böse nicht merkt." Das Lager war nicht in den Eissalons mit dem berüchtigten Keller. Die Hausverwaltung sagte, sie bekomme für das Lager keinen Mietvertrag mehr, daher musste sie das Lager mit Holgers tiefgefrorenen Teilen aufgeben. Daher stammt die Idee, Holger im Keller der Eisdiele einzubetonieren. Beton habe sie noch im Lager angemischt. Mit den Leichensäcken trug sie Holger stückweise über die Straße. Das Problem: In der Truhe waren Teile festgefroren, sie waren nicht rauszubekommen. Sie konnte den Kopf nicht mehr anschauen, aber darunter war ein Körperteil, das nicht rausging. Was nun? "Ich goss Beton in die Truhe." Was sollte mit Truhe passieren? Sie haben einen Bekannten angerufen von einer Umzugsfirma. Der Bekannte half beim Schleppen der Truhe in den Keller. Viele Stufen. Wieso so schwer? wäre sie gefragt worden. Estibaliz C. erzählt den Arbeitern, dass ein Nachbar Beton in ihre Tiefkühltruhe gegossen hat.

Dann ging die Beziehung mit Alex weiter bis Februar 2009. Wieder: er wollte keine Kinder.... Estibaliz C. machte Schluss. Er respektierte es. Dann kommt ein neuer Mann in ihr Leben, Thomas. Sie zieht bei ihm ein, sie will Heirat und Kinder, er beendet die Beziehung nach ein paar Wochen.

11:23 Uhr: Estibaliz C. berichtet weiter vor den Geschworenen: Nach der Scheidung sieht sie, dass Manfred H. keine fixe Beziehung will, sie lernt im Jänner 2008 einen Alex kennen. Trotz Scheidung war Holger noch im Eissalon Partner. Er hat gegen sie gearbeitet. Er drohte sogar, Alex zu erschießen. Estibaliz C. war mit Exmann auch am Schießstand. Eine komplizierte Beziehungskiste, der Exmann Holger ist eifersüchtig wegen Alex. Also es reift der Plan, Holger zu beseitigen. Was folgt ist bekannt, vier Mal Peng!

Holgers Blut beseitigt, zu Alex ins Bett gegangen

Welcher Schuss ging wohin, will das Gericht wissen. Daran kann sie sich im Detail nicht erinnern. Erst waren es nur Phantasien. Zu Kastner sagt sie, sie hatte Gedanken an Mord schon vor der Scheidung. "Ich dachte aber nie, dass ich imstande bin, das umzusetzen", sagt Estibaliz C. Sie hoffte dann nach dem Schuss, es kommt die Polizei gleich, weil es war 15 Uhr, als sie schoss, aber es ist keiner gekommen. Es war diese Leere, es läutet das Handy, "die Eisdiele, sie brauchen mich. Wenn ich nicht gehe, kommt die Kollegin rüber!" Sie war im Geschäft wie ein Roboter. Sie hat eine Maske aufgesetzt. "Fühlte mich miserabel, dachte an die guten Momente mit Holger." Die Leiche ist ja zuhause im Lager. Der Anblick war fürchterlich. Sie habe Tücher genommen, es war so viel Blut, sie dachte, das Blut rinnt durch die Tür auf die Straße. Bei Alex hat sie geduscht, und ist zu ihm ins Bett.

Bemüht, dass er nichts ahnt. Von Alex zurück zum Tatort, wieder keine Polizei... Sie wollte den Körper in die Tiefkühltruhe geben, "ich konnte den Körper nicht anfassen". Im Bauhaus habe sie nach einer Hebebühne geschaut, sinnlos. "Eine andere Hebevorrichtung hat auch nicht funktioniert, es war sehr heiß und es hat stark nach Blut gerochen", sagt Estibaliz C. Es war sehr schwer, den Menschen so zu sehen, den man einst liebte. Daher die Idee, die Leiche anzuzünden. Alkohol als Brennstoff. Viel Rauch und Angst, das ganze Haus anzuzünden. Die Feuerwehr kam. "Ich sagte zu denen aber, es ist unter Kontrolle und die Florianis gingen wieder. Es passierte nichts! Niemand hat Leiche entdeckt." Im Bauhaus habe sie dann die Kettensäge gekauft. Holger wog 130 Kilo, daher der Plan, die Leiche zu zerlegen. Es war heiß und starker Verwesungsgeruch. "Die Bilder, die man sieht, wenn man das macht", sagt Estibaliz C. Sie ringt im Gerichtssaal mit den Tränen. Dann habe sie den sitzenden Leichnam zerteilt. Estibaliz C. braucht ein Taschentuch bei ihrer Schilderung im Gerichtssaal.

11:01 Uhr:  Estibaliz C. berichtet weiter: Also in Wien war's wieder so, sie arbeitet, Holger hält davon nix, der Eissalon läuft. Sie arbeitet aber vor allem, um eine Familie gründen zu können, ihre Eltern sind vom Leben in Wien wenig begeistert. Das war 2006. 2007 kam Manfred H. in ihr Leben, er war in der Eisbranche, so haben sie sich kennengelernt. Es war keine Affäre, sagt Estibaliz C. Sie sprachen über Kinder. Estibaliz C. wollte die Scheidung von Holger, Holger war beleidigt.

Widerspruch, sagt die Richterin, weil vorhin sagte Estibaliz C. ja, man lässt sich nicht so einfach scheiden....
Holger liebte sie eben nicht mehr. Aber wenn er die Scheidung nicht wollte? Ohne Manfred hätte sie die Kraft zur Scheidung nicht gehabt. Die Scheidung war im November 2007.

Vor partysüchtigem Verlobten geflohen

10:33 Uhr: Estibaliz C. spricht perfekt deutsch, ihre Stimme ist klar und gut verständlich, ein wenig dunkel. Die vorsitzende Richterin Susanne Lehr ist mit dem Verlauf der Einvernahme offenbar zufrieden. Die Angeklagte berichtet, nachdem sie sich schuldig bekannt hat, weiter über ihre Familienverhältnisse:

Nach der Beziehungspleite in Spanien ging Estibaliz C. nach Deutschland, es war eine Flucht, weil sie war quasi das Eigentum des partysüchtigen Spaniers war. Sie dachte damals, ein Autounfall wäre eine Lösung... Ihre Gedanken waren schon konkret, doch dann war eben die Einreise nach Deutschland und doch kein "Unfall" bei dem spanischen Freund... "Gedanken und Details und ihre Umsetzung, da ist eine Welt dazwischen", sagt Estibaliz C.

Sie ist in die Nähe von Heidelberg gezogen, hat bei einer Gastfamilie als Studentin geholfen und geputzt. "Ich wusste, dass ich ausgenutzt werde, aber ich war weg von diesen Alpträumen, das war 2001." Dann habe sie Holger H. kennengelernt, im Sommer 2002 geheiratet. Die Heirat mit Holger war seine Initiative, er war damals schon 35 und vorher noch nie verheiratet. Bei der Hochzeit habe sie geweint, ihre Eltern waren nicht da, es war hart...

Nach der Hochzeit seien sie nach Berlin gegangen, er wollte dorthin, weil er dort mehr Arbeitsmöglichkeiten hatte. Er schimpfte sie damals, weil sie nicht gut deutsch sprach, er wurde böse bei Fehlern von ihr. Sie hat Stellen in Eissalons angenommen, er war Maschinenschlosser, sie hat gearbeitet, aber er hat nix gefunden in Berlin.

Habe sie eine Trennung überlegt? Nein, bei Problemen muss man durch, man ist verheiratet. Aussprachen? Er war mir rhetorisch überlegen, sagt Estibaliz C. über den toten Holger. Kinder ein Thema? Ich wollte von Anfang an, aber er: erst wenn die finanzielle Situation stabil ist.

10:24 Uhr: So jetzt ist Estibaliz C. am Wort: Sie bekennt sich "zu den Tötungen schuldig".

Die vorsitzende Richterin bittet die Angeklagte, ihren Lebenslauf zu skizzieren. Der Vater ist Journalist, er schrieb in Mexiko über Korruption. Mit fünf Jahren übersiedelt die Familie nach Spanien, das war eine schwere finanzielle Situation für die Familie. Das Verhältnis zu den Eltern? Schwierig, weil der Vater ein Tyrann war, die Mutter hat ihn verteidigt. Was hat der Vater gemacht? - Estibaliz C. stöhnt: Man durfte nie Lärm machen, man durfte quasi gar nicht existieren, er schrieb zu Hause, daher wollte er absolute Ruhe! Er setzte seine Meinung durch und ließ nie Freiräume. Aber es gab keine oder fast keine körperliche Gewalt.

Der Vater wollte, dass sie Wirtschaft studiert. Sie sollte ein bestimmtes Frauenbild erfüllen, der Job bestimmte aber als Mittelpunkt die Familie. Nach dem Studium in Spanien verlobte sie sich, aber heiraten sei uncool, sagte der Verlobte. Nur Diskos und Partys... Sie wollte das nicht.

10:16 Uhr: Nach dem Vortrag der Anklage ist ein Opferanwalt am Wort. Er fordert für die Familie von Manfred H. 27.000 Euro Trauerschmerzengeld.

Verteidiger rügt Anklage: Leichenzerteilung nicht entscheidend

Dann redet Verteidiger Rudolf Mayer: Die Zerteilung der Leichen sei nicht entscheidend, sondern die Tötungen. Bei der Polizei war sie geständig, vor der Gutachterin Kastner hat sie sich voll geöffnet. Aber war es ein hinterhältiger Mord aus finanziellen Aspekten? Holger (ihr Ex-Ehemann) war sehr jähzornig, angeblich psychisch nicht normal, sagt laut Verteidiger eine Ex von Holger, eine Polizistin aus Deutschland. Das Verhalten von Holger sei sehr wichtig, um alle Umstände der Tat zu würdigen. Es gab kurz vor dem ersten Mord sehr wohl einen Streit, warum sagt die Staatsanwaltschaft, es geschah ohne jeden Streit? Um die Höchststrafe zu erreichen, daher!

Der zweite Tötungsfall: Manfred hat vorher mit einer anderen geflirtet. Manfred berichtet ihr, dass er fremd geht, was sie aber auch getan hat. Es gab Streit!  Es sei ihre Schuld, dass er fremd geht, er engt sie so ein. Sie fühlte sich gefangen! Sie schießt einfach. Er war ein Mann mit zwei Metern. Nach dem Mord weinte sie und zündete eine Kerze in der Kirche an. Eiskalt hinterhältig gehört weg, so denkt die Staatsanwaltschaft, sagt Verteidiger Mayer. Eine derartige Verkürzung des Gutachtens von Kastner ist unverständlich. Sie hat sich die Rolle als devote Partnerin nicht ausgesucht, "glauben sie, sie hat sich ihre Störung freiwillig ausgesucht und freiwillig ihr Leben ruiniert?" Es gab kein finanzielles Motiv, sie hat nie angerufen, um sich um die Lebensversicherung zu kümmern. Die Leichenzerteilung war sehr grauenhaft, sie war danach ein anderer Mensch, sagte sie zu Gutachterin Kastner, das hat die Staatsanwaltschaft aber nicht erwähnt heute.

10:04 Uhr: Die Staatsanwaltschaft zeigt per Videobeamer Fotos vom Keller inklusive Lageplan. Die Staatsanwaltschaft kommt zum Schluss, es wird noch viele schauderhafte Details geben. Es kam ihr darauf an, beide Männer zu töten, aus egoistischen Gründen. Nur ihre Wünsche zählten. Ihre Persönlichkeitsstruktur sei wichtig zu beleuchten, sie war zurechnungsfähig, sie konnte stets Recht von Unrecht unterscheiden, hatte jederzeit einen freien Willen. Aber es gab schon Einfluss durch eine Störung, hohe Abnormität. Zu Primaria Heidi Kastner sagte Estibaliz C., sie könnte es wieder tun. Die forensische Psychiaterin aus Linz hatte der Angeklagten eine schwere narzisstische Persönlichkeitsstörung attestiert. Sie habe „massive Defizite“, sich in die Emotionen anderer Menschen hineinzufühlen und Mitleid zu empfinden. Die Störung dürfte in ihrer Kindheit durch einen sehr dominanten und brutalen Vater verursacht worden sein.

Die Staatsanwaltschaft fordert eine Einweisung in eine Anstalt, die Taten seien nicht im Affekt ohne Vorwarnung geschehen - ohne Chance für die Opfer. Sehr bemerkenswert sei, wie sie ihr Lügenkonstrukt bis zum Schluss durchgehalten hat.

Staatsanwaltschaft beschreibt Morde an Ex-Mann und Liebhaber

9:56 Uhr: Die Staatsanwaltschaft berichtet weiter über den Mord an Manfred H.: Dann war es soweit, ein entspannter Abend zu zweit. Sie gehen ins Museumsquartier in ein Kaffee. Trinken zu Hause noch weiter. Dann legt sich H. schlafen, sie legte den Boden und die Zudecke mit Plastikfolie aus. Vier Schüsse auf den Schlafenden folgen. Am Morgen danach: Estibaliz C. geht arbeiten, sie wusste, was zu tun war. In der Wohnung hat sie H. mit einer Kettensäge zerstückelt, die Leichenteile in den Eissalon-Keller in der Oswaldgasse transportiert. Dann war zu wenig Beton fürs Einmauern da, ein Einkauf notwendig. Dazu verwendete sie Alias-Namen.

Sie nahm wieder Dates an, sie wollte ja eine Familie gründen. Dadurch hat sie ihren aktuellen Ehemann kennengelernt.
Aber es gibt immer wieder Fragen an sie, wohin Manfred H. verschwunden ist. Sie geht zur Polizei wegen einer Vermisstenanzeige.

9:44 Uhr: Die Staatsanwaltschaft beschreibt die Beseitigung der Leiche von Holger. H.: Stümperhaftes Vorgehen, sie wollte die Leiche in der Wohnung verbrennen, es gab viel Rauch. Nach vier Tagen zerteilte sie die Leiche und gab sie in eine Tiefkühltruhe und später dann in den Keller, um Holger H. einzubetonieren. Sie bat Unbeteiligte, beim Transportieren der Kühltruhe - mit den Leichenteilen - in den Keller der Eisdiele zu helfen. Sie schafft es immer wieder, Leute zu manipulieren.

Nach dem Mord war Manfred H. der neue nichtsahnende Freund. Der Oberösterreicher investierte 150.000 Euro in die Eissalons. H. hatte eine Lebensversicherung, Estibaliz C. erhielt Bezugsrecht zu ihren Gunsten. H. sagte ihr so oft, dass er sie liebt und eine Familie will. Aber er hat noch eine andere Affäre. Schon einmal war Mord eine Lösung... Im April 2010 macht sie Schießübungen und sagt zu einer Freundin: Ich plane, H. umzubringen. Die Freundin hat das nicht geglaubt.

9:31 Uhr: Die Staatsanwaltschaft umreißt, was passiert ist: Zwei erschossene Männer, die Flucht. Die Staatsanwaltschaft hat einen Powerpoint-Projektor, auf dem die Adresse des Eissalons auf einer Karte gezeigt wird und auch die Wohnung, wo sie privat lebte. Estibaliz C. wollte nicht primär Karriere machen, sondern eine Familie gründen.

Während der Beziehung mit dem Hamburger Holger H. hatte sie schon eine Liebschaft mit Manfred H. aus Oberösterreich. Leider zweifelte sie immer mehr, dass Holger H. freiwillig aus ihrem Leben gehen würde, es gab immer wieder Streit mit Holger. Holger, das Hindernis, gehört beseitigt, das waren nach einigen Monaten ihre Gedanken. Der Mord im April 2008: Schüsse von hinten aus kurzer Distanz, der vierte Schuss in Schläfe, um ganz sicher zu sein.

9:21 Uhr: Die Staatsanwaltschaft beginnt mit dem Vortrag der Anklage an die Geschworenen: Die Rechtssache sei klar, es sei "ein Mordverfahren wie jedes andere auch", die grausigen Umstände hätten zu dem enormen Medieninteresse geführt. "Sie (die Angeklagte) hat zwei Gesichter", sie werde versuchen, sich als brave Nachbarin von nebenan zu präsentieren. Die Staatsanwaltschaft will die "böse Seite zeigen, sie ist eine eiskalte Frau, zieht andere in ihren Bann, lassen Sie sich nicht täuschen" warnt die Staatsanwältin Petra Frey die Geschworenen.

Die Angeklagte hat fünf Jahre Wirtschaft studiert, keine Vorstrafen, 200.000 Euro Schulden - da sind schon die Schadenersatzansprüche für die Opfer dabei.

"Ein Geständnis ist ein wesentlicher Milderungsgrund", sagt die vorsitzende Richterin, die die Geschworenen beeidigt hat.

9:14 Uhr: Die Vorsitzende Richterin Susanne Lehr ruft zur Strafsache auf, alle Kameras müssen aus dem Saal. Es geht los....

Estibaliz C. trägt ein graues Kleid. Die Sachverständigen sind auch anwesend , inklusive Primaria Heidi Kastner aus Linz. Kastner ist in der Nervenklinik Linz als Leiterin der Abteilung Forensische Psychiatrie beschäftigt und hat in mehreren Sitzungen mit der Angeklagten gesprochen, um ihre Zurechnungsfähig zu klären.

Die Angeklagte wird zu ihren Personalien befragt: geboren September 1978 in Mexico City , Staatsbürgerschaft Mexiko und Spanien.

9:05 Uhr: Die Richter und die Angeklagte Estibaliz C. betreten den Saal. Estibaliz C. wird begleitet von ihrem Verteidiger Rudi Mayer und Justizwachebeamten. Ein Blitzlichtgewitter geht los.

Die Angeklagte hat am 11. Jänner einen Buben (Rolando) zur Welt gebracht hatte. Das Kind wurde ihr unmittelbar nach der Geburt wegen Gefahr im Verzug abgenommen. Das Jugendamt hat die vorläufige Obsorge dem Vater und Ehemann von Estibaliz C. zugesprochen. Am 29. März hat Estibaliz C. (34) Roland R. (47) in der Justizanstalt Wien-Josefstadt geheiratet.

8:55 Uhr: Der große Schwurgerichtssaal ist voll. Die Kameras vieler TV-Stationen sind auf die Tür gerichtet. In wenigen Minuten wird die Angeklagte Estibaliz C. den Saal betreten.

Die Staatsanwaltschaft legt der Spanierin Doppelmord zur Last und beantragt zusätzlich die Einweisung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.

Die gebürtige Mexikanerin mit spanischem Pass soll im April 2008 ihren deutschen Ex-Mann Holger H. und im November 2010 ihren damaligen aus dem Hausruckviertel stammenden Lebensgefährten Manfred H. mit einer Pistole der Marke Beretta, Kaliber 22, aus nächster Nähe erschossen, und die Leichenteile im Kellerabteil ihrer Eisdiele verschwinden haben lassen – bis im Juni 2011 per Zufall Installateure auf das makabere Grab stießen. Die 32-Jährige wurde schließlich auf der Flucht in Udine in Italien festgenommen.

 

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