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Ein großer Wurf rund um einen kleinen Hasen

Von Helmut Atteneder, 08. April 2019, 00:04 Uhr
Ein großer Wurf rund um einen kleinen Hasen
Carsten Lepper, Ariana Schirasi-Fard, Jan Nikolaus Cerha und Hanna Kastner Bild: Winkler

Musical "Der Hase mit den Bernsteinaugen": Umjubelte Uraufführung im Schauspielhaus.

Es fühlt sich auch am Tag nach der Uraufführung alles noch gut an. Da kommen wieder die Emotionen hoch, als nach dem letzten Vorhang der Autor Edmund de Waal auf die Bühne des Linzer Schauspielhauses geholt wird und Rotz und Wasser flennt, weil ihm die Musical-Version seines Bestsellerromans "Der Hase mit den Bernsteinaugen" sein eigenes (Familien-)Leben so klar, so deutlich und so mitreißend vor Augen geführt hat.

Dass der als Bühnen-untauglich anmutende Stoff, der das Schicksal der ehemals (einfluss-)reichen jüdischen Familie Ephrussi behandelt, auf Theaterbrettern funktioniert, ist das Verdienst von Henry Mason. Er hat das Buch geschrieben und Regie geführt.

Seine Detailliebe, Empathie und Unkompliziertheit haben zu diesem vielbejubelten und künstlerisch hochwertigen Musicalwurf verholfen. Mason hat den Stoff einfach gemacht. Einfach im Sinne von einladend, neugierig machend, auch von den Sitzplätzen aus diese mehr als einhundert Jahre währende Familiensaga vom Anfang bis zum Schluss mitgehen zu wollen. Henry Mason war auch mutig genug, 150 verschiedene Rollen in seinem Musical spielen zu lassen. Masons Handschrift ist nie unverständlich, stets nachvollziehbar.

So konnte gleich der Beginn zünden. Zunächst mit einem simplen Stammbaum, der auf einer Riesenleinwand zu sehen ist. Auf ebendieser wird mit kleinen Filmsequenzen und Einspielungen alles Wissenswerte zur Handlung erklärt.

Rote Vitrine als roter Faden

Die Bühne (Jan Meier) ist spartanisch gehalten. Nebst einer roten Vitrine mit 264 japanischen Schnitzfiguren (darunter der namensgebende kleine Hase) als roten Faden sind es ein paar weiße Holzquader, die die Handlung unterstützen. Der deutsche Komponist Thomas Zaufke hat dem Musical ein hochwertiges, genretypisches Kleid verpasst. Bestens setzt ein Orchester (Leitung Christopher Mundy) hoch über der Bühne seine Ideen um. Die Nazizeit setzt Zaufke mit eher beschwingter Musik (Charleston) um, nach dem Krieg wird Walzer getanzt. Ein tiefer Einblick in die österreichische Seele.

Viele Auftritte starten hinter der Vitrine, das erzeugt Spannung und überrascht. Henry Masons Detailliebe kommt auch der Hauptfigur zugute. Christof Messner als Edmund de Waal steht gut zwei Stunden auf der Bühne, immer gut eingebettet, egal, wo die Zeitreise dieser bewegend-bewegten Familiensaga gerade hinführt.

Das Ensemble glänzt im Kollektiv. Ariana Schirasi-Fard gibt eine empathische Zofe Anna. Besonders vielseitig sind Christian Fröhlich (Renoir, Gestapo-Offizier), Myrthes Monteiro (Emmy), Gernot Romic (Junger Iggie), Carsten Lepper (Charles). Herausragend agieren Hanna Kastner und Riccardo Greco. Bestens integriert ist die "Leihgabe" des Schauspielensembles Jan Nikolaus Cerha. Berührend Will Mason – der Vater des Regisseurs – als "Alter Iggie".

Fazit: Ein Musical-Abend fürs Feinstoffliche. Mit viel Herzblut und Liebe inszeniert, komponiert und schauspielerisch dargereicht.

Uraufführung: "Der Hase mit den Bernsteinaugen", Musical von Henry Mason und Thomas Zaufke, 6. 4.

 

Eine Musicalpremiere als bilaterale Politikerbühne

Auch der britische Botschafter kam zur Premiere.

Zum Schluss brachen bei Edmund de Waal alle Dämme: Regisseur Henry Mason hatte nach der Uraufführung den Buchautor von "Der Hase mit den Bernsteinaugen" auf die Bühne geholt. Der Brite war von der Produktion, die seine Familienspurensuche mit ihm in der Hauptrolle zum Thema hat, überwältigt.

Eine Musicalpremiere als bilaterale Politikerbühne
Hermann Schneider, Thomas Königstorfer, Edmund de Waal, Leigh Turner, Thomas Stelzer Bild: Moser

"Es ist eine außergewöhnliche Erfahrung, das Leben meiner Familie vorgespielt zu bekommen. Ich habe die ganze Lebensgeschichte noch einmal erlebt. Ich bin sehr stolz auf diese Menschen hier, die diesen Mut gehabt haben und das Risiko eingegangen sind. Diese Produktion soll unbedingt auch in Wien, Paris, New York gezeigt werden. Ich bin sehr glücklich." Vor der Premiere war es auch zu einem bilateralen Bühnentreffen zwischen Landeshauptmann Thomas Stelzer und dem britischen Botschafter in Wien, Leigh Turner, gekommen.

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Autor
Helmut Atteneder
Redakteur Kultur
Helmut Atteneder
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1  Kommentar
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dsharlz (119 Kommentare)
am 08.04.2019 00:15

Fürwahr - ein ebenso spannender wie kurzweiliger Abend - hörens- und sehenswert!

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