Dobusch: "Ich hätte gesagt: Lass den Blödsinn"

LINZ. Swap-Strafverfahren: Geschäfte mit unbegrenztem Risiko hätte er nie erlaubt, wenn er davon gewusst hätte, sagt der Linzer Ex-Bürgermeister Dobusch (SP) als Zeuge vor Gericht.
Nachlese: Liveticker vom zweiten Prozesstag
Ganz hat er den Ruhestand noch nicht verinnerlicht: "Ich bin der Chef von 6000 Mitarbeitern", sagt der Linzer Altbürgermeister Franz Dobusch (SP) gestern als Zeuge im Swap-Strafprozess am Linzer Landesgericht. Und als Führungskraft müsse er sich auf seine Mitarbeiter verlassen.
Das ging beim Swap 4175 gewaltig daneben. 500 Millionen Euro droht die Frankenzinswette die Stadt Linz zu kosten. Mit der Bawag abgeschlossen hat den Swap im Februar 2007 der damalige Linzer Finanzdirektor Werner Penn, der zuständige Finanzstadtrat war Johann Mayr (SP). Der Staatsanwalt wirft ihnen Untreue vor. Beide weisen den Vorwurf zurück.
Er sei überzeugt, dass weder Penn noch Mayr die Stadt schädigen wollten, nimmt Dobusch die beiden Angeklagten vor Gericht in Schutz. "Hier geht es auch nicht um Korruption, das sei einmal klargestellt." Das Gericht nimmt Dobuschs Klarstellung zur Kenntnis – wegen Korruption ist auch niemand angeklagt.
Es geht um Untreue. Und darum, ob Penn mit dem Abschluss des Swaps 4175 – einer Wette mit für Linz unbegrenztem Risiko – bewusst Schaden für die Stadt in Kauf genommen hat.
Staatsanwalt Reinhard Steiner will von Dobusch daher wissen: Wie hätte er reagiert, wenn ihm Penn im Februar 2007 gesagt hätte, er wolle ein Geschäft mit theoretisch grenzenlosem Risiko abschließen, von dem er aber annehme, dass es nicht schlagend werde. "Ich hätte gesagt: Lass den Blödsinn", antwortet Dobusch.
"Von der Bawag animiert"
Penn selbst rechtfertigte am Montag, wie berichtet, den Abschluss des Swaps 4175 damit, dass er das theoretisch unbegrenzte Risiko zwar erkannt, in der Praxis aber nicht damit gerechnet habe, dass es so schlimm kommen sollte, wie es letztlich kam.
Diese Einschätzung hätten 2007 und auch 2008 fast alle Bankanalysten geteilt. Darauf weist auch Dobusch gestern hin: "Penn ist ja nicht alleine zu dieser Einschätzung gekommen – er ist von der Bawag dazu animiert worden." Außerdem hätte "niemand, auch nicht Penn", den Swap abgeschlossen, wenn man gewusst hätte, dass ihn die Bawag bei Geschäftsabschluss im Februar 2007 mit 20 Millionen Euro zu Lasten der Stadt in ihren Büchern hatte. Das Geschäft sei ungültig, so Dobusch.
Der Ansicht von Mayrs Anwalt Josef Weixelbaum, wonach ein Finanzstadtrat nicht Vorgesetzter des Finanzdirektors ist, widerspricht Dobusch: Natürlich hätte ein Finanzstadtrat ein Geschäft mit unbegrenztem Risiko "verhindern können und müssen, wenn es ihm aufgefallen wäre." Allerdings hätten Mayr – und auch er selbst – erst im März 2010 Kenntnis von den "grauslichen Details" des Swaps erlangt. "Mayr war ganz aus dem Häusl, er war völlig schockiert", sagt Dobusch.
"Kein Hauptkontrollor"
Dass er selbst im September 2006 einen Rahmenvertrag unterzeichnet hat, der Penn den Abschluss von Finanzderivatgeschäften ermöglichte, erklärte Dobusch gestern erneut damit, dass das lediglich die Umsetzung des Gemeinderatsbeschlusses vom Jahr 2004 war. Dass er den Rahmenvertrag weder geprüft noch gelesen hat, liege daran, dass das nicht seine Aufgabe als Bürgermeister gewesen sei. "Es hat sich um allgemeine Geschäftsbedingungen gehandelt."
Als Bürgermeister müsse er davon ausgehen, dass derartige Dokumente von den zuständigen Beamten bereits geprüft worden seien. "Ich habe jährlich rund 45.000 Dokumente unterschrieben", sagt Dobusch. "Ein Bürgermeister kann nicht Hauptkontrollor sein."
Prozesszitate
"Dass da eine Wette gemacht wird, die als Zinsabsicherungsgeschäft verkauft wird – auf den Gedanken bin ich nicht gekommen“
Franz Dobusch, Linzer Ex-Bürgermeister (SP)
"Wir sind ja damals ja gescholten worden, dass wir so stockkonservativ gegenüber neuen Finanzgeschäften wären.“
Erich Watzl, der Ex-VP-Chef und Vizebürgermeister im Zeugenstand
"Wenn er mich ganz dringend gebraucht hätte, hätte er mich sicher erreicht.“
Christian Schmid, einstiger Stellvertreter Penns, wundert sich über dessen Angaben, wonach er (Schmid) im Februar 2007 für eine Unterschrift unter den Swap-Vertrag nicht greifbar gewesen wäre.
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