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Von Underdogs und Bären

Von Ludwig Heinrich, 12. Mai 2018, 00:04 Uhr
Von Underdogs und Bären
In „Isle of Dogs“ reist der zwölfjährige Atari seinem Hund nach, denn als in Megasaki City das „Schnauzenfieber“ ausbricht, werden per Regierungsbescheid alle Hunde verbannt. Bild: Centfox

Wes Andersons Animationsfilm "Isle of Dogs – Ataris Reise" hat die diesjährige Berlinale eröffnet und wurde mit einem Silbernen Bären für die beste Regie bedacht. Der Film läuft jetzt in unseren Kinos.

Die Geschichte spielt zwanzig Jahre in der Zukunft. In der Großstadt Megasaki City herrscht der korrupte und populistische Bürgermeister Kobayashi. Für den Katzenfreund gelten Hunde als Plage. Eines Tages bricht unter den Hunden angeblich eine Art Epidemie aus, das geheimnisvolle "Schnauzenfieber": Ständiges Niesen, Felle verzotteln, der Blick wird getrübt, die Pfoten sind ganz lahm. Und das alles, lässt der Bürgermeister kolportieren, sei für Menschen höchst ansteckend. Also nützt Kobayashi die Gelegenheit, die verhassten Köter loszuwerden. Er verbannt sie auf eine riesige Mülldeponie, auf der auch eine riesige Versuchsanlage für Experimente installiert ist. Das bedeutet: endloses Elend für die Hunde. Der Bürgermeister hat nur einen Fehler gemacht: Spots, der vielgeliebte Hund seines zwölfjährigen Pflegeneffen Atari, war der erste, der verbannt wurde. Atari will Spots unbedingt wiederhaben: Mit einem gekaperten Jagdflugzeug fliegt er nach Trash Island (Müll-Insel), um seinen Liebling zu finden und in der Folge zu versuchen, einen Hunde-Genozid zu verhindern.

Filmtechnik wie bei "King Kong"

Obwohl Wes Anderson betont, er habe keinen politischen Film machen wollen, gibt es sichtbar jede Menge Parallelen zur Geschichte der Menschheit. Und eines sollte man nicht vergessen: In der ersten Zeit von Aids wurde – ja, tatsächlich – daran gedacht, alle Erkrankten zu separieren.

Am Anfang des Unternehmens "Isle of Dogs", vor nicht ganz fünf Jahren, standen laut Anderson nur drei Begriffe: Bub, Hunde und Müll. "Ganz zu Beginn", sagt der Regisseur, "habe ich sogar kurz darüber nachgedacht, mit echten Hunden zu drehen. Aber ein reiner Hundedreh, noch dazu mit sprechenden Hunden, wäre mir in logistischer Hinsicht wohl schnell über den Kopf gewachsen". Und so entschloss er sich für die klassische Stop-Motion-Technik, die sich seit 1932 und "King Kong" kaum verändert hat und zum Beispiel auch bei "Wallace und Gromit" Verwendung fand.

Wes Anderson mit dem "Haupdarsteller" seines Animationsfilms Atari Bild: APA/AFP

Im Grunde ist das eines der aufwändigsten Verfahren, denn jedes einzelne Objekt muss für jedes Bild minimal neu modelliert werden, damit die Illusion von Bewegung kreiert wird. Pro Sekunde werden üblicherweise 24 Bilder abgespult. Wes Andersons kleine, aber eigenwillige Veränderung: Er verwendete jedes Bild doppelt, damit wurden die Bewegungen eigenartiger und abgehackter, was zu einer recht ungewöhnlichen ästhetischen Variante führte. 70 Puppenspieler und 38 Animatoren waren beschäftigt, um für "Isle of Dogs – Ataris Reise" 130.000 Einzelbilder zu schaffen. "Mein vereinfachtes System änderte nichts daran, dass pro Tag lediglich ein paar Sekunden Film geschaffen werden konnten", sagt ", Anderson.

Der schräge Amerikaner aus Texas (nach seinen zahlreichen Zugfahrten Wien–Budapest für "The Grand Budapest Hotel" übrigens ein leidenschaftlicher Fan der ÖBB-Zuggarnituren) leugnet nicht, dass Stop-Motion-Pionier Ray Harryhausen starken Einfluss auf ihn ausübte, und im Zuge der Vorbereitungen wurde in Andersons Fantasie noch ein weiterer Einfluss immer stärker: der des japanischen Kinos und des Meisterregisseurs Akira Kurosawa. Dessen Prinzip war, Filme in kleiner Runde immer im Ping-Pong-Prinzip zu entwerfen, und so konnte jeder Autor jedes Mal neue Ideen beisteuern. Ähnlich hielt es Wes Anderson in diesem Fall. Er holte sich Roman Coppola (Sohn von Francis Ford Coppola), Jason Schwartzman und seinen japanischen Freund Konichi Nomura ("Der kann vieles, was andere nicht können") als Mitarbeiter. Das Ping-Pong fand allerdings nicht in trauter Runde statt, sondern in enger Notebook-Vernetzung: "Doch wir reisten auch gemeinsam, haben uns dabei gegenseitig unterhalten und eine Menge improvisiert. Wir haben bestimmt 60 Zukunftsvisionen entwickelt, und dauernd kreisten unsere Gedanken um eine Frage: Was geschieht in unserer Geschichte als Nächstes?"

Eine Stargarnitur für die Hundestimmen

Ein wahrer Paukenschlag gelang Anderson, als er für "Isle of Dogs" eine unglaubliche Stargarnitur für die Hundestimmen engagieren konnte. Nämlich: Scarlett Johansson, Tilda Swinton, Harvey Keitel, Liev Schreiber, Yoko Ono, Bill Murray, Edward Norton, Jeff Goldblum, Greta Gerwig, Frances McDormand, Bryan Cranston, F. Murray Abraham sowie einige namhafte Japaner. Und alle hatten spontan und begeistert zugesagt. Schon allein deswegen lohnt sich wohl der Besuch der Originalfassung ...

Von Underdogs und Bären
"Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal als Hund arbeiten und dann mit einem Bären nach Hause kommen würde.“ Bill Murray, Schauspieler Bild: Reuters

Auf die Berlinale-Auszeichnung ist der Regisseur sehr stolz: "Gewohnt daran, dass auf den Plakaten stets die Namen der Schauspieler groß gedruckt waren, hatte ich früher nie gedacht, dass auch ein Regisseur ein ‚Star’ sein könnte. Die Trophäe in Berlin war außerdem mein erster hochwertiger Preise aus hochwertigem Metall. Zuvor hatte ich lediglich eine Schokoladen-Palme aus Cannes und einen gebastelten Mini-Löwen einer Schulklasse aus Venedig als Souvenirs erhalten." Den Silbernen Bären in Berlin ließ er übrigens von Bill Murray, der im Film einem Hund die Stimme lieh, abholen. Und der witzelte: "Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal als Hund arbeiten und dann mit einem Bären nach Hause kommen würde."

Über die Macher von "Isle of Dogs" und ihre "tierischen" Neigungen hatte Wes Anderson nach der Weltpremiere erzählt: "Roman Coppola fällt aus der Rolle. Er ist ein Katzenliebhaber. Jason Schwartzman hingegen ist ein Hardcore-Hundefan. Konichi Nomura hat keine Tiere zuhause, doch als er heiratete, besaß seine Frau fünf Chihuahuas. Die ihn fast in den Wahnsinn trieben."

Ein Gag der Berlinale-Weltpremiere wurde übrigens weitgehend übersehen. Sie fand genau an jenem Tag statt, als im chinesischen Horoskop das "Jahr des Hundes" eingeläutet wurde. In China gilt der Hund als ehrliche und loyale Seele.

Und noch einmal Berlinale: Bei der Pressekonferenz fiel die nicht unerwartete Frage: "Warum haben Sie überhaupt einen Film über Hunde gemacht?"

Wes Anderson, lächelnd: "Aber es ist Ihnen schon aufgefallen, dass unsere Hunde eigentlich Menschen sind, die wie Menschen denken ...?"

Übrigens: Spricht man den Titel des Films "Isle of Dogs” schnell aus, dann klingt er wie "I Love Dogs” (Ich liebe Hunde).

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