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Karel Schwarzenberg, ein überzeugter Europäer

Von nachrichten.at/apa, 12. November 2023, 09:47 Uhr
Karel Schwarzenberg, ein Europäer aus Überzeugung Bild: APA/AFP/MICHAL CIZEK

PRAG. Erst kürzlich ist der frühere tschechische Außenminister Karel Schwarzenberg, der im Alter von 85 Jahren gestorben ist, mit dem höchsten Staatsorden, dem Orden des Weißen Löwen, ausgezeichnet worden.

Es war am 28. Oktober, als Tschechien seinen wichtigsten Staatsfeiertag - den Jahrestag der Gründung der Tschechoslowakei 1918 - feierte. Aus gesundheitlichen Gründen kam er aber nicht persönlich zur Zeremonie auf die Prager Burg.

Stattdessen übernahm sein Sohn den Orden von Staatspräsident Petr Pavel. Einige Tage später kam die Nachricht, dass Schwarzenberg in ein Wiener Krankenhaus geflogen wurde. Laut der Tageszeitung "Blesk" war dies wegen Herz- und Nierenproblemen. Schwarzenberg kommentierte es gelassen und freute sich, dass er seine in Österreich lebende Kinder und Enkelkinder werde sehen können. Am Sonntag früh war schon alles anders, als sein Parteikollege Miroslav Kalousek auf X (früher Twitter) mitteilte, dass Schwarzenberg gestorben ist.

Bedeutendste Figur der tschechischen Politik

Jahrelang gehörte der Nachkomme der berühmten Adelsfamilie, zu den bedeutendsten Figuren der tschechischen politischen Szene. Hierzulande war er auch wegen seiner pointierten Aussagen bekannt. Erst 2021 verabschiedete er sich als ältester Abgeordneter im Parlament in Prag in die Politpension.

  • ZIB: Karel Schwarzenberg ist tot

Geboren wurde Schwarzenberg am 10. Dezember 1937 in Prag. Ein symbolisches Datum, wie er selbst immer wieder betonte, ist dies doch der Tag der Menschenrechte. "Und so ist es vielleicht symbolisch, dass ich in diesem Bereich lange gearbeitet habe", sagte er. Seine Kindheit verbrachte er in Prag, auf der Burg Orlik sowie in Cimelice in Böhmen. Nach der Machtübernahme der Kommunisten in der Tschechoslowakei 1948 musste er seine Heimat verlassen.

Nach der Flucht studierte er in Wien Rechtswissenschaften und in München Forstwirtschaft. Aufgrund des vorzeitigen Todes seines Adoptivvaters Heinrich Schwarzenberg musste er das Studium abbrechen und den Familienbesitz in Österreich und Bayern verwalten. Onkel Heinrich, Oberhaupt der Erblinie, hatte keinen männlichen Nachfolger. Nach dem Fall des Kommunismus 1989 kehrte Schwarzenberg in die damalige Tschechoslowakei zurück und war jahrelang als Chef der Präsidentschaftskanzlei von Václav Havel tätig.

Überzeugter Europäer

Schwarzenberg war ein überzeugter Europäer und setzte sich immer dafür ein, dass Tschechien dem "harten Kern" der EU angehört. "Einen anderen Weg betrachte ich wirklich für unvorteilhaft und für gefährlich für die Tschechische Republik", warnte er seinerzeit. Er glaube nicht an den nationalen Charakter. "Ich kenne Österreicher, Bayern, Polen und kann sagen, dass wir zusammen so eine mitteleuropäische Mischung sind", sagte Schwarzenberg einst.

In Tschechien, wo er oft nur "Fürst" genannt wurde, sorgte Schwarzenberg für Aufmerksamkeit mit seinem noblen Auftreten, meist Pfeife rauchend, eine Fliege um den Hals. Eine rot-blaue Fliege wurde auch zum Logo seiner Partei TOP 09. Für Schmunzeln und Häme sorgten auch seine Nickerchen bei Konferenzen und Sitzungen. "Der Herr Außenminister schläft nicht. Er denkt nur nach", sagte einst seine frühere Sprecherin in Reaktion auf ein Foto des schlummernden Schwarzenberg, das eine Firma ohne sein Wissen als Werbung für ihren Energydrink verwendet hatte.

Anderseits konnte Schwarzenberg auch sehr direkt zu sein, indem er manchmal umgangssprachliche Ausdrücke oder sogar Schimpfwörter verwendet. Opfer dieser Offenheit wurden auch österreichische Atomgegner, die er mit dem tschechischen Ausdruck "magor" bedachte, das mit "kompletter Narr", "Trottel" oder "Spinner" übersetzt werden kann.

Als Außenminister verglich er die Arbeit der Diplomaten mit jener von Prostituierten. "Wir Diplomaten sind da in vielen Dingen wie die leichten Mädchen: auch sie arbeiten abends und an den Wochenenden und können sich ihre Partner nicht aussuchen", sagte Schwarzenberg 2008 im Interview für die tschechische Tageszeitung "Pravo" in Antwort auf die Frage, ob er bei einem möglichen Besuch im Kosovo dem damaligen Premier Hashim Thaci die Hand reichen würde, obwohl diesem die Beteiligung an Verbrechen im ehemaligen Jugoslawien vorgeworfen wurde.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine zog Schwarzenberg Parallelen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Adolf Hitler. "Die Argumentation ist dieselbe, wie weiland die 'unseres Führers' gegenüber Österreich: 'Das ist keine selbstständige Nation, das ist ein Teil unserer Nation, sie haben kein Recht, eine selbstständige Politik zu machen'", so Schwarzenberg in einem APA-Interview.

Weitere politische Höhepunkte

Der Höhepunkt seiner politischen Karriere war die Präsidentschaftskandidatur 2013. Der damals 75-Jährige Schwarzenberg zog überraschend in die Stichwahl ein. Vor allem in der liberalen tschechischen Hauptstadt Prag war seine Popularität so groß, dass ihn manche schon auf der Prager Burg sahen. Schließlich unterlag er in der zweiten Wahlrunde mit 45,2 Prozent zu 54,8 Prozent gegenüber seinem Konkurrenten Miloš Zeman.

Ein gelungenes Stück schaffte Schwarzenberg auch, als er 2009 die liberal-konservative Partei TOP 09 mitgegründet hatte. Unter Schwarzenbergs Führung übernahm die TOP 09 viele Wähler der damals in eine Krise geratenen konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) und wurde zur stärksten Mitte-Rechts-Partei im Lande. Obwohl Schwarzenberg in den letzten Jahren schon "nur" Ehrenvorsitzender der TOP 09 war, hat die Partei mittlerweile an Popularität eingebüßt und ist im Abgeordnetenhaus nur dank des Wahlbündnisses "Spolu" ("Gemeinsam") mit der ODS und der Volkspartei vertreten.

Ein steter Kritiker der österreichischen Politik

Kein Blatt vor den Mund nahm sich Schwarzenberg stets auch in Bezug auf die österreichische Politik. In einem Interview anlässlich seines Geburtstags mit der "Kleinen Zeitung" kritisierte er die Veto-Drohung gegen die Schengen-Aufnahme von Rumänien und Bulgarien. "Österreich missachtet seine geschichtliche Aufgabe, sich dieser Länder anzunehmen", sagte er. Kritik übte Schwarzberg auch an der ÖVP und dem früheren Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). "Wir zahlen den hohen Preis für Sebastian", sagte er, der sich selbst einen "alten Schwarzen" nennt. "Die ganze Partei ist ihm anheimgefallen. Ein Schwindler. Das war er von Anfang an. Was er gesagt und was er getan hat, war ein einziger Widerspruch. Denken Sie nur an die Migrationspolitik!"

In der letzten Zeit lebte Schwarzenberg zurückgezogen, auch wegen gesundheitlicher Probleme. Zu den Hörproblemen kamen auch Geh-Schwierigkeiten, sodass er keine Freude mehr an Spaziergängen im Wald habe, wie er gegenüber der "Kleinen Zeitung" meinte. "Ich staune jeden Tag, wenn ich noch aufwache (...) Ich freue mich, wenn ich meine Enkelkinder sehe. Sonst habe ich keine Erwartungen", so Schwarzenberg.

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2  Kommentare
2  Kommentare
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lester (11.645 Kommentare)
am 13.11.2023 08:22

Ein großherziger Unterstützer der Charta 77, ein großer Österreicher und vor allen ein großer Tscheche.

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LASimon (13.813 Kommentare)
am 12.11.2023 10:52

Hauptgrund seiner Wahlniederlage 2013 war eine üble nationalistische Polemik seines Konkurrenten Zeman, der sich nicht scheute, Schwarzenberg wegen dessen Gattin aus altem österreichischen Adel zu diskreditieren.

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