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"Ohne Krippe gibt es kein Weihnachten"
Der Steyrer Karl Hennerbichler (81) ist Obmann des Landesverbands der Oberösterreichischen Krippenfreunde.OÖN: Wie sind Sie denn zum Krippenbauen gekommen? Karl Hennerbichler: Zu den Krippen bin ich gekommen als sechs- oder siebenjähriger Bub. Aufgewachsen bin ich im von den Russen besetzten Waldviertel, meine ersten Krippen waren aus Papier. Nach der Kriegszeit hat es ja nicht viel gegeben. Als Baustoff für den Stall dienten Zündholzschachteln und Mehlpapp als Kleber, außerdem Wasserfarben. Richtig zum Krippenbauen angefangen habe ich nach meiner Pensionierung 2000. Gemeinsam mit einem befreundeten Krippenbauer habe ich dann den Krippenverein Steyr gegründet. Die Krippe hat ja auch die Funktion des Bilderbuchs, oder?Ja, besonders für die Kinder, deshalb sind seinerzeit auch die sogenannten Guckkastenkrippen entstanden. Die ist zuerst gefaltet, zieht man sie in die Länge, hat man eine richtige Bühnendarstellung einer Krippe. Sie haben die Bühne des Vereinslebens betreten und sind seit 2011 Landesvorsitzender der OÖ Krippenfreunde, nicht wahr?Ja, den Landesverband haben wir seither ausgebaut, eine Krippenzeitung herausgegeben und Leute dazugewonnen. Zurzeit haben wir in 14 Ortsvereinen 1055 Mitglieder. Mit dem Nachwuchs schaut es leider nicht so gut aus, wir sind eher ein Seniorenverein, trotz Krippenbau-Aktionen in Schulen und in den Ferien. Der älteste Krippenbauverein sind die Welser Krippenfreunde. Davon ging die Gründung des Landesverbandes aus. Später ist dann der Bundesverband gegründet worden. Ein Haushalt ohne Krippe ist vorstellbar, aber …… in keinem Haushalt sollte eine Krippe fehlen. Meines Erachtens gibt es ohne Krippe kein Weihnachten. Wobei in manchen Haushalten die Krippe schon mehr zur Dekoration verkommen ist, oder?Das wird von uns grundsätzlich abgelehnt. Wir interpretieren den eigenen, ursprünglichen Sinn der Krippe, nämlich die Geburt Christi darzustellen, ohne sie zu einem banalen Schauobjekt zu machen. Welche Rolle spielen eigentlich die Tiere in der Krippe, insbesondere Ochs und Esel?Im Buch Jesaja Kap. 1,3 heißt es: "Ein Ochs kennt seinen Herrn und ein Esel die Krippe seines Herrn." Andererseits sollen die beiden Tiere Symbole für das vorherrschende Altertum sein, in dem der Ochs das Judentum und der Esel das Heidentum repräsentiert. Und wie kam es, dass man heute viel mehr Heimatkrippen baut als orientalische?Ja, früher hat man primär orientalische Krippen gebaut, weil ja auch das Geschehen aus dem Orient kommt. Wir aber sind ein Alpenvolk und deshalb ist durch die Schnitzer und Krippenbauer auch eine alpenländische Krippe zustande gekommen. Die einzelnen Ortsorganisationen der Krippenbauer, insbesondere in Oberösterreich, bauen grundsätzlich nur heimatliche Krippen im Stil des Alpenvorlandes. Die Goiserer Krippenfreunde bauen sogar alte Häuser nach, die nicht mehr existieren, und setzen sie in Krippen hinein.Wie viele Krippen haben Sie schon gebaut?Fünfzig bis sechzig. Mein neuestes Hobby ist das Einkleiden der Krippenfiguren.Welche Figur in der Krippe halten Sie für die wichtigste neben dem Jesukind?Die Lieblingsfigur ist das Jesukind in der Krippe, und als Figurengruppe die Heilige Familie mit Maria und Josef. Was symbolisiert die Krippe auf der Gefühlsebene, welche Sehnsucht bedient sie?Einkehr, Friede und Liebe zu sich und andern.Was gehört außer den Figuren zu einer anständigen Krippe?Zusätzlich gehören Objekte hinein wie ein Brunnen, ein Bach, Teich oder Fluss, dazu eine Brücke, ein Steg. Das Wasser ist das christliche Symbol für neues Leben. Ebenso gehört ein Zaun dazu als symbolische Abgrenzung zum Garten Eden.Was hat Sie zuletzt gefreut?Im November die Aufnahme des Krippenbrauchtums ins Nationale Verzeichnis der Österreichischen Unesco-Kommission für das immaterielle Kulturerbe.
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