Claudia Cardinale: Unzähmbare Diva und Frauenrechtlerin
Die italienische Schauspielerin Claudia Cardinale wird 85 – und kämpft noch immer.
Die schönste italienische Erfindung nach Spaghetti oder die schönste Italienerin Tunesiens – Claudia Cardinale wurde schon mit zig Komplimenten überhäuft. In Tunis geboren und heute in Frankreich zu Hause, fühlte sie sich immer als Italienerin – als Süditalienerin wohlgemerkt. Auch das Mittelmeerland schmückt sich gern mit dem "unzähmbaren" Kino-Star, der sich nach einer aufregenden Filmkarriere als Aktivistin für Frauenrechte engagiert. Am Samstag wird sie 85 Jahre alt.
"La Cardinale", wie sie in Italien oft nur genannt wird, blickt auf eine berauschende Karriere und ein bewegtes Leben zurück. Anders als viele Kolleginnen weigert sie sich, den Weg der widerwillig alternden Divas zu gehen: Sie schaffte das Altern in Würde und stellt ihr unverwechselbares Gesicht in all seiner Natürlichkeit mit Falten und Spuren des Lebens stolz zur Schau. Vielen gilt sie bis heute als Ikone und Legende des italienischen und französischen Films, an der sich andere Schauspielerinnen lange messen lassen mussten.
Der Goldene Löwe der Filmfestspiele von Venedig und der Goldene Bär der Berlinale bezeugen ihr schauspielerisches Können. Im Alter ist es bis auf einige wenige Produktionen ruhig um Cardinale geworden. Ganz ungewohnt sieht man sie dort nicht mehr als Vamp und Sexsymbol, sondern entweder als Matriarchin oder Großmutter – zuletzt im Drama "The Island of Forgiveness" (2022), das das Leben eines Tunesiers italienischer Abstammung behandelt.
Einen ihrer ersten Erfolge landete die heutige Diva in Fellinis Filmdrama "8 ½": 1963 tauchte sie weiß gekleidet und tänzelnd zwischen Bäumen als Muse auf und landete an der Seite von Marcello Mastroianni. Mit Luchino Viscontis "Der Leopard" (1963) an der Seite Alain Delons und Burt Lancasters sowie als Prinzessin Dala in der Krimi-Komödie "Der rosarote Panther" (1963) wurde die Italienerin weltbekannt. Insbesondere dank Sergio Leones Italo-Western "Spiel mir das Lied vom Tod" (1968) sicherte sie sich ihren Platz als unvergessliche Filmdiva der 60er- und 70er-Jahre.
Kindheit: "Magische Momente"
Cardinale hat eine starke Verbindung zu Tunesien. Sie kam 1938 in Tunis als Tochter sizilianischer Auswanderer zur Welt und wuchs dreisprachig – mit Französisch, Arabisch und dem Sizilianischen – auf. Ihre Kindheit in dem nordafrikanischen Land beschrieb die Filmdiva einmal als "goldenes Zeitalter" voller "magischer Momente". Als erwachsene Frau schätzte Cardinale stets Freiheit und Unabhängigkeit – privat wie beruflich. Als junge hübsche Frau musste sie dafür hart kämpfen. "Die Unzähmbare" wird sie deswegen oft genannt. Ein Buch über ihr Leben, das ihre Tochter Claudia Squitieri jüngst herausgegeben hat, heißt genauso.
"Claudias Unzähmbarkeit ist ein roter Faden in ihrem Leben." Ihr langjähriger Lebenspartner Pasquale Squitieri nannte sie wegen ihres Temperaments "Wind des Südens".
Anders als manche Kolleginnen ihrer Generation unterstützt Cardinale Bewegungen wie #MeToo oder Time’s Up. Schlimme Erlebnisse in der Jugend sind wohl der Hintergrund: Als junge Frau wurde sie vergewaltigt und von ihrem Peiniger schwanger.