Der starke Franken überschattet den Wahlkampf

BERN. Die Sorgen wegen des starken Frankens drücken auf die Gemüter der Schweizer Wahlkämpfer. Bei den Wahlen in drei Wochen dürfte sich wenig an der Machtverteilung ändern.
Selbst die Schweizerische Volkspartei (SVP), die zuletzt mit 29 Prozent Stimmenanteil stärkste und dank Förderung durch den Milliardär und Parteipionier Christoph Blocher reichste Partei, hat auf aggressive Auftritte verzichtet. Die SVP muss erstmals bei den Nationalratswahlen mit leichten Verlusten (ein Prozentpunkt) rechnen.
Die Konzentration der Wählersorgen auf die Auswirkungen des um fast 50 Prozent aufgewerteten Franken auf den für die Schweizer Wirtschaft lebenswichtigen Export und den Tourismus haben das Hauptthema der SVP, den mit 22 Prozent sehr hohen Ausländeranteil, etwas aus dem Blickfeld gerückt. Überdies dürfte die SVP mit einer neuen „Ausschaffungs“- (Abschiebungs-)Initiative gegen kriminelle Ausländer etwas überzogen haben. Darin wird auch ein Ausstieg aus dem Freizügigkeitsabkommen mit der EU gefordert.
Profitieren dürften davon, wie der Berner Politologe Claude Longchamp vor österreichischen Journalisten sagte, die Sozialdemokraten (SP). Die SP, die sich selbst anders als die deutschen oder die britischen Genossen als wirklich links bezeichnet, hatte bisher als klare Befürworterin eines EU-Beitritts wegen der steigenden Anti-EU-Stimmung Verluste hinnehmen müssen. Jetzt profitieren die Sozialdemokraten von den Wirtschaftsängsten der Bürger. Die Grünen können mit an die zehn Prozent der Stimmen rechnen. Eine grüne Abspaltung, die Grün-Liberalen, dürfte mit ihrem wirtschaftsfreundlichen Öko-Kurs auf vier bis fünf Prozent kommen.
Düster sieht es für die einst starken Mitteparteien FDP (Freisinnig-Liberale) und CVP (Christlichdemokratische) aus. Sie würden nur knapp 16 beziehungsweise 14 Prozent erreichen. Mit einem Ergebnis von drei Prozent für ihre Bürgerlich-Demokratische Partei dürfte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, die sich von der SVP abgespalten hat, ihren Regierungssitz nicht halten können. Ihre Chance wäre eine Wahl durch die Mitte-links-Parteien. Widmer-Schlumpf gilt als kompetent und ist im Volk sehr beliebt.
In der Schweiz wird der Bundesrat, wie dort die Bundesregierung heißt, nach dem Konkordanzsystem bestellt. Die vier größten Parteien sind im siebenköpfigen Bundesrat vertreten, die drei stärksten mit je zwei und die vierte mit einem Sitz. Diese „Zauberformel“ wurde gebrochen, als Ende 2007 eine Mitte-links-Koalition Christoph Blocher ab- und statt ihm Widmer-Schlumpf gewählt hatte. Seitdem gilt diese in der SVP als Persona non grata.