Scholz dämpft Erwartungen auf baldigen NATO-Betritt der Ukraine

TALLINN.Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat eineinhalb Monate vor dem NATO-Gipfel im litauischen Vilnius die Erwartungen auf einen baldigen Beitritt der Ukraine zu dem Verteidigungsbündnis gedämpft.
Bei dem Gipfel werde es "vor allem darum gehen, die konkrete Unterstützung für die Ukraine in dieser Situation zu organisieren", sagte Scholz nach einem Treffen mit Vertretern der baltischen Staaten am Freitag in Tallinn. Die Frage, "um die es jetzt geht", sei, "wie wir die Kooperation in der konkreten Situation des russischen Angriffs auf die Ukraine verbessern können und wie wir klarmachen können, das wir diese Unterstützung so lange aufrechterhalten werden, wie das notwendig ist", erläuterte Scholz.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte am Mittwoch erklärt, die Mitgliedsländer seien in der Frage des Beitritts der Ukraine gespalten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zum NATO-Gipfel am 11. und 12. Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius eingeladen.
Scholz bekräftigte nach seinem Treffen mit Estlands Ministerpräsidentin Kaja Kallas, Litauens Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte und Lettlands Regierungschef Krisjanis Karins das deutsche Engagement im Baltikum. Deutschland richte die Bundeswehr "konsequent auf die Verteidigung Zentral- und Nordosteuropas aus", sagte der Bundeskanzler. Die Sicherheitslage im Baltikum an der Ostflanke der NATO bleibe "heikel", fügte er hinzu.
Scholz versicherte, dass die Ukraine gelieferte deutsche Waffen nicht auf russischem Boden einsetzt. "Russland hat die Ukraine angegriffen, und deshalb kann die Ukraine sich auch verteidigen", sagte er. "Und gleichzeitig ist klar, dass die Waffen, die wir geliefert haben, nur auf ukrainischem Territorium eingesetzt werden."
Er verwies auf eine ähnliche Aussage von US-Präsident Joe Biden hinsichtlich US-Waffen in der "New York Times". "Und die gilt auch unverändert", so Scholz. Der Kanzler hatte Anfang des Jahres bereits über einen "Konsens" mit Selenskyj gesprochen, dass deutsche Waffen nicht für Angriffe auf russisches Gebiet genutzt werden.
Biden hatte bereits im Mai 2022 in einem Gastbeitrag für die "New York Times" festgehalten, dass man es der Ukraine nicht ermögliche, außerhalb ihrer Grenzen zuzuschlagen. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrat der USA, John Kirby, sagte am Donnerstag dem Sender CNN: "Wir haben den Ukrainern klargemacht, dass wir nicht wollen, dass in den USA hergestellte, von den USA zur Verfügung gestellte Ausrüstung auf russischem Boden genutzt wird, um Russland anzugreifen."