Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Ein schrecklich komischer Roman

Von Helmut Atteneder, 11. November 2017, 00:04 Uhr
Ein schrecklich komischer Roman
Peter Keglevic, österreichischer Regisseur von Weltruf, hat seinen ersten Roman geschrieben. Bild: Katharina Behling

"Ich war Hitlers Trauzeuge": Der Regisseur Peter Keglevic legte ein feines Romandebüt vor.

Man schrieb das Jahr 1986, es war in einer gottverlassenen Gegend, in einem Haus, irgendwo ganz oben am New Yorker Broadway. Regisseur Peter Keglevic drehte gerade den Film "Magic Sticks", da fiel ihm dieser Mann auf. Ein polnischer Jude, 85 Jahre alt. Er war der Besitzer des riesigen Hauses, wohnte selbst aber auf zwölf Quadratmetern. In dieser Wohnung lag eine Art Tagebuch herum, vollgekritzelt mit Notizen. Jeden Tag lief der Mann die 15 Kilometer lange Strecke hinunter zum Central Park.

Ein Jude, der läuft. Peter Keglevic machte dazu einen Eintrag in seinem Buch der Auffälligkeiten: "Plötzlich machte ich mir Gedanken über so einen Mann. Was ist das für eine Biografie, warum läuft der Mann? Ein Jude in seinem Alter hat wahrscheinlich etwas überlebt ..."

31 Jahre später hat der Salzburger, der in Wien und Berlin lebt, sein Romandebüt "Ich war Hitlers Trauzeuge" vorgelegt. Dabei geht es um die fiktive Person des Juden Harry Freudenthal. Er entging am Ostersonntag des Jahres 1945 – einer mehr als flüchtigen Bekanntschaft zur Reichsfilmregisseurin Leni Riefenstahl sei Dank – seiner standrechtlichen Exekution. Dafür landet er direkt im Teilnehmerfeld des Laufes "Wir laufen für den Führer". 1000 Kilometer von Berchtesgaden bis Berlin in 20 Tagesetappen. Der Sieger darf dem Führer persönlich zu dessen Geburtstag am 20. April gratulieren. Freudenthal schafft es tatsächlich bis in den Führerbunker.

Tor und Parsifal

Es ist ein skurril-abenteuerlicher, ein irrwitziger Weg, sprachlich hervorragend verpackt und geschichtlich seriös recherchiert. Was die Person Harry Freudenthal betrifft, skizziert Peter Keglevic einen skurril-absurden Überlebenskampf und löst beim Lesen eine Art Bauchweh-Komik aus. Ein schrecklich komisches Buch, eine Groteske, die nie auch nur im Ansatz jene Grenze anstreift, sich über Leben und Sterben im Wahnsinn des Dritten Reiches lustig machen zu wollen.

"Bei Spott und Ironie ist es immer auch eine Gratwanderung, dass es verkannt wird. Ich habe die Geschichte eines Menschen erzählt, der überlebt hat. Die Geschichte eines reinen Tors, der – fast wie ein Parsifal – einfach immer nur überleben will. Er fällt von einer Situation in die andere und wird sie, ohne etwas dazu zu tun, überleben. Wo wird Überleben am spürbarsten? Beim Inbegriff der Hölle, dem Nationalsozialismus", sagt der 67-jährige Autor.

Es gibt aber auch große Geschichten im Leben des Peter Keglevic, die sind nicht erfunden. So gilt der vielfach Ausgezeichnete als Erfinder von Hollywood-Star Christoph Waltz. 1996 drehte er mit Waltz "Du bist nicht allein – Die Roy-Black-Story". Seither pflegen die beiden eine Freundschaft "in gutem, nicht in hysterischem Sinne. Sie ist geprägt von gegenseitiger Offenheit und eindeutiger Verschwiegenheit".

In seinem Notizbuch der außergewöhnlichen Begebenheiten und Menschen hat Peter Keglevic auch wieder geblättert: "Ein weiterer Roman wird auf jeden Fall kommen." 2018 dreht er auch einen Kinofilm, nach einem Roman des Schauspielers August Schmölzer.

Peter Keglevic: "Ich war Hitlers Trauzeuge", Roman. Verlag Knaus, 576 Seiten, 26,80 Euro

 

Vita und Werk

Peter Keglevic wurde 1950 in Salzburg geboren, arbeitete zunächst als Buchhändler. 1968 schlug er die künstlerische Laufbahn ein (Kurzgeschichten, Theaterstücke, Drehbücher) und arbeitete höchst erfolgreich als Regisseur. Als solcher bekam er zahlreiche Auszeichnungen: Unter anderem den Grimme-Preis für „Der Tanz mit dem Teufel“ (Oetker-Entführung) und 1997 den Fernsehpreis „Goldener Löwe“ für die beste Regie für „Du bist nicht allein – Die Roy-Black-Story“ mit dem späteren Oscar-Preisträger Christoph Waltz.

 

mehr aus Kultur

Wohl frühestes bekanntes Kafka-Schriftstück soll versteigert werden

"Here" vom "Forrest Gump"-Regisseur: Der Absturz von Jenny und Forrest in die Vergangenheit

Norbert Trawöger: „Genau dafür hat sich alles schon gelohnt“

„Die heilige Ente“: Ein Federvieh flattert für die Oper durchs Musiktheater

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen