Gastspiel im Zeichen der Musik statt Sanktionen
Die Moskauer Kammeroper gastierte mit "Die drei Pintos" im Posthof beim Brucknerfest in Linz.
"Es ist wichtig, sich mittels Kultur auszutauschen und nicht mittels Sanktionen", appellierte Michail Kisljarow, leitender Regisseur der Moskauer Kammeroper, in seiner Einführung im Posthof an das Publikum. Unter diesem Stern standen auch – wie schon im Vorjahr – zwei Gastspiele beim Brucknerfest Linz. Der sprachlichen Barriere hat man heuer entgegengesteuert: So war am Freitag mit Carl Maria von Webers "Die drei Pintos" eine scherzhafte Oper auf Deutsch zu erleben.
Hommage an Marcel Marceau
Die romantische Verwechslungskomödie ist zugleich der einzige Opernstreich Gustav Mahlers, der Webers frisch begonnenes Werk behutsam und im Stil seines verstorbenen Kollegen vollendete. Immerhin drei Viertel der Oper sind Mahler zu verdanken – und mitunter seiner Liebe zur Ehefrau von Webers Enkel.
Kisljarows Inszenierung von 2013 ist eine bezaubernde Hommage an Marcel Marceau: Weiß zum Clown geschminkt, erinnert das Ensemble an den legendären französischen Pantomimen, der im Vorjahr 90 Jahre alt geworden wäre. So charmant ist man selten zur Handy-Abstinenz ermuntert worden als durch die Darsteller, die auf ein Läuten hin plötzlich ihre unsichtbaren Telefone zücken, doch: Kein Anschluss unter dieser Nummer! Und so darf das Publikum tatsächlich drei Stunden einzig der Musik lauschen, bis die zwei falschen Don Pintos (Alexej Sulimow und Michail Janenko) und ein echter (Anatoli Sacharow) entlarvt sind und Clarissa (Tatjana Koninskaja) endlich ihren Don Gomez heiraten darf. Die Liebesgeschichte, in der es gilt, einen gestrengen Vater (Sachar Kowaljow) mithilfe eines Rollentauschs vom rechten Bräutigam zu überzeugen, ist ganz entzückend und leichtfüßig erzählt. Das Bühnenbild scheint einem aufklappbaren Bilderbuch entnommen, über allem schwebt ein Hauch des Kindlichen, Unschuldigen, Clownesken.
Musikalisch war das Gastspiel ein Qualitätszeugnis russischer Schule. Die liebenswert ambitioniert mit der deutschen Sprache ringenden Sänger können allesamt mit stimmlicher Perfektion aufwarten. Am Pult des mitreißend spielenden Kammerorchester stand mit Alexej Wereschtschagin ein junger, dynamischer Dirigent, der seine Einsätze schneller zu geben schien als man seinen vielen, kleinen Gesten folgen konnte.
Ein Blick ins nostalgisch aufbereitete Programmheft verwies nicht nur auf die Zeit der Uraufführung 1888, sondern auch auf die Vergangenheit des Landes, das seine Künstler einst als "Volkskünstler der UdSSR" ehrte.
Moskauer Kammeroper: Gastspiel mit Carl Maria von Webers Oper "Die drei Pintos" beim Brucknerfest, Posthof Linz, 19. 9.
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