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Die Herkunft des "Sandler"

Von Roman Sandgruber, 21. Februar 2015, 00:04 Uhr

Österreich ist abgesandelt. Im Jahr 2013 war das noch ein Aufreger. Damals wollte man diese Warnung nicht so recht wahrhaben oder hielt sie wahlkampfbedingt für weit überzogen.

Sich mit einem Sandler verglichen zu sehen, der die Nächte auf Parkbänken verbringt und sich in der kalten Jahreszeit in die Wärmestuben der Caritas oder Volkshilfe flüchtet, rief bei den meisten Österreichern ein recht mulmiges und abwehrendes Gefühl hervor.

Heute, nicht einmal zwei Jahre später, sind die Warnungen des Wirtschaftskammerpräsidenten Leitl bestätigt. Niemand kritisiert mehr die Wortwahl, sondern alle suchen nach den Schuldigen, natürlich beim politischen Gegner. Doch wo liegt die Ursache, dass sich Österreich unter die "Sandler" gemischt hat und sich in der Notschlafstube der Wirtschaftspolitik wiederfindet? Wenn man Leitls Wortwahl wirklich verstehen will, muss man nach der tieferen Bedeutung und dem wortgeschichtlichen Sinn von "Sandler" und "abgesandelt" fragen. Etwaige Zusammenhänge mit den Bewohnern von Sandl oder mit Wiener Ziegelarbeitern und Sandschauflern führen zweifellos in die Irre. Auch wenn Leitl Oberösterreicher ist, so wäre es wohl abwegig, die Herkunft des Wortes "Sandler" bei den Bewohnern des Mühlviertler Ortes Sandl zu suchen. Und auch wenn Leitl aus der Ziegelbranche kommt, so dürfte das Wort "Sandler" oder "abgesandelt" doch nichts mit jenen bemitleidenswerten, aber extrem fleißigen und meist aus Italien oder Böhmen zugewanderten Arbeitern zu tun haben, die früher die Ziegelformen "sandelten", also innen mit Sand ausstreuten. Auch jene Schwerarbeiter, die am Wiener Donauufer Schwemmsand gewannen, waren keine "Sandler" im heutigen Wortsinn. "Sandler" ist nicht von den armen Ziegelarbeitern und Sandschauflern herzuleiten, sondern vom mittelhochdeutschen Wort "seinde", das mit "langsam" oder "träge" zu übersetzen wäre. Und das passt genau zu dem, was Leitl mit "abgesandelt" meinte und was das Problem Österreichs darstellt.

Österreich ist träge und langsam geworden. Man legt sich auf die Parkbänke der sozialen Sicherheit und flüchtet sich in die Wärmestuben des Sozialstaats. Österreich wird sicher nicht gleich zu einem weiteren Griechenland werden. Aber wenn man noch abbremsen und umkehren will, ist nicht "sandeln", sondern "handeln" das Gebot der Stunde.

O. Univ.-Prof. Dr. Roman Sandgruber ist Vorstand des Instituts für Sozial -und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Linz

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