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Ein ungleicher Wettlauf zum Mittelpunkt Oberösterreichs

Von Helmut Atteneder, 11. Juni 2011, 00:04 Uhr
Ein ungleicher Wettlauf zum Mittelpunkt Oberösterreichs
Am Ziel: Landes-Geoinformatiker Thomas Ebert (exakte virtuelle Mittelpunktsuche, re.) und OÖN-Redakteur Helmut Atteneder (Annäherung mit Laubsägenholz-Nadeltest) beim Mittelpunkt (Schwerpunkt) von Oberösterreich Bild: Petuely

LINZ. Lebensmittelpunkt, höchster Punkt, tiefster Punkt: Oberösterreich, Land der Punkte. Aber wo liegt Oberösterreichs Mitte eigentlich? Von einem virtuellen und einem eher praxisbetonten Wettlauf zum geografischen Mittelpunkt des Bundeslandes – einer Haselnussstaude.

Herr Ebert hat einen Startvorteil. Er kann sehr gut rechnen, er hat Doris und ein Navi. Doris? Seine Frau, Freundin? Nein, aber irgendwie sein Kind. Es ist das geografische Informationssystem des Landes Oberösterreich, das geografische Daten des gesamten Landes auf Knopfdruck ausspucken kann. Thomas Ebert, Abteilungsleiter für Geoinformation und Liegenschaft beim Land, hat die Koordinaten des geografischen Mittelpunktes von Oberösterreich schnell berechnet. Sein Navi nimmt die Fährte auf und schickt ihn los. GPS-Daten: 13O 57’ 51,9’’ Rechtswert, 48O 08’ 11,7’’ Hochwert.

Die rustikalere Variante dauert. Sie basiert auf Handarbeit und diesen Utensilien: Eine Oberösterreich-Karte, eine Laubsäge, ein Stück Laubsägeholz eine Stricknadel. Man klebe die Landkarte auf das Holz, schneide das Bundesland aus, verschiebe die Nadel so lange unter der Holzplatte, bis die Nadel das „Landesholz“ balanciert. Dann suche man diesen Punkt.

Der Lebensmittelpunkt Katsdorf im Mühlviertel, das ist schnell klar, hat beim Holztest keine Chance. Weiter zum Arbeitsmittelpunkt nach Linz. Fehlanzeige. Die Nadelprobe misslingt, das Holz kippt nach links weg. Also westwärts! Der ehemalige Schulmittelpunkt Wels könnte eine heiße Adresse sein. Wieder nicht. Noch ein bisschen westlicher. Gunskirchen! Trotz zittriger Hand bleibt das Laubsägeholz in Oberösterreichform – wenn auch stark absturzgefährdet – an der Nadel hängen.

Ein Anruf: „Wo san S’ denn?“ Es ist Herr Ebert. Der oberste Landvermesser langweilt sich vor seinem Auto. Es parkt neben der B1 zwischen Wels und Gunskirchen, in der Nähe des bekannten Wirts am Berg. Er lotst den konservativen Mittelpunktsucher zu einem grünen Schild mit der Aufschrift „ökoplant“. Da steht er: „Kommen S’ mit!“ Der Weg zum Mittelpunkt von Oberösterreich ist ein Wanderweg durch die Traunauen von Gunskirchen. Tausende sind da schon unwissentlich vorbeispaziert, -gejoggt. Der Weg führt in einen Buchenwald, durchschneidet eine Maiglöckchenwiese. Dann, vor einer armseligen Haselnussstaude, hält Herr Ebert inne. Er hat einen Holzpflock ins Erdreich gerammt und die Koordinaten mit schwarzem Filzstift draufgekritzelt. „Da“, sagt er, „da ist unser Punkt.“

Die Nadelprobe gelingt

Die Nadelprobe unterstreicht die Behauptung des Meisters. Ein Beweisfoto wird gemacht. Für die Ewigkeit. Es ist ein besonderer Platz, naturgeschützt, weil rund um die Haselnussstaude einmal im Jahr 40 Blumen blühen. Die Kuhschelle wächst in Oberösterreich sonst kaum noch wo. Auch eine bedeutende Bronzefigur, die Venus von Gunskirchen, haben sie hier irgendwann einmal ausgebuddelt.

Herr Ebert meint, es sei auch interessant, wem der Mittelpunkt von Oberösterreich gehört und er kommuniziert gleich einmal über iPad mit seiner Doris. „Florian Fritsch ist der Grundbesitzer“, sagt Herr Ebert. Verschmitztes Lächeln.

Anruf bei Herrn Fritsch. „Der Mittelpunkt von Oberösterreich? Wem der gehört? Mir? Na, geh!“ Florian Fritsch, Pharma-Unternehmer und begeisterter Nebenerwerbslandwirt, hat den Wald vor ein paar Jahren von der Stadt Wels gekauft. Er hat auch gleich eine spontane Idee. Statt der maroden Haselnussstaude will er eine Linde aufstellen, die ihm der Sturm von ein paar Jahren umgerissen hat. Den Baum will er schälen und verzieren. Dem Platz müsse man die ihm zustehende Bedeutung geben. „So eine Art Totem. Das gefällt mir, das mache ich!“

Der Mittelpunkt geografisch

Der geografische Mittelpunkt von Oberösterreich wurde auf Basis von 46.916 Punkten, die die Landesgrenze auf Grundstücksebene abbilden, errechnet. Die Landesgrenze hat eine Länge von 900,633 Kilometern. Die genauen GPS-Daten: Rechtswert 13O 57’ 51,9’’, Hochwert: 48O 08’ 11,7’’


Der Mittelpunkt historisch

Die erste Erwähnung Gunskirchens erfolgte im Mondseer Traditionsbuch im Jahr 819 als „Kundeschiricum“. Gunskirchen stellt sich in der Franziszeischen Kataster-Urmappe von ca. 1825 als Pfarrdorf dar, wo um Kirche und Friedhof nicht mehr als zehn Häuser standen. Heute ist Gunskirchen eine Marktgemeinde mit 5620 Einwohnern.

Der Mensch lebt in diesem Raum nachweisbar seit der Jungsteinzeit. Die nacheiszeitliche Wärmeperiode von 4000 bis 2000 vor Christus und der fruchtbare Schlierboden schufen günstige Voraussetzungen für den Ackerbau.

Der bedeutendste Fund stammt jedoch aus der Römerzeit. Die Venus von Gunskirchen ist eine kleine Bronzestatue, die dem griechischen Schönheitsideal entspricht. Sie wurde im Minselfeld bei Hof ausgeeggt und ist im Stadtmuseum Wels zu sehen.


Der Mittelpunkt botanisch

Tatsächlich hat der geografische Mittelpunkt auch botanisch viel zu bieten. Der sogenannte Kuhschellenrasen beim Wirt am Berg ist seit 1983 Naturschutzgebiet. Nur 40 Exemplare der Pulsatilla vulgaris (Gewöhnliche Kuhschelle) gibt es in diesem Gebiet noch. Jeder Eingriff in die Natur ist hier verboten.

Wo ist der Mittelpunkt, ...

... Herr Landeshauptmann?

"Das weiß ich! Vor ein paar Jahren hat jemand behauptet, der Mittelpunkt sei der Baum mitten in der Welt in Kremsmünster. Da hab ich mich informiert. Es ist irgendwo zwischen Wels und Gunskirchen.", Josef Pühringer

... Herr Florian Fritsch?

"Auf meinem Grundstück? Na geh!", Besitzer des Mittelpunktes von OÖ


Doris

Rund 100.000 digitale Landkartenbilder werden täglich über www.doris.at abgerufen. Das Digitale Oberösterreichische-Raum-Informations-System gibt es seit 1991. Luftaufnahmen werden ständig erneuert und sind damit aktueller als googleearth. Doris dient dazu, die gesamte Landesverwaltung mit aktuellen und objektiven raumbezogenen Informationen zu versorgen. Eine Fülle von Informationen steht für alle Oberösterreicher zur Verfügung.
 

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1  Kommentar
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nocomment (20 Kommentare)
am 12.06.2011 13:00

Ein ganz interessanter Beitrag. Hatte bisher keine Ahnung, wie so ein Mittelpunkt berechnet wird geschweige denn, wo der ist in Oberösterreich. Gibt`s das auch für die Gemeinden von Oberösterreich?

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