83 Tote: Schwerstes Luftfahrtunglück Österreichs jährt sich zum 60. Mal
INNSBRUCK. Die britische Passagiermaschine "Britannia 312" verunglückte am 29. Februar 1964 am Berg Glungezer nahe Hall in Tirol. Alle 83 Insassen kamen ums Leben.
Eine Untersuchung ergab, dass ein Fehler des Piloten zu dem Unfall geführt hatte. Zum Gedenken findet am Glungezer ein Gottesdienst statt. Es war um 15.18 Uhr, als sich die "Britannia" zum letzten Mal beim Innsbrucker Flughafen gemeldet hatte. Danach verschwand das viermotorige Flugzeug der British Eagle International Airlines mit der Flugnummer 802/6. Wie sich erst am nächsten Tag herausstellen sollte, war die Maschine am 2677 Meter hohen Glungezer oberhalb der Gemeinde Tulfes zerschellt und dann von einer Lawine verschüttet worden. 75 Passagiere und acht Besatzungsmitglieder starben im weißen Nichts.
Piloten reagierten nicht mehr auf Anfragen der Flugsicherung
Das im Jahr 1958 erbaute Flugzeug hätte eigentlich um kurz nach 15 Uhr am für seine schwierigen Bedingungen bekannten Alpenflughafen in Innsbruck landen sollen. Beim Landeanflug meldete sich der erfahrene, 40-jährige Pilot. Er gab an, dass er aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse nicht durch die Wolken stoßen könne und deshalb vorerst im Raum Patscherkofel fliegen werde. Wenige Minuten später riss der Funkkontakt ab. Die Piloten reagierten nicht mehr auf die Anfragen der Flugsicherung.
Während zunächst noch Hoffnung bestanden hatte, dass das Flugzeug außerhalb der Schlechtwetterzone gelandet sein könnte, wurde im Verlauf des Nachmittages die Möglichkeit eines Absturzes immer wahrscheinlicher. "Alpingendarmen, Bergrettungsmänner und Bundesheersoldaten" machten sich zur Suche in alpines Gelände auf, hieß es in damaligen Medienberichten.
Schwierige Bedingungen für Suchaktion
Die Suchaktion gestaltete sich aber äußerst schwierig, da niemand wusste, wo sich das Flugzeug zuletzt befunden hatte. Wie spätere Untersuchungen ergaben, prallte die "Britannia" um 15.14 Uhr in 2601 Metern Höhe östlich der Gamslahnerspitze gegen den Glungezer und zerschellte. Zu dem Zeitpunkt gab es in dem Bereich dichte Wolken und starkes Schneetreiben. Das Unglück löste eine gewaltige Schneelawine aus. Sie riss einen Großteil der Flugzeugtrümmer und der Leichen 400 Meter in die Tiefe und begrub sie unter sich.
Nachdem am darauffolgenden Tag noch immer schlechtes Wetter geherrscht hatte und keine Suchflüge von Innsbruck aus möglich waren, machten sich zwei mit Radar ausgestattete Aufklärungsflugzeuge der US Air Force von Schottland aus auf die Suche. Gegen 11.30 Uhr wurde das Wrack der Unglücksmaschine geortet. Die Schneedecke war mit Kerosin überdeckt. Nur vereinzelt waren Leichen und Maschinentrümmer zu sehen. Eine Bergungsaktion wurde umgehend eingeleitet. Die Retter mussten feststellen, dass keiner die Katastrophe überlebt hatte. Es dauerte mehrere Wochen, bis alle Leichen geborgen und identifiziert werden konnten.
Pilot entgegen der Vorschriften gehandelt
Ein technisches Gebrechen wurde als Unfallursache ausgeschlossen. Der Pilot hatte offenbar entgegen der Vorschriften versucht, unter die Wolken zu gelangen, um am 15 Kilometer entfernten Flughafen in Innsbruck landen zu können. Dabei prallte er aufgrund einer zu niedrigen Flughöhe und infolge mangelnder Sicht gegen die steile Ostflanke des Glungezer. Es wurde auch angenommen, dass sich der Pilot am niedrigeren Patscherkofel orientiert und die Höhe des Glungezers falsch eingeschätzt hatte.
Am Innsbrucker Flughafen wurde nicht zuletzt auf Grund des Unglücks nach Angaben der Austro Control ab 1976 ein so genanntes Instrumenten-Anflugverfahren bzw. Wolkendurchstoß-Verfahren eingesetzt. Es ermöglicht einen sicheren Anflug durch eine Wolkendecke. Zahlreiche weitere technische Verbesserungen und Neuerungen - etwa bei den Pistenbefeuerungen oder eine Radarüberwachung - folgten. Erst 15 Jahre nach der Flugzeug-Katastrophe wurde der Flughafen wieder regulär von größeren Linien-Maschinen angeflogen.
Zum 60. Jahrestag wird der Katastrophe in einem "Gedenkaufstieg" zum Gipfelkreuz des Schartenkogels am Glungezer gedacht. Unter Beteiligung unter anderem des Britischen Konsulats, Alpenvereins, der Bergrettungen Hall und Innsbruck und der Alpinpolizei wird für die Opfer und die damaligen Retter, die sich vom Voldertal aus zu Fuß zur Unglücksstelle aufgemacht hatten, ein Gedenkgottesdienst gefeiert.