Aenus-Preis 2017: Auszeichnungen ohne Grenzen
INNVIERTEL, BAYERN. In Schärding wurden am Montag die Preisträger des Aenus 2017 geehrt, dem Preis für grenzüberschreitende Aktivität. Die Preise gingen an: Bürgerinsel Burghausen, "Turbo"-HTL Braunau und die Freiwilligen Feuerwehren.
"Gute Nachbarschaft gehört dauerhaft gepflegt", sagt der Initiator des Aenus-Preises, Reinhold Klika aus Braunau, und begründet damit, dass auch Jahre nach der Grenzöffnung der Preis nicht an Bedeutung verloren habe. Am Montag Abend wurden in Schärding die Aenus-Preise 2017 im Kubin-Saal vergeben.
Der ehemalige Journalist und Inhaber einer Werbeagentur hat 2001 die Initiative zur Förderung grenzüberschreitender Aktivitäten und Projekte ins Leben gerufen. Reinhold Klikas Blick zurück auf 16 Jahre Aenus-Initiative fällt zufrieden aus: "Fast ein Dutzend Partner auf oberösterreichischer und bayerischer Seite haben es ermöglicht, dass wir mehr als 150 grenzüberschreitende Initiativen vor den Vorhang holen und heuer die Preisträger 18 bis 20 auszeichnen konnten. Die Quantität der Einreichungen ist zwar – im Vergleich zur Anfangsphase – leicht rückläufig, die Qualität stimmt aber zuversichtlich, dass wir auch in zwei Jahren wieder einen "Aenus"-Preis vergeben dürfen", sagt Klika. Der Inn (lateinisch Aenus) als Namensgeber der Initiative verbinde mittlerweile und trenne nicht mehr.
Elf Projekte wurden für den Aenus 2017 eingereicht, eine Jury ermittelte die diesjährigen Preisträger (siehe Beiträge auf dieser Doppelseite) in den Kategorien "Vereine, Organisationen und Privatpersonen" und "Wirtschaft". Auch ein Sonderpreis der Jury wurde vergeben.
Region mit einem starken Herz
Die Festrede hielt – direkt von denGehaltsverhandlungen der Landesbediensteten in Linz angereist – Landeshauptmann Thomas Stelzer. Er hob die starke Region Oberösterreich-Bayern im Herzen Europas hervor und betonte: "Ein Herz ist dauernd in Bewegung und auch starke Regionen brauchen ständig Bewegung." Es brauche Gestalter und Beweger, die andere mitreißen und mitbewegen. Das zeige sich in der Grenzregion Innviertel-Bayern ganz deutlich, und auch dafür stehe die Aenus-Initiative.
Die Europäische Union habe dieses Miteinander von Regionen ermöglicht: "Die EU soll´s immer geben, sie sichert den Frieden. Sie ist aber nur dann Garant für den Frieden, wenn wir sie erhalten", sagte Stelzer.
Mittlerweile habe sich durch die Überwindung der Grenzen zwar vieles eingespielt und zum Besseren gewendet, manches – etwa die wieder eingeführten Grenzkontrollen zu Deutschland – erinnerten aber an die Nachteile der Zeit vor 2000, wie Reinhold Klika sagte.
Auch das kommentierte Thomas Stelzer kritisch: "Das freut keinen, aber ich habe Verständnis dafür. Würde die EU ihre Aufgabe erfüllen und ihre Außengrenzen sichern und die Verteilung der Flüchtlinge gewährleisten, bräuchten wir keine regionalen Initiativen!"
Auch eine Werte-Gemeinschaft
Oberösterreich und Bayern stehe für "selbstbewusst und Hausverstand", sagte der Landeshauptmann. Die EU sei auch eine Werte-Gemeinschaft, Oberösterreich und Bayern seien ein gutes Beispiel dafür, wirtschaftlich und im zwischenmenschlichen Bereich: "In dieser Region wird der europäische Gedanke nicht nur beworben, sondern gelebt."
Bürgerinsel Burghausen: Sportliches, gepaart mit sozialem Herz
Der Aenus-Preis in der Kategorie „Vereine, Organisationen, Privatpersonen“ ging an die Bürgerinsel Burghausen. Durch die Organisation eines grenzüberschreitenden „Brückenlaufes“ hat das Team um Michael Wirnsberger seit 2001 mehr als 300.000 Euro für soziale Einrichtungen im Raum Burghausen/Hochburg-Ach gesammelt.
Eingereicht wurde die Bewerbung stellvertretend für alle Beteiligten von der Bürgerinsel Burghausen, aber auch die Stadt Burghausen sowie die Gemeinde Hochburg-Ach beteiligen sich an dieser Initiative. Der Lauf startet und endet jeweils in Burghausen, verläuft aber zu einem großen Teil auf oberösterreichischem Gebiet entlang der Salzach durch die Gemeinde Hochburg-Ach.
Laudator Klaus Millrath von der Wacker-AG hob das mehrfach grenzüberschreitend Bedeutsame bzw. Verbindende dieser Initiative hervor: Sowohl geografisch als auch organisatorisch und sozial wie auch sportlich trage die Bürgerinsel Burghausen zum Miteinander „drent und herent“ bei.
Soziales steht im Vordergrund
Der „Brückenlauf“ sei – so Klaus Millrath, der auch Mitglied der Jury war – „ein Paradebeispiel für den Aenus-Preisgedanken“. Hier werde miteinander auf beiden Seiten der Salzach für einen guten Zweck gearbeitet. Die Initiative verbinde außerdem Menschen mit einem gemeinsamen Hobby – dem Laufen – und animiere Vereine, Gruppen und Kommunen zur Zusammenarbeit. Als weitere Begründung für die Preiswürdigkeit wurde auch der Grundgedanke der Aktion gewertet: „Startgelder und Spenden kommen sozialen Zwecken zugute. Dies steht beim Brückenlauf im Vordergrund, nicht die überragende sportliche Leistung.“
Daraus resultiere auch der besondere Charme dieser Veranstaltung, die heuer in der 17. Auflage mit 1400 Teilnehmern einen ungebrochenen Zuspruch verzeichnen konnte, sagte Laudator Klaus Millrath.
In den Genuss der Erlöse aus den Brückenläufen der vergangenen Jahre kamen unter anderem soziale Einrichtungen wie die Burghauser Tafel, Frauen helfen Frauen, die Zeitbank oder das Jugendzentrum Hochburg-Ach.
Ausgezeichnete "Turbo"-HTL Braunau
Mit dem grenzüberschreitenden Projekt „Turbo-HTL“ holte die HTL Braunau den Sieg in der Kategorie Wirtschaft. Die HTL sei „unbestritten eine Einrichtung mit zentraler Bedeutung für die Wirtschaft“, sagte Laudatorin Brigitte Dieplinger, Regionalmanagerin in der Inn-Salzach-Euregio. Seit Jahren bilde die Schule junge Menschen zu kompetenten Fach- und Schlüsselkräften aus, die gerade im Grenzraum von hochspezialisierten Unternehmen dringend gebraucht würden, sagte Dieplinger.
Die HTL Braunau lasse immer wieder mit Innovationen aufhorchen und genieße dies- und jenseits des Inns einen hervorragenden Ruf.
Da es diesen Schultyp in Bayern nicht gebe, sei die Ausbildung an der HTL auch dort sehr gefragt. Da das Schulsystem Bayerns und Oberösterreichs geringfügig abweiche, wurde die „Turbo“-HTL eingeführt. Dadurch wird es Schulabgängern aus Bayern mit der mittleren Reife ermöglicht, die HTL in vier anstatt fünf Jahren zu absolvieren, wie Direktor Hans Blocher erklärte. Derzeit sind 93 Schülerinnen und Schüler aus Bayern an der Braunauer Schule.
„Die Ausbildung ist hochkarätig, man kann sofort ins Berufsleben einsteigen“, so kommentierten Silvia Jakisch und Philipp Hautzinger – beide 17 Jahre alt und Schüler aus Bayern – die Ausbildung an der HTL Braunau.
Das Projekt läuft derzeit noch als Schulversuch, Schulleitung und beteiligte Partnerbetriebe – neben vielen österreichischen Unternehmen unterstützen auch neun bayerische Ausbildungspartner dieses Bildungsmodell – hoffen auf eine Weiterführung. „Die Ausbildung hat eine nachhaltige positive Auswirkung auf die Region, dadurch kann die grenzüberschreitende technische Ausbildung in der Region gesichert werden“, so fasste Brigitte Dieplinger die Entscheidung der Jury für die Preisvergabe in der Kategorie Wirtschaft zusammen.
Ein Sonderpreis für jene, die helfend zur Stelle sind
Auch ein Sonderpreis wurde auf Beschluss der Aenus-Jury vergeben. Es liegt im Ermessen der Jury, diese Möglichkeit zur Preisvergabe für besonderes Engagement auszuschöpfen. Schärdings Bezirkshauptmann Rudolf Greiner sagte: „Es sollen drei Projekte ausgezeichnet werden, bei denen grenzüberschreitende Freiwilligenarbeit zum Schutz der Menschen am Inn und damit zivilgesellschaftlicher Einsatz vor den Vorhang geholt werden soll.“
Bewährt bei zwei Katastrophen
Außerordentliche Naturereignisse – vor allem in den Jahren 2013 und 2016 – haben außergewöhnlichen Einsatz der Feuerwehren erfordert. Das grenzüberschreitende Katastrophen-Management der Freiwilligen Feuerwehren habe sich dabei mehrmals bewährt.
Die Zusammenarbeit der Feuerwehren Braunau und Simbach – sie wurden gemeinsam gegründet und arbeiten seit 150 Jahren eng zusammen – ist eine der Kooperationen, die durch den Aenus-Sonderpreis ausgezeichet werden.
Der grenzüberschreitende Einsatz von mehr als 500 Feuerwehrleuten aus 36 Feuerwehren bei der verheerenden Hochwasserkatastrophe 2016 in Simbach hat gezeigt, wie gut und wie rasch dringend notwendige Hilfe umgesetzt werden kann. Die freiwilligen Helfer haben dabei mehr als 7000 Stunden Einsatzarbeit geleistet.
Als drittes Beispiel wurde das erst kürzlich in Schärding eröffnete KAT-Lager für die Gemeinden Schärding, St. Florian, Brunnenthal und Neuhaus eröffnet. Diese Katastrophenschutz-Einrichtung bemüht sich um effiziente Vorsorge bei Hochwassergefahr. Mittlerweile wurden bereits 120 Feuerwehrleute – vor allem beim Management für 30.000 Sandsäcke – eingeschult.
Freiwilligenarbeit und Ehrenamt hätten in Oberösterreich generell einen hohen Stellenwert, würdigte Laudator Rudolf Greiner. Was hier im Grenzraum am Inn geleistet werde, spiele „in der Champions League des Ehrenamtes“, würdigte Greiner.