Axl Rose und AC/DC überzeugten bei Wien-Auftritt
WIEN. "Rock Or Bust" heißt das aktuelle Album von AC/DC. Das Motto passt perfekt: Statt nach Rückschlägen zu zerbrechen, hat die Gruppe am Donnerstagabend im Wiener Ernst-Happel-Stadion Hochspannungs-Rock 'n' Roll gebracht.
Der im Vorfeld umstrittene Gastsänger Axl Rose erwies sich als perfekte Wahl. Er sang nicht nur toll, sondern sogar so, als wäre er schon immer Mitglied von AC/DC.
Die Ankündigung, den als "Problemkind" geltenden Schreihals von Guns N' Roses zu engagieren, hat die Fans in Österreich nicht wirklich verschreckt. AC/DC gaben ihrem Publikum zwar die Möglichkeit, bereits gekaufte Tickets zu retournieren. Und es wurden auch hierzulande "schon ein paar" Karten zurückgegeben, wie ein Sprecher des Veranstalters sagte, ohne genaue Zahlen zu nennen. Aber "gute 50.000" haben gestern den Weg in das "fast volle" Prateroval gefunden. Diese feierten ihre Helden dann auch lautstark und permanent. Die Stimmung brodelte.
Zu Beginn schlug ein Komet auf der Videowall ein, das Riff von "Rock Or Bust" ertönte, Gitarrist Angus Young, der Letztverbliebene von der Originalbesetzung, watschelte in grüner Schuluniform auf die Bühne, ein grell aufzuckendes Licht, da stand Axl Rose in Lederjacke und mit breitem Hut vor dem vielleicht noch etwas skeptischen Publikum. An diesem Abend durfte der Sänger nach seiner Fußoperation erstmals während dieser Tournee den Großteil des Konzertes stehend und gehend absolvieren. Viel wichtiger: Die Stimme passte. Spätestens bei "Hell Ain't A Bad Place To Be" und "Back In Black" (Ansage: "Jeder kennt diesen Song!") hatte Rose die Masse auf seiner Seite. "Thunderstruck" und "High Voltage" waren die ersten Höhepunkt, es donnerte gewaltig, das Stadion machte den Chor.
AC/DC ließen weder sich noch den Fans Zeit zum Verschnaufen. Der "Rock 'n' Roll Train" fuhr mehr als zwei Stunden Hochgeschwindigkeit, es war laut und frontal, der Sound trotz der örtlichen Verhältnisse extrem stark. Rose meisterte jedes Stück, zur Topform lief er bei frühen, noch mit Ursänger Bon Scott komponierten Liedern wie "If You Want Blood (You've Got It)" oder "Sin City" auf. Auf sein typisches Guns N' Roses Gehabe verzichtete der Amerikaner und ordnete sich der Band unter. Da hat sowieso Young das Sagen: Wie ein Leprechaun fegte er - seine Gitarre zwischendurch auch mal mit Krawatte oder am Boden kugelnd bearbeitend - über die Bühne mit den obligatorischen Satanshörnern. Egal, wer in AC/DC mitwirkt, Angus ist das Herz, er macht die Show, treibt an, hält alles zusammen. Darum durfte er vor den Zugaben bei "Let There Be Rock" mehr als zehn Minuten solieren.
Der Weg zum Showdown mit Kanonendonner ("For Those About To Rock (We Salute You)") und Ovations führte über den "Highway To Hell". Rose kam dazu im klassischen Gunners-Outfit (rotes Tuch über der Stirn, weiße Jacke, "Rockerl" über der Hose) aus der kurzen Pause. Nur selten gönnte er sich übrigens eine Rast auf seinem Sessel, viel lieber gab er seiner Stimme zu "Hells Bells" (mit Glocke) oder "Whole Lotta Rosie" (mit der obszönen Rosie als Aufblaspuppe) stehend Druck. Zum Schluss legte er sogar einen kurzen Sprint hin -mit Herrn Rose ist in jeder Hinsicht wieder zu rechnen. Die Synthese Axl/DC erwies sich als voller Erfolg.
Der Rock 'n' Roll-Lebenswandel hat bei AC/DC Tribute gefordert. Scott verstarb 1980 im Rausch. Nachfolger Brian Johnson hatte unlängst wegen eines drohenden Gehörverlustes w.o. gegeben. Der langjährige und besteAC/DC-Drummer Phil Rudd blieb zu Hause, weil er mit dem Gesetz in Konflikt kam. Rhythmusgitarrist Malcolm Young, lange das Rückgrat, haben gleich mehrere schwere gesundheitliche Beschwerden zum Aufgeben gezwungen. "AC/DC sind zur hochkarätigen AC/DC-Coverband mutiert", unkte man im Vorfeld der Tournee. Wen juckt das, wenn der perfekt eingespielte und mit Hingabe musizierende Rockdinosaurier trotz allem die junge Konkurrenz in Grund und Boden spielt?