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Im Zickzackkurs zur kahlen Elsa

Von Von Rainer Heubeck, 03. Oktober 2009, 00:04 Uhr
Im Zickzackkurs zur
Wenn es nicht regnet, sitzen die Touristen lieber auf dem Zugdach. Bild: Heubeck

ECUADOR. 25 Stundenkilometer, 28 Stundenkilometer – die Lokomotive zuckelt gemächlich. Sergio Luna blickt konzentriert nach vorne. Der 41-Jährige richtet seinen Blick unablässig auf die vor ihm liegenden Schmalspurgleise. Häufig muss er plötzlich anhalten: Weil ein Erdrutsch die Strecke versperrt oder eine Ziege oder eine Kuh seine Wege kreuzt.

Die meiste Zeit stellt Sergio seine Lokomotive auf Automatikbetrieb. Wichtiger noch als die Geschwindigkeitsregulierung ist für ihn die Hupe, mit der er vor jeder Kurve anzeigt, dass der Zug naht. Auch wenn sich Kinder oder Kühe den Gleisen nähern, ertönt lautes Pfeifen. Denn der Zug fährt von Riobamba aus ja keineswegs durch unbewohntes Gebiet – nein, entlang der Strecke, die an einem Fluss entlang führt, der bei jedem Ort seinen Namen ändert, sind immer wieder Indiohütten und Felder zu sehen. Statt mit modernen Traktoren pflügen die Bauern häufig noch mit dem Ochsengespann. An den kleineren Bahnhöfen, etwa in Guamote, Palmira oder Alausí, ergötzt sich das Auge an einem Feuerwerk der Farben: Indios mit grünen, lila, roten, blauen, weißen und schwarzen Ponchos. Manchmal klettert einer aufs Zugdach, verkauft den Touristen Wasser, Kaugummi oder Snacks.

Ecuador ist ein armes Land – deshalb zögert Sergio Luna nicht eine Sekunde, als er einen alten Mann sieht, der am Streckenrand steht und winkt. „Er sammelt hier Heilkräuter, die er verkaufen will. Er muss nicht für die Mitfahrt bezahlen, denn als Eisenbahner haben wir auch eine soziale Verantwortung“, erläutert Sergio.

Der 41-Jährige, der in der Nähe von Guayaquil aufgewachsen ist, wurde bereits als Kind mit dem Eisenbahnervirus infiziert. „Mein Vater, mein Großvater, meine Onkel – alle waren sie Eisenbahner. Deshalb gibt es für mich nichts anderes. Ich mache diese Arbeit sehr, sehr gerne. Nicht wegen des Geldes, die Bezahlung ist sehr schlecht, ich verdiene nur 220 Dollar pro Monat. Aber die Arbeit macht mich froh.“

Spaß reicht nicht aus, um Sergios erwachsenen Kindern eine qualifizierte Ausbildung zu ermöglichen. „Meine Tochter will studieren, aber ich kann ihr nicht dabei helfen, ich verdiene zu wenig. Deshalb ist meine Frau vor vier Jahren ins Ausland gegangen. Sie lebt in Italien und schickt regelmäßig Geld“, sagt er.

Im Bahnhof von Palmira hält Sergio: „Wir müssen die Bremsen umstellen, denn von nun an geht es nur noch bergab.“ Die Strecke, die er mit dem Touristenzug zurücklegt, gehörte zur transandinischen Eisenbahn, die zwischen 1899 und 1908 von vorwiegend jamaikanischen Arbeitern erbaut wurde, und die die auf Meereshöhe liegende Hafenstadt Guayaquil mit dem 2850 Meter hohen Quito verbunden hat.

Heute ist diese Strecke zum Teil nicht mehr passierbar – die Zugfahrt endet deshalb kurz nach der spitz in den Himmel ragenden Teufelsnase in dem kleinen Geister-Bahnhof Sibambe. Vorher jedoch muss sich Sergio Luna noch einmal voll konzentrieren. Denn zwischen Alausí und Sibambe wird auf wenigen Kilometern ein Gefälle von rund 500 Metern zurückgelegt. Dabei wechselt der Zug in mehreren Spitzkehren die Fahrtrichtung.

Schaumkeile für den Hintern

Für die Touristen, die bereits mehrere Stunden – meist mit Schaumkeilen unter dem Hintern – auf dem harten Zugdach sitzen, ist das der Moment, auf den sie gewartet haben. Sie zücken die Fotoapparate. Heute haben sie Pech – die „Nariz del Diablo“, ein Felszinken oberhalb des Chanchán-Flusses, den alle nur die „Teufelsnase“ nennen, ist von Wolken verhangen.

Das Vergnügen an der abenteuerlichen Reise auf dem Zugdach ist dadurch nicht getrübt. Und auch, dass es auf der Gefällstrecke noch langsamer vorangeht als zwischen Riobamba und Alausí, stört die Fahrgäste keineswegs.

„Wir müssen nicht schnell fahren. Die Touristen haben es nicht eilig, sie wollen sich umschauen und fotografieren“, sagt unser Lokführer. Ob er, der jede Woche ausländische Besucher durch das ecuadorianische Hochland fährt, wohl auch schon einmal im Ausland gewesen ist? „Nein, nein, das kann ich mir doch gar nicht leisten. Ich wäre ja schon froh, wenn ich mein eigenes Land besser kennen würde.“

Wissenswertes: Ecuador liegt im Nordwesten Südamerikas und grenzt im Norden an Kolumbien, im Süden und Osten an Peru und im Westen an den Pazifischen Ozean. Die Galapagosinseln sind 1000 Kilometer westlich vom Festland entfernt. Der Äquator, der 15 Kilometer nördlich der Hauptstadt Quito verläuft, gab dem Land seinen Namen. In Ecuador leben 13 Millionen Menschen, darunter 13 indigene Völkerschaften, vor allem im Hochland und im Amazonasgebiet.

Gesundheit: Grundsätzlich empfehlenswert ist ein aktueller Schutz gegen Tetanus, Diphtherie, Polio und Hepatitis A und B.

Anreise: Iberia fliegt ab Wien sowie ab den wichtigsten deutschen Flughäfen täglich über Madrid (evtl. Zwischenübernachtung) nach Quito oder Guayaquil. Die beiden Städte werden im so genannten „Dreiecksflug“ angeboten, so können Ecuador-Reisende ihre Reise in Quito beginnen und ab Guayaquil wieder zurückfliegen. Information und Buchung unter www.iberia.de. Bei der Ausreise aus Ecuador werden 25 US-Dollar Flughafensteuer fällig.

Zugfahrt: Der Zug von Riobamba zur Teufelsnase fährt Mittwoch, Freitag und Sonntag. Die Fahrt kostet 12 US-Dollar und beginnt gegen 7 Uhr. Die Fahrkarten können am Nachmittag des Vortags am Bahnhof von Riobamba erstanden werden. Die Zugfahrt zur Teufelsnase ist Bestandteil zahlreicher Ecuadorrundreisen.

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