"Dann wird es Zeit, dass wir die Lynchjustiz auspacken!"

GRAZ/INNVIERTEL. Facebook-Hetzer aus der Steiermark im Landesgericht Ried zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt - Richterspruch ist noch nicht rechtskräftig.
Zum wiederholten Mal fand gestern im Landesgericht Ried ein Prozess wegen eines hetzerischen Facebook-Eintrags auf der mittlerweile gelöschten Seite "Ja zu Österreich ohne Minarette" statt. Der 36-jährige Angeklagte aus der Steiermark trifft mit zehnminütiger Verspätung ein. "Das Navi hat mich falsch hergeleitet", sagt der Mann zu Richterin Claudia Hubauer. Da die Seite von einer Gemeinde im Bezirk Braunau aus betreut wurde, ist das Landesgericht Ried zuständig. Der Angeklagte kennt die Abläufe, sechs Vorstrafen weist sein Sündenregister bereits auf.
Staatsanwältin Petra Stranzinger wirft dem Mann vor, am 11. März 2014 Folgendes auf der einschlägigen Facebook-Seite, die mehr als 15.000 "Fans" hatte, öffentlich gemacht zu haben: "Immer das Gleiche, bald wird es so weit sein, dass unsere Bullen total nutzlos sind gegen die Pädomohammedanbeter! Dann wird es Zeit werden, die Lynchjustiz auszupacken. Wenn der Staat uns nicht mehr schützen will, müssen wir es selbst in die Hand nehmen. Keine Toleranz den Pädomohammedallahanbetern!" Ob er diese Zeilen verfasst habe, will die Richterin wissen. "Ich kann es nicht überprüfen, den Facebook-Account gibt es ja nicht mehr. Es gibt ja immer wieder Fälle, wo die Sachen von jemand ganz anderem geschrieben werden."
Dass er auf der rechtslastigen Facebook-Seite etwas gepostet hatte, bestreitet der Beschuldigte nicht. "Die Gefühlswelt" sei mit ihm durchgegangen. Er habe damit seine Stimme gegen Kinderschänder erheben wollen. "Für Pädophile habe ich kein Verständnis." Deshalb habe er womöglich von Lynchjustiz geschrieben.
Kein einmaliger Ausrutscher
Dass der Mann am 19. September 2014 im Landesgericht Graz wegen eines ähnlichen Vorfalls verurteilt wurde, bringt ihn in Argumentationsnot. Damals wurde der Steirer wegen eines Facebook-Eintrags vom 7. Dezember 2013 auf der Seite "Österreich hat schon genug Ausländer" zu drei Monaten bedingt verurteilt. Sinngemäß schrieb er damals, dass Moslems "kranke Faschisten unter dem Deckmantel der Religion" seien. Der Islam sei der neue Faschismus. Weiters verunglimpfte er die Religion auch damals mit dem Vorwurf der Pädophilie. Dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, dürfte er aber schnell wieder vergessen haben.
"Wollen sie noch etwas sagen?", fragt die Richterin den zweifachen Vater vor der Urteilsverkündung. "Es wäre nicht unbedingt sinnvoll, wenn ich ins Gefängnis muss, ich ziehe im Dezember um, und vielleicht bekomme ich bald einen neuen Job", sagt der Steirer, der um ein mildes Urteil ersucht. "Ein Freispruch wird wohl nicht machbar sein, so realistisch bin ich auch." Mit dieser Einschätzung liegt der 36-Jährige richtig: Die Vorsitzende verhängt vier Monate bedingte Haft, das Urteil ist allerdings nicht rechtskräftig.