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Als vor 15 Jahren die Feuerwehr beinahe streikte

Von Philipp Hirsch, 05. Februar 2023, 16:10 Uhr
Als vor 15 Jahren beinahe die Feuerwehr streikte
Brandgefährlicher Einsatz auf der Westautobahn nach einem schweren Lkw-Unfall Bild: fotokerschi.at

LINZ. Ein kritischer Bericht des Landesrechnungshofes stieß bei den Feuerwehren im Jahr 2008 auf großes Unverständnis, einige Kommandanten forderten sogar einen Streik – die Landespolitik eilte den Feuerwehren umgehend zu Hilfe.

Heute würde man es einen "Shitstorm" nennen, was der Landesrechnungshof (LRH) vor 15 Jahren mit seiner Prüfung des oberösterreichischen Feuerwehrwesens ausgelöst hatte. "Damit das System größtmögliche Wirkung entfalten kann, sind moderne und optimale Führungs- und Organisationsstrukturen notwendig", urteilte der damalige LRH-Direktor Helmut Brückner. Und: Es gebe prinzipiell zu viele Feuerwehren in Oberösterreich (damals waren es 925) und der Landesfeuerwehrverband wolle lediglich "den Status quo erhalten".

Markus Voglhuber, Geschäftsbereichsleiter im Landesfeuerwehrkommando, kann sich auch nach 15 Jahren noch immer lebhaft an diese Kritik des Rechnungshofes erinnern: "Da wurde die Feuerwehr aus dem Bürosessel heraus kritisiert, ohne das System zu kennen", sagt er. Nachdem der LRH-Bericht öffentlich geworden war, standen im Feuerwehrkommando die Telefone nicht mehr still. "Es gab wohl kaum einen Kommandanten, der damals nicht bei uns angerufen hat, um seinem Ärger Luft zu machen. Das Ganze schaukelte sich so weit hoch, dass einige sogar einen Streik gefordert haben."

Zum Streik kam es nicht. Sehr wohl aber zu mehreren klärenden Aussprachen zwischen Rechnungsprüfern und Offizieren des Landesfeuerwehrkommandos. "Inzwischen ist das Verhältnis zum Landesrechnungshof wieder ein gutes", sagt Voglhuber: "Das liegt vor allem daran, dass wir dem Landesrechnungshof vermitteln konnten, wie das Freiwilligenwesen in Oberösterreich funktioniert."

Mit Schützenhilfe des Landes

Die Landespolitik war den Feuerwehren nach dem Rechnungshofbericht rasch zu Hilfe geeilt. Im zuständigen Kontrollausschuss wurde beschlossen, dass die meisten Kritikpunkte "keiner weiteren Prüfung unterzogen" werden sollen. Auch politisches Kapital ließ sich aus den gekränkten Feuerwehren schlagen: "Auf Oberösterreichs Feuerwehren ist Verlass" ließ der damalige Feuerwehrlandesrat Josef Stockinger (VP) landauf und landab plakatieren. An den grundlegenden Strukturen der Feuerwehr in Oberösterreich hat sich jedenfalls in den vergangenen 15 Jahren nicht viel geändert: 913 Wehren gibt es verteilt auf 438 Gemeinden in Oberösterreich. Eine Berufsfeuerwehr (in Linz), 32 Betriebsfeuerwehren und 880 freiwillige Feuerwehren. Was sich aber geändert hat: "Wir haben mit einer Bedarfsplanung genau definiert, welche Aufgaben die jeweiligen Aufgaben Feuerwehren haben und welche Ausstattung sie dafür benötigen", sagt Voglhuber.

Lediglich sieben oberösterreichische Gemeinden haben keine eigene Feuerwehr, Vöcklamarkt im Bezirk Vöcklabruck hat dafür gleich acht. Und ist damit (abgesehen von Linz) die Gemeinde mit den meisten im Land.

Aber warum gibt es eigentlich derart viele Wehren im Land? "Ein wichtiger Punkt sind die Alarmierungs- und Anfahrtszeiten. Unser Ziel ist es, spätestens 17 Minuten nach dem Notruf am Einsatzort zu sein", sagt Voglhuber. Je schneller die Retter da sind, umso wahrscheinlicher ist es, dass sie nach einem schweren Verkehrsunfall noch Leben retten können.

  • 913 Feuerwehren gibt es in den 438 oberösterreichischen Gemeinden. Die einzige Berufsfeuerwehr ist in Linz stationiert. Neben 880 freiwilligen Feuerwehren gibt es noch 32 Betriebsfeuerwehren.

Rückgrat der Katastrophenhilfe

Das System ist außerdem redundant ausgelegt. Heißt, selbst wenn bereits mehrere Feuerwehren im Einsatz stehen, gibt es noch Reserven, falls weitere Alarmierungen kommen. 201 Feuerwehren in Oberösterreich sind für Spezialaufgaben gerüstet: Ausrüstung für die Waldbrandbekämpfung, Öleinsätze, Taucheinsätze, Drohnenflüge oder Strahlenschutz sind auf 419 Stützpunkte im Land verteilt.

Nicht zuletzt sind die Feuerwehren das Rückgrat des Katastrophenschutzes im Land: "Wir können innerhalb von drei Stunden 5000 Kräfte in Marsch setzen", sagt Voglhuber. Zum Vergleich: Eine vergleichbar großflächige Mobilisierung des Bundesheeres würde im Katastrophenfall zumindest einige Tage in Anspruch nehmen.

"Den wichtigsten Teil der Feuerwehren bilden die Mitglieder, die durch ihr ehrenamtliches Engagement rasche und flächendeckende Hilfeleistung in Notfällen ermöglichen", sagt Oberösterreichs Landesfeuerwehrkommandant Robert Mayer. Rund 66.000 aktive Feuerwehrfrauen und -männer gibt es in Oberösterreich.

Fusionen oder gar Auflösungen von Feuerwehren sind selten. In den vergangenen 15 Jahren wurden im Land lediglich 12 Wehren fusioniert und 13 aufgelöst. Wie langwierig eine Fusion sein kann, zeigt das Beispiel Leopoldschlag. Dort wurden die ehemals vier Feuerwehren (Markt Leopoldschlag, Mardetschlag, Dorf Leopoldschlag und Wullowitz) unter einem gemeinsamen Kommando zusammengefasst. 20 Jahre dauerten die Diskussionen, ehe diese Fusion umgesetzt werden konnte: "Das hat viele Anläufe gebraucht, aber mit dem Ergebnis sind wir sehr zufrieden", sagt Kommandant Patrick Hoffelner. "Bei Zusammenlegungen geht es oft auch um historisch gewachsene Strukturen, kein Kommandant und kein Bürgermeister möchte seine Feuerwehr verlieren", sagt Voglhuber. Und wohl das Wichtigste: "Wir wollen durch Fusionen niemanden verlieren. Jede und jeder Freiwillige ist für uns wertvoll."

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Autor
Philipp Hirsch
Leiter Regionalressort
Philipp Hirsch

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9  Kommentare
9  Kommentare
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zentrale (159 Kommentare)
am 07.02.2023 14:07

An meine Vorposter hier: Auf Basis von welchem Wissen oder welcher praktischer Erfahrung könnt ihr Feuerwehren kategorisch so verunglimpfen? Mir fehlen hier die Worte!

Wenn ich da lese 100 Standorte in OÖ? Wie soll das gehen? Fahr ich dann vom Zeugheus 35 Minuten zum Einsatz wie in Italien? Was macht ihr wenn ein Firmengebäude in der Einschicht brennt? Zieht ihr dann 5 Standorte zusammen? Was ist dann dort bei den 5 Standorten?

Wie erreicht ihr die "Golden Hour" in Falle von Verkehrunfällen? Also vom Unfall bis zur ersten Akut-Schock Behandlung im Krankenhaus? Wie stellt ihr sicher, das wenn im Umkreis von 15 km zwei Unfälle passieren, da nicht eine Unfallpartei verstribt, weil die Rettungskräfte zu spät kommen?

10 Minuten von Alarmierung bis zum Eintreffen ist ABSOLUT realistisch!! Für die, die die Feuerwehr nur vom Zeltfest kennen, das man ja auch nicht missen will, es gibt sowas wie eine Einsatzberechtigung bei einer anderen Feuerwehr.

Da Reden wir noch nicht von Katastrophen...

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detti (1.790 Kommentare)
am 06.02.2023 13:31

Im Nachbarort befinden sich 5 bestens ausgestattete Feuerwehren mit Häusern, die die teilweise beanschlagten Kosten weit überschritten haben. Die Nähe zum Einsatzort dürfte hier kein Kriterium sein, eher das Kirchturmdenken. Die Feuerwehren darf aber niemand kritisieren, zu politisch ist das System. Die Nachwuchsarbeit ist auch nicht überall das Gelbe vom Ei und wenn die erwachsenen Kamaraden unter Zuhilfenahme von erlaubten Substanzen (es gibt ja keine Kontrollen) zum Bewerb fahren und bei der Siegesfeier ordentlich viel Alkohol fließt, dann ist das mit dem Vorbild sein auch so eine Sache.

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dobisam (899 Kommentare)
am 06.02.2023 10:52

Wieviel der hier kommentierenden Spezialisten sind eigentlich bei einer Freiwilligen Feuerwehr oder haben ihr Wissen aus Film, Funk und Fernsehen?
Ich mein ja nur, da man sich total gut auskennt. Ich habe auch schon einige Arztserien gesehen, aber würde trotzdem kein ärztliches Attest ausstellen.

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Rozbua (548 Kommentare)
am 07.02.2023 11:29

Schon mal gehört? "Der Standort bestimmt deinen Standpunkt" Soll heißen, wenn du bei der FF bist, wirst du sie natürlich nicht kritisch hinterfragen.

Wenn man es jedoch ganz sachlich betrachtet, wird man zugeben müssen, dass keine Gemeinde acht Feuerwehren "braucht". Für diese Erkenntnis muss man kein Feuerwehrmann sein.

Dass es auch effizienter ginge, sieht man am Beispiel Rotes Kreuz. Da gibt es im Vergleich sehr wenige Dienststellen, die jedoch rund um die Uhr besetzt sind, sodass sofort nach Notruf ausgefahren wird und nicht erst gewartet werden muss, bis genug Leute zufällig Zeit haben.

Schön, dass es viele Freiwillige gibt, aber müssen Ortsteile mit 300 Einwohnern über Top-Ausrüstung verfügen und Räumlichkeiten betreiben, die dem Wirt das Geschäft abgraben?

Man könnte darüber nachdenken, aber jeder der das anspricht, wird mit dem nassen Fetzen verjagt. Feuerwehr ist unantastbar!

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Rozbua (548 Kommentare)
am 08.02.2023 11:21

Schon mal gehört? "Der Standort bestimmt deinen Standpunkt" Soll heißen, wenn du bei der FF bist, wirst du sie natürlich nicht kritisch hinterfragen.

Wenn man es jedoch ganz sachlich betrachtet, wird man zugeben müssen, dass keine Gemeinde acht Feuerwehren "braucht". Für diese Erkenntnis muss man kein Feuerwehrmann sein.

Dass es auch effizienter ginge, sieht man am Beispiel Rotes Kreuz. Da gibt es im Vergleich sehr wenige Dienststellen, die jedoch rund um die Uhr besetzt sind, sodass sofort nach Notruf ausgefahren wird und nicht erst gewartet werden muss, bis genug Leute zufällig Zeit haben.

Schön, dass es viele Freiwillige gibt, aber müssen Ortsteile mit 300 Einwohnern über Top-Ausrüstung verfügen und Räumlichkeiten betreiben, die dem Wirt das Geschäft abgraben?

Man könnte darüber nachdenken, aber jeder der das anspricht, wird mit dem nassen Fetzen verjagt. Feuerwehr ist unantastbar!

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Xeisler (340 Kommentare)
am 06.02.2023 09:28

Es kommt (leider) einer Beleidigung sämtlicher auf der Welt angebeteter Gottheiten gleich, wenn man die Effizienz des Feuerwehrwesens einmal einem kritischen (oder reellen) Blick unterwirft. Auch ich denke, manche FF existieren quasi "auf dem Papier". Es gibt zwar ein Feuerwehrhaus samt Ausrüstung, doch von Montag bis Freitag zwischen 5 und 19 Uhr arbeiten 90% der Mitglieder ausgependelt im nächsten Ballungsraum. Es kann jedoch sein, dass eine solche Wehr eine nicht zu unterschätzende soziale Rolle im Ort/Ortsteil erfüllt. Vielleicht kann es ja ein Modell geben, die lokalen Einheiten offiziell zu belassen, und zur Mithilfe heranzuziehen, jedoch überregional eine wirklich bestens ausgerüstete und ausgebildete Profi-Truppe zu etablieren, die 24/7 tatsächlich einsatzbereit ist.

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azways (5.825 Kommentare)
am 06.02.2023 08:30

Der größte Teil der FF ist gar nicht einsatzfähig, weil die Mitglieder oft weit weg in Betrieben arbeiten, die das Verlassen des Arbeitsplatzes nicht dulden(können).

17 Minuten bis zum Einsatz nach Alarmierung ist sowieso praktisch nicht möglich.

Selbst bei großen Naturkatastrophen ist die Hilfe nur sehr sehr eingeschränkt erlaubt.

Die Strukturen der FF sind reine politische Willkür und sinnlose und grenzenlose Steuergeldverschwendung.

Schlagkraft hätte nur ein durchdachtes Netz aus Berufsfeuerwehren, deren Mitglieder im öffentlichen Bereich (Gemeinden, Land, öffentlicher Dienst und bereitwilligen Betrieben) angestellt sind.
Da würden dann ca. 100 Standorte mit gut ausgerüsteten und ausgebildeten Mitarbeitern genügen.

Deutschland mit dem "technischen Hilfswerk" und die USA mit 9-1-1 machen das schon seit Jahrzehnten vor.

Österreich lebt halt immer noch im Zeitgeist der Donaumonarchie.
Habt acht - rechts um - im Gleichschritt marsch.

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tradiwaberl (15.606 Kommentare)
am 06.02.2023 07:58

Die Anzahl der Feuerwehren resultiert nicht nur aus den Anfahrtswegen der Feuerwehr selber, sondern auch aus den Anfahrtswegen der freiwilligen Kameraden ZUR Feuerwehr.
Auch das ist im Alarmfall essentiell !!
Daher sind Feuerwehren dort, wo Menschen sind und wo sie auch innerhalb von 5 Minuten im Feuerwehrhaus sein können.
Wer längere Wege hat, der spart sich diese Arbeit wohl, weil er im Einsatzfall sowieso zu spät kommt.
D.h. Auflösen von kleinen Wehren und zentralisieren von Feuerwehren führt zwangsweise zum Verlust von Mitgliedern und damit von Einsatzstärke. Und ob das echt dafür steht ???
Gerade bei flächendeckenden Ereignissen wie Hochwasser oder Sturm sieht man sehr schnell, wie wichtig eine gute Personalstärke ist !

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Abraxas (1.592 Kommentare)
am 06.02.2023 08:28

Und was ist in der Zeit von Montag 8 Uhr bis Freitag 16 Uhr? Wie ist es da um die Einsatzbereitschaft bestellt? Die Zeiten, in denen im Alarmierungsfall die Mitglieder der FF "vom Traktor gesprungen" sind und zum Feuerwehrhaus "ums Eck" eingerückt sind, die sind oftmals vorbei. Viele pendeln mehr als "5 Minuten" zum Arbeitsplatz; diese fehlen unter der Woche für die Bereitschaft. Ob der Trend zum Home-Office hier Abhilfe geschaffen hat, kann ich nicht beurteilen.

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