Burgtheater: Fast 20 Millionen Euro Verlust

WIEN. Das Burgtheater hat 2012/13 einen Bilanzverlust von 19,643 Millionen Euro geschrieben - um sechs Millionen Euro höher als bisher vonseiten der Bundestheater kommuniziert.
Dennoch begann die interimistische Burgtheater-Direktorin Karin Bergmann die heutige Pressekonferenz am Tag nach der Aufsichtsratssitzung mit einer frohen Botschaft: "Das Burgtheater lebt - und das wird es auch weiterhin tun."
Bergmann sprach von einem "Neustart". Im weitreichenden, rund 100 Punkte umfassenden Maßnahmenkatalog, der in der kommenden Saison "Ergebnisverbesserungen" in der Höhe von 4 Millionen Euro bringen soll, sind auch Preiserhöhungen vorgesehen, die bei den besten Sitzplätzen im Schnitt rund 10 Prozent betragen. Dadurch sowie durch zusätzliche Sponsoreneinnahmen sollen 0,6 Millionen Euro aufgebracht werden. Gespart werden soll auch bei den Produktionskosten (0,8 Millionen), Sachkosten und Personalkosten (je 1,4 Millionen).
Gründe für den erheblich größeren Bilanzverlust für 2012/13 seien Risikovorsorgen für Vorgänge der Vergangenheit (darunter etwa die laufenden Arbeitsprozesse gegen Hartmann und Stantejsky), die 3 Millionen umfassen, sowie 3 Millionen Euro die zu erwartenden Steuernachzahlungen aufgrund formaler Versäumnisse der früheren Geschäftsführung (die bisher höher bewertet wurden) und 5 Millionen, die für eine am 1. April angelaufene Sonderprüfung des Finanzamtes zurückgestellt wurden. Ohne Rückstellungen auch dafür "hätten wir sonst keinen uneingeschränkten Bestätigungsvermerk der Wirtschaftsprüfer bekommen", sagte der kaufmännische Geschäftsführer Thomas Königstorfer.
Eine unbefristete Patronanzerklärung der Bundestheater-Holding über 10 Millionen sei ein weiterer wesentlicher Faktor für das positive Testat gewesen. Die Burg-Probebühne wurde um 7,5 Millionen Euro an die Holding-Tochter Art for Art verkauft.
"Buchmäßige Überschuldung"
Es gebe eine "buchmäßige Überschuldung" in der Bilanz 2012/13, die wegen der stillen Reserven aber keinen Insolvenztatbestand darstelle, sagte der kaufmännische Geschäftsführer des Burgtheaters, Thomas Königstorfer. Bei der Abwehr einer Insolvenzgefahr hat die Patronatserklärung der Holding und die Hebung der stillen Reserven durch den Probebühnen-Verkauf eine entscheidende Rolle gespielt.
Der Maßnahmenkatalog mit Sparpaket, Kartenpreisanhebungen und erhoffter Zusatzerträge soll nun die künftige Zahlungsfähigkeit sicherstellen. "Eine Insolvenzgefahr würde ich nicht gesehen haben wollen. Das Burgtheater hat ja eine Substanz", so Königstorfer. Für den Jahresabschluss 2012/13 musste ein Teil der stillen Reserven mobilisiert werden. Beim Verkauf der Probebühne wurden stille Reserven von 5,3 Millionen Euro gehoben, weil die Probebühne in den Burgtheater-Büchern mit 2,2 Millionen Euro bewertet war, aber um 7,5 Millionen an die Art for Art verkauft wurde.
"Momentan hat das Burgtheater gar keine Schulden, sondern einen positiven Kontostand." Auch die Patronatserklärung sei "zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht in Anspruch genommen". Die 10 Millionen Euro-Garantie der Holding ist durch Immobilienbesitz der Holding gedeckt. Bergmann: "Ich denke, die Republik wird sich nicht entschließen, das Burgtheater in Insolvenz gehen zu lassen. Aber natürlich wird es nicht so sein, dass die Situation in zwei Jahren komplett planiert ist."
"Brutales Stück Papier"
"Der Maßnahmenkatalog ist zukunftsweisend, aber ein ganz hartes, um nicht zu sagen brutales Stück Papier", sagte die künstlerische Geschäftsführerin. Die Ensemblevertretung sei bereits informiert. Sie plant kommende Woche eine Mitarbeiterversammlung, um die geplanten Maßnahmen zu erläutern. Mit heutigem Wissenstand werde man 2013/14 eine ausgeglichene Bilanz darstellen, so Königstorfer. Dabei helfen freilich 2,5 Millionen Euro, die man innerhalb der Holding zusätzlich erhalte.
Künftig müsse man etwa im Personalwesen 1,4 Millionen einsparen, sagte Bergmann. "Das ist im Moment durch natürliche Abgänge wie Pensionierungen und Nicht-Nachbesetzungen gewährleistet." Im Ensemble werde es keine weiteren Nicht-Verlängerungen geben. "Ich bin dabei, mit dem Ensemble teilweise über Gagenreduktionen zu reden." Weniger Rollen um weniger Gage zu spielen sei nichts anderes als Kurzarbeit, die in Krisenzeiten gelegentlich notwendig sei. Es soll künftig auch mit weniger Gästen gearbeitet werden. Sie sei auch bereits im Gespräch mit neuen Sponsoren, sagte die interimistische Burgtheater-Direktorin.
Knapp 4 Millionen Euro seien im kommenden Geschäftsjahr mehr aufzubringen bzw. einzusparen, erläuterte Königstorfer. Denn die Vorgabe sei, künftig mit der normalen Basisabgeltung auszukommen, weswegen 2,5 Millionen, die man zuletzt zusätzlich erhalten habe, nicht eingerechnet werden dürften. Zusätzlich würden Lohnerhöhungen voraussichtlich eine Million Euro ausmachen, die Miete für die verkaufte Probebühne wird sich mit weiteren rund 0,4 Millionen Euro zu Buche schlagen.
Bezüglich der Weiterführung der Spielstätte Kasino sagte Bergmann: "Ich wage nicht zu prognostizieren, ob ich sie retten werde können, aber ich bin derzeit optimistisch."