Wirtschaftskrise: Was sagen die Kirchen dazu?

KREMSMÜNSTER. Müssen sich die Kirchen angesichts der Krise neu mit den sozialen Fragen auseinandersetzen?
Ja, lautete die Antwort bei der Schlussdiskussion der gestern zu Ende gegangenen Ökumenischen Sommerakademie im Stift Kremsmünster. Denn das Ökumenische Sozialwort der christlichen Kirchen Österreichs, ein Meilenstein in der Kooperation der Konfessionen, wird heuer zehn Jahre alt.
„Vieles im Text ist hoch aktuell. Anderes hat sich seit 2003 verändert“, sagte der evangelische Bischof Michael Bünker. Er kündigte ab Herbst eine Neuauseinandersetzung mit dem Sozialwort an, das er als Beratung und Kritik für die Politik würdigte: „Ohne den erhobenen Zeigefinger: der Text ist auch Selbstverpflichtung der Kirchen.“
Ingeborg Gabriel, Professorin für christliche Gesellschaftslehre in Wien, forderte Widerstand gegen eine Ideologie, die Egoismus als „evolutionskonform“ und unabdingbar darstellt. Bei einer Ergänzung des Sozialworts müssten Themen wie Migration oder Europa stärker bedacht werden: Europa drifte aufgrund der Finanzkrise seit 2008 auseinander. Mit einer gemeinsamen EU-Sozialpolitik hätte man Probleme abfedern können.
Kirche muss sensibilisieren
Dass sich die moralische Sensibilität auf Finanzmärkten verflüchtige, diagnostizierte der römisch-katholische Bischof von Innsbruck Manfred Scheuer. Es fehle nicht an guten Absichten, aber die Konzentration auf Zahlen sei zu groß. Scheuer warnte aber angesichts der Vatikanbank-Affäre davor, dass sich die Kirche als schlechtes Gewissen der Wirtschaft geriere.
Die Kirchen müssten die Gesellschaft für mehr Menschlichkeit sensibilisieren – darin sah Arsenios Kardamakis, griechisch-orthodoxer Metropolit von Austria, eine Aufgabe in der Krise. (nie)