Ackerbau wird vom Weltall aus optimiert
WIEN. Beim ersten Gedanken mögen Landwirtschaft, Klimaerwärmung samt einhergehenden Wetterextremen und Weltraum wenig miteinander zu tun haben. Doch die Digitalisierung ändert vieles - so steigt auch die Bedeutung der Weltraumtechnik für die Agrarier und deren Versicherer.
"Die Satellitenbeobachtung ist ein Werkzeug, das die Schadenserhebung der Versicherungswirtschaft revolutionieren wird", sagte der Chef der Hagelversicherung, Kurt Weinberger, bei einem Lokalaugenschein bei der Europäischen Raumfahrtagentur ESA in Frascati bei Rom. Die Hagelversicherung kooperiert mit der ESA, um aus den unendlichen Weiten die endlichen Ackerflächen in ihrem Geschäftsgebiet in Mitteleuropa besser zu managen.
Dadurch kann der Versicherer seinen Kunden ein modernes und in Österreich einzigartiges, satellitengestütztes Instrument für das Monitoring ihrer Agrarflächen - und gegebenenfalls zur eigenen Schadenserhebung - zur Verfügung stellen, freuten sich Weinberger und der ESA-Direktor Josef Aschbacher vor heimischen Journalisten.
"Dass die Hagelversicherung die Nutzung der Satellitendaten zur routinemäßigen Nutzung eingebaut hat, ist einzigartig, weitsichtig und zukunftsorientiert", sagte der ESA-Direktor für Erdbeobachtung. "Satellitendaten, die erzeugt werden, können in der Gesellschaft und in der Wirtschaft Eingang finden. Die Kooperation mit der Hagelversicherung ist ein Modellfall, wie wir uns eine Zusammenarbeit wünschen, sagte Aschbacher. Der Tiroler zeichnet für das größte ESA-Teilbudget in der Höhe von 1,46 Mrd. Euro verantwortlich. Das sind 26 Prozent des gesamten ESA-Budgets in Höhe von 5,6 Mrd. Euro.
"Wenn halb Österreich von Schäden betroffen ist, dann geht das nicht mehr mit Sachverständigen. So kann man kostensparend agieren", sagte Weinberger. Der Chef der Hagelversicherung erklärte aber auch, dass die Satellitendaten nicht nur zur Schadenserhebung wichtig sind, sondern auch, um Erntemengen zu prognostizieren und Vegetationsindizes zu erstellen. Die Satellitendaten seien auf mehreren Ebenen von unschätzbarem Wert. "Das wird in den kommenden zehn, fünfzehn Jahren der Maßstab für die Schadenserhebung." Es handle sich auch um ein Werkzeug für eine Einkommensstabilisierung in der Landwirtschaft: "Wie schaut der Gesundheitszustand meiner Pflanzen aus? Gibt es Wassermangel, Pilzbefall? Muss gedüngt werden?"
Anekdotisch erklärte Weinberger, dass etwa im Vorjahr aus Rumänien - wo die Versicherung auch tätig ist -, von einem Makler das Abbrennen von 50 Hektar Ackerfläche gemeldet worden sei. "Wir haben in den Satellitendaten nachgeschaut - tatsächlich waren es acht Hektar, die abbrannten. Das muss nicht Betrug sein, dass kann auch einmal nicht ganz genau gesehen werden - aber wir brauchen nicht hinzufahren und selbst nachzuschauen, sondern erledigen das in ein paar Minuten.
Alle drei Tage wird die Erde komplett gescannt, damit auch jedes Feld in Österreich. Das geschieht mit Satelliten der Sentinel-Familie. Sieben touren derzeit um den Erdball. Generell liefern die Satelliten wichtige Erkenntnisse für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft, humanitäre Hilfe und sicherheitsrelevante Themen. Die Daten sind generell gratis. Jeder kann auf der ESA-Internetseite auf sie zugreifen. Die Bauern, die bei der Hagelversicherung sind, können das auch über die Homepage des Versicherers. Die von der Hagelversicherung aufbereiteten Satellitendaten ermöglichen dem Bauer, den Pflanzenwuchs über die gesamte Vegetationsperiode zu beobachten. Anhand der Einfärbung von grün bis braun ist der Grad des Pflanzenwachstums ersichtlich. Je grüner, desto mehr wächst.
In einem Diagramm wird der zeitliche Verlauf des Pflanzenwachstums an einer frei wählbaren Stelle dargestellt, sodass die gesamte Vegetationsperiode an verschiedenen Stellen verglichen werden kann. In Folge können gezielt Maßnahmen gesetzt werden, hinsichtlich der Optimierung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln, Bewässerung etc. So soll der wirtschaftliche Erfolg des Landwirtes gesteigert werden. Die Anwendungsmöglichkeiten sollen noch erweitert werden.
Nützliche Anwendung der Daten und wieder eine Weitsicht von Kurt Weinberger. Gratulation! Zudem ein Österreicher Chef der Satelliten, finde ich spitze. Wir haben geniale Leute hier, die müssen auch gepusht werden.