Lindner will Ausgangsbeschränkung für Problemkinder

LINZ. Was tun mit kriminellen Kindern? Eine Arbeitsgruppe hat in Oberösterreich Schritte ausgearbeitet, die dabei helfen sollen, das steigende Problem in den Griff zu bekommen. Die Ergebnisse wurden am Donnerstag präsentiert.
Ein 10-Jähriger hält die Gemeinde Pasching mit Vandalenakten in Atem. Ein mittlerweile 14-Jähriger sitzt nach rund 200 begangenen Straftaten im Gefängnis. Und ein weiterer 14-Jähriger muss sich nach diversen Gewaltexzessen vor Gericht in Linz verantworten. Derart "schwere Fälle" hätten merklich zugenommen, sagte Theresia Schlöglmann, Leiterin der Kinder- und Jugendhilfe Oberösterreich, am Donnerstag in Linz. "Vor fünf oder zehn Jahren waren die Maßnahmen noch ausreichend, heute braucht es mehr. Die Fälle werden komplexer und schwerwiegender."
Derzeit werden in Oberösterreich 1500 unter 18-Jährige von Pflegeeltern oder in sozialpädagogischen Einrichtungen betreut. Unter ihnen sind 25 Kinder, die jünger als 14 Jahre alt sind und unter die Kategorie "Systemsprenger" fallen. Die meisten, weil sie besonders gefährlich sind.
Debatte um nächtliche Ausgangssperre
Wegen des Anstiegs der extremen Fälle haben der zuständige Landesrat Michael Lindner (SP) und die KJH eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen - mit dem Ziel, die Betreuung von sogenannten "Problemkindern" auszubauen. Am Donnerstag stellte Lindner gemeinsam mit Schlöglmann und Psychologin Michaela Mayer die geplanten Schritte vor.
Dabei wurden erneut Rufe nach rechtlichen Möglichkeiten laut, um den Problemkindern Grenzen zu setzen. Zum Beispiel könnte sich der Landesrat Ausgangsbeschränkungen vorstellen. Denn bisher ist es den Betreuern weder erlaubt die Kinder festzuhalten noch in der Einrichtung einzusperren. Diese Forderung ist nicht neu: Auch Landespolizeidirektor Andreas Pilsl meinte bereits, es braucht eine Handhabe, "dass straffällige Kinder das Haus zur Nachtzeit nicht verlassen dürfen".

Intensivere Betreuung
Von einer Senkung des Strafalters, wie von der VP forciert, hält Lindner nichts: "Stattdessen sollte man den Problemen auf den Grund gehen."
So soll es künftig regelmäßige Treffen geben, bei denen sich etwa Psychiater, Vertreter der Kinder- und Jugendhilfe, Polizei und Schule austauschen. Neben Prävention - schon in den ersten sechs Lebensjahren, am besten bereits in der Schwangerschaft der Kindesmutter will man verstärkt ansetzen - soll künftig die Betreuung besonders auffälliger Kinder intensiviert werden. Also mehr Betreuungsstunden, und klar strukturierte Tagesabläufe geschaffen werden. "Egal, was ein Kind macht, die Betreuungspersonen bleiben dran, kein Kind wird fallengelassen. Das ist das wesentlich Neue", betonte Schlöglmann. Die Betreuerinnen und Betreuer seien "die wahren Helden".
Was haben die Problemkinder gemeinsam?
Doch wer sind diese Kinder, die aufgrund ihres hochproblematischen Verhaltens besondere Aufmerksamkeit brauchen? Welche Lebensgeschichten bringen sie mit? Was haben sie gemeinsam? "Die ersten drei Lebensjahre sind entscheidend", sagte Psychologin Michaela Mayer. "Bei allen Kindern und Jugendlichen mit hochriskanter Entwicklung liegen frühkindlich nachhaltige Defizite vor."
Damit meint Mayer vorrangig das Verhalten der Eltern. Wenn diese psychiatrische Erkrankungen haben oder die Mutter in der Schwangerschaft Drogen konsumiert hat, sei der Weg des Kindes häufig gezeichnet.
"Eine Überlebensstrategie"
Die Biografien der Betroffenen zeigen meist eine ganze Reihe von Problemen, oft Gewalt oder sexuellen Missbrauch, Alkohol und Drogen, Kriminalität in der Familie, Krankheiten von Bezugspersonen. Manche reagieren mit Gewalt nach außen, aber auch mit Selbstverletzung, Suizidgedanken und Drogenkonsum.
"Manche sagen, diese Kinder haben eine Störung, wir sagen, ihr Verhalten ist eine Überlebensstrategie", sagte Mayer. "Kein Kind wird böse geboren".
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