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Erinnerung an 100 Jahre Weihnachtsgeschenke

Von Klaus Buttinger, 22. Dezember 2018, 00:04 Uhr
Weihnachten vor 100 Jahren Bild: colourbox

Was unter dem Christbaum liegt, sagt viel über die jeweilige Zeit aus.

Da gab es in den vergangenen hundert Jahren etliche Weihnachten, in denen sich die Menschen nicht einmal einen Weihnachtsbaum leisten konnten. Und da feierte man Weihnachten, in denen sich Wirtschaftswunder und Aufschwung an gebogenen Gabentischen ablesen ließen. Schließlich erzählen die Geschenke auch noch von den technischen Umwälzungen, die sich bis heute in den Geschenktrends niederschlagen.

1918: Die Armut war schrecklich

Wer Glück hatte, konnte für das Weihnachtsfest kurz nach Kriegsende bei den Bauern ein paar Erdäpfel und Eier eintauschen. Christbäume wanderten eher in den Ofen als in die Stube. Es herrschte eine herzzerreißende Armut. „Verzichten, an sich halten, Geduld haben!“ Die drei großen Schlachtrufe des Hinterlandkrieges galten noch immer. Nüsse, Äpfel gab’s – wenn überhaupt. Und draußen lauerte die Spanische Grippe.

Äpfel
Bild: colourbox

1928: Morgen wird’s nichts geben

Pragmatische, arme Weihnachten: selbstgestrickte Mützen, eine Puppe aus Stoffresten ...
Erich Kästner fasste die Stimmung in ein Gedicht: Morgen, Kinder, wird’s nichts geben! Nur wer hat, kriegt noch geschenkt. Mutter schenkte Euch das Leben. Das genügt, wenn man’s bedenkt. Einmal kommt auch eure Zeit. Morgen ist’s noch nicht soweit.“

1938: Trügerische Hoffnung

Noch lag Zukunftshoffnung über der frisch ans Deutsche Reich angeschlossenen „Ostmark“. Die aufgrund von Schulden anziehende Wirtschaft spiegelte sich auch auf so manchem Gabentisch wider: eine wirkliche Puppe, vielleicht sogar im Puppenwagen, ein Schaukelpferd oder ein Matador-Holzbaukasten. Weiße Strümpfe für das deutsche Mädel, eine kurze Lederhose für den Pimpf. Noch bestanden die Soldaten aus Zinn.

1948: Das blanke Leben – ein Geschenk

Zum zweiten Mal in diesem Jahrhundert zahlte das Volk für Wahnsinn und Großmannssucht der Mächtigen. Drei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, der Vater vielleicht noch in Gefangenschaft, waren die Geschenke noch durchaus bescheiden, wenngleich mancherorts von seltsamer Exotik: vielleicht die erste Orange, Schokoriegel oder Kaugummi aus Amerika. Mutter musste mit einem gehäkelten Topflappen zufrieden sein, falls nicht der verwegene Bub irgendwie Nylons vom Schwarzmarkt besorgen konnte.

1958: Das Vehikel des Aufschwungs

Keine Frage, es ging stetig aufwärts mit der Wirtschaft. Beliebteste Weihnachtgeschenke dieser Jahre waren Koffer- und Autoradios. Küchengeräte ließen zwar das Herz der Damen nicht unbedingt höher schlagen, nahmen aber wenigstens Arbeit ab: Mixer, Brotschneidemaschinen etc. Vielleicht lag unter einer Decke beim Christbaum das erste Fahrrad für die Halbwüchsigen im Hause. Die bastelten im Gegenzug hübsche Körbchen.

1968: Biblisches aus dem All

Apollo 8 umkreiste den Mond, die Astronauten verlasen die Schöpfungsgeschichte als Weihnachtsbotschaft. Unter mit viel Lametta und Spritzkerzen geschmückten Christbäumen finden sich Gesellschaftsspiele, Spiel- und Stecksysteme aus Metall und Plastik. Barbie hält Einzug im Haushalt. In den wenigen fortschrittlichen, jungen Kreisen werden erstmals alternative Hippieweihnachten gefeiert.

Barbie hält 1968 Einzug im Haushalt. Bild: privat

1978: Das Fest der Technik und der Töpfe

Die Technisierung schreitet in die Kinderzimmer voran. Wer noch keine hat, bekommt spätestens dieses Jahr eine elektrische Eisen- oder Autorennbahn. Bei der Elterngeneration steht Keramik hoch im Kurs. Vater freut sich über einen vollen Rumtopf, Mutter ärgert sich über einen leeren Römertopf, der zur Brotdose verkommt. Buben, die nicht bei drei auf dem Christbaum sind, erhalten einen quergestreiften Pullunder.

1988: Kassettensound unter Likörschoko

Unterhaltungselektronik, allem voran der Walkman, erobert die Haushalte. In seinem Windschatten segeln die ersten „Volkscomputer“ wie Atari und Commodore, sowie Tricotronic-Kasterl, auf deren Bildschirmen Donkey Kong & Co herumhüpfen. Skier unter dem üppig behängten Christbaum (Schnapspralinen) sind ein Muss für österreichische Kinder. Papa bekommt eine Krawatte aus Leder und Mama einen Kaschmirpulli. Cool.

Unterhaltungselektronik, allem voran der Walkman, erobert die Haushalte. Bild: Sony

1998: Hallo, hallo, Computer

Computer in sämtlichen Ausprägungen dominieren die letzten paar Weihnachten des ausgehenden Jahrtausends. Home Computer, Laptop und Playstation schrauben alt und jung in die Sesselmulden. Zum Ausgleich für das viele Herumsitzen setzen sportbewusste Eltern auf den Reiz von Skateboard, Snowbord und BMX-Rad. Dafür bekommen sie vom Nachwuchs ein Buch. Einen Reader haben sie ja schon.

2008: Es kann nur ein Geschenk geben

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Handy
Bild: dpa

2018: Herr Paketmann bringt’s

Die Geschenke bringt nicht mehr das Christkind oder der Weihnachtsmann, sondern der gestresste und unterbezahlte Amazon-Paketlieferant. Immer noch finden sich Bücher in den Pakerln, obwohl längst totgesagt. Ansonsten bringt der Lieferwagen Selbstoptimierungsarmbänder und Computeruhren. Wer auch das schon hat, nimmt gerne Bargeld im hübschen Kuvert und Gutscheine, Gutscheine, Gutscheine ....

 

Titelseite des Weihnachts-Blatts der Linzer Tages-Post vom 24. Dezember 1918:

Download zum Artikel

Tagespost 24.12.1918

PDF-Datei vom 21.12.2018 (1.194,48 KB)

PDF öffnen

 

So steh ich nun . . . (Weihnachten 1918)

Von Kurt Tucholsky (1890–1935)

So steh ich nun vor deutschen Trümmern
und sing mir still mein Weihnachtslied.
Ich brauch mich nicht mehr drum zu kümmern,
was weit in aller Welt geschieht.
Die ist den andern. Uns die Klage.
Ich summe leis, ich merk es kaum,
die Weise meiner Jugendtage:
O Tannebaum!


Wenn ich so der Knecht Ruprecht wäre
und käm in dies Brimborium
– bei Deutschen fruchtet keine Lehre –
weiß Gott! ich kehrte wieder um.
Das letzte Brotkorn geht zur Neige.
Die Gasse grölt. Sie schlagen Schaum.
Ich hing sie gern in deine Zweige,
O Tannebaum!


Ich starre in die Knisterkerzen:
Wer ist an all dem Jammer schuld?
Wer warf uns so in Blut und Schmerzen,
uns Deutsche mit der Lammsgeduld?
Noch leben die Kanonenbrüder.
Ich träume meinen alten Traum:
Schlag, Volk, die Kriegsbrandstifter nieder!
Glaub diesen Burschen niemals wieder!
Dann sing du frei die Weihnachtslieder:
O Tannebaum! O Tannebaum!
Und alle Jahre wieder.

 

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