Ruppige Knaller als Klassische Klangwolke
Das mit der Klassischen Klangwolke gekoppelte Eröffnungskonzert des Linzer Brucknerfests bestritt heuer die Filarmonica della Scala unter Daniel Harding. Der knallige Part begeisterte im Donaupark, bot jedoch zu wenig für Musik-Gourmets.
Das relativ junge Orchester – es wurde 1982 von Claudio Abbado gegründet – besteht vorwiegend aus Musikern des Mailänder Opernhauses und pflegt dort die Stagione Sinfonica del Teatro alla Scala, also die Sinfoniekonzerte, und arbeitet mit den größten Dirigenten und Solisten zusammen.
Auf seiner Tournee gastierte das Orchester am Sonntag in Linz und begann den Abend mit Jean Sibelius’ Violinkonzert mit Julian Rachlin als Solisten. Dieser Teil war nur im Saal zu erleben und bescherte viele spannende Momente, wenngleich es nicht restlos gelang, das etwas spröde Werk aufzuschlüsseln und seiner seltsamen Form auf den Grund zu gehen.
So passte auch die Balance nicht wirklich, denn neun Kontrabässe und dementsprechend dann ein Streicherchor aufsteigend bis 16 erste Violinen ist nicht gerade dienlich, einem Geigen-Solisten die Bühne zu ebnen. Viele Details des von Julian Rachlin prächtig musizierten Soloparts gingen unter und zwangen bisweilen ein wenig zum Forcieren, was dann der Intonation nicht immer entgegenkam.
Daniel Harding blieb eher der Sachwalter. Nach der Pause und für die Hörer im Donaupark zum Auftakt gab es Leonard Bernsteins glänzende „Candide“-Ouvertüre, die zwar viel klangliches Feuerwerk entfachte, aber orchestrale Genauigkeit vermissen ließ. Hier könnte man wesentlich mehr differenzieren und einfach rhythmisch noch prägnanter musizieren, denn erst dann überzeugt dieses brillante Werk und lässt es nicht mit einem lauen Applaus enden.
Höhepunkt des Abends ebenfalls ein Werk aus der Neuen Welt, allerdings in der Sichtweise eines tiefverwurzelten Mitteleuropäers. Antonín Dvoráks IX. Symphonie ist zweifelsohne ein Stück, das sich prächtig für ein Open-Air-Spektakel eignet, und hat auch an diesem Abend die Wirkung nicht verfehlt. Die Grundstimmung und der Charakter stimmten, das feine Musizieren lag aber dem Orchester offensichtlich nicht, und Daniel Harding dürfte das akzeptiert haben.
So blieben viele Bläserakkorde unausgewogen und auch nicht immer lupenrein intoniert, da gab es auch die eine oder andere rhythmisch nicht ganz koordinierte Stelle, und vom Charakter her klangen die Ecksätze etwas zu ruppig und fast zu laut.
Allerdings begeisterten der mitreißende Elan und das knallige Äußere das Publikum, das für seinen Jubel einen ziemlich flotten, aber ebenso wenig feinnervig musizierten schnellen zweiten Teil der Wilhelm-Tell-Ouvertüre von Rossini hingeknallt bekam.
Ein sicherlich trefflicher Abend für die Übertragung in den Donaupark, für musikalische Feinschmecker dann doch etwas derb und grob.
Jetzt herrscht endlich wieder (fast) ein Jahr Pause von der Zwangs-Lärmbelästigung.
empfinde ich den Urfahraner Markt als Lärmbelästigung!
Lärmquellen. Was man subjektiv als störender empfindet, hängt wohl davon ab, auf welcher Seite des Baches man zu wohnen pflegt.