Nehammer und Kocher auf energiepolitischer Mission

WIEN/OSLO. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) reist am Dienstag zu einem zweitägigen Besuch nach Norwegen.
Im Fokus stehen dabei energiepolitische Themen: Am Dienstag besucht er ein Projekt zur CO2-Speicherung, am Mittwoch lädt er zu einem Gespräch mit Vertreterinnen und Vertretern der Energiewirtschaft und trifft seinen norwegischen Amtskollegen Jonas Gahr Støre, wie das Bundeskanzleramt im Vorfeld mitteilte. Begleitet wird Nehammer von Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP).
Auch wenn Österreich seinen Anteil an russischem Gas im Vergleich zu Februar 2022 - dem Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine - reduzieren konnte, machten die Einfuhren aus Russland im Juli 2023 nach wie vor zwei Drittel der österreichischen Gasimporte aus. Um die Abhängigkeit weiter zu reduzieren und dabei die Versorgungssicherheit hierzulande zu garantieren, setzt die Bundesregierung unter anderem auf Diversifizierung - und da kommt Norwegen, das über große Gas- und Ölressourcen verfügt, ins Spiel.
"Versorgung mit sicherer und leistbarer Energie sicherstellen"
"Österreich und Europa werden nur dann auch in Zukunft erfolgreich sein, wenn wir unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten und verbessern und die Versorgung mit sicherer und leistbarer Energie sicherstellen können", erklärte Nehammer im Hinblick auf seine Reise. "Norwegen leistet einen wichtigen Beitrag zur Gasversorgungssicherheit, der auch für Österreich von großer Bedeutung ist."
Im vergangenen Jahr löste Norwegen Russland bereits als größten Gaslieferanten der EU ab. Wie hoch konkret der Anteil an norwegischen Gas in Österreich ist, geht aus den Daten der E-Control und EU-Kommission nicht hervor. Aber die Position des skandinavischen Lands als wichtiger Gaslieferant dürfte weiter gestärkt werden.
Erst im Juli erteilten die norwegischen Behörden dem österreichische Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV die Genehmigung für die Entwicklung und den Betrieb des Gasfelds Berling in der Nordsee. Hinzu kommen noch fünf bereits laufende Projekt in Norwegen mit OMV-Beteiligung, wie das Unternehmen auf seiner Homepage darstellt.
CO2-Speicherprojekte als mögliche "Schlüsseltechnologie"
Erfahrungsberichte wollen Nehammer und Kocher in Sachen Klimaschutz sammeln. "Das Land hat sich zu einem weltweiten Vorreiter auf dem Gebiet der Carbon Capture-Technologie entwickelt", so der Wirtschaftsminister im Vorfeld. "Norwegen beweist, dass der Weg zur Energiewende und zur wirtschaftlichen Stabilität durch strategische Investitionen in erneuerbare Energien und verantwortungsvolle Ressourcennutzung möglich ist." Nehammer bezeichnete diese CO2-Speicherprojekte als mögliche "Schlüsseltechnologie", die man sich "als technologieoffenen Weg ganz genau ansehen" wolle.
Bei der CO2-Abscheidung und -Speicherung (Carbon Capture and Storage, CCS) wird CO2 in geologische Speicher gepumpt, zum Beispiel ehemalige Erdgas- oder Ölfelder. Die Technologie ist umstritten, etwa weil noch nicht klar ist, ob das CO2 auch langfristig eingeschlossen bleiben kann. Für Norwegen ist die kommerzielle CO2-Speicherung ein wichtiger Schritt zur Erreichung der Pariser Klimaziele, auch EU-Staaten wie Dänemark investieren bereits kräftig in diese Technologie.
In Österreich ist die geologische CO2-Speicherung derzeit noch verboten, zuletzt stellte jedoch von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), der in seiner Funktion auch für Bergbau zuständig ist, ein Ende dieses Verbots noch im Herbst in Aussicht. Voraussetzung ist allerdings, dass das Parlament mit Zweidrittelmehrheit zustimmt. Der grüne Koalitionspartner steht dem Vorhaben skeptisch gegenüber.