Musik aus der tiefsten Seele Russlands
New Russia State Symphonic Orchestra: Dirigent Yuri Bashmet, Tatjana Vassiljeva (Cello), Brucknerhaus, 14. 3. OÖN Bewertung: Das Brucknerhaus widmete das jüngste Abonnementkonzert Tschaikowsky mit drei Facetten aus dessen Schaffen.
New Russia State Symphonic Orchestra: Dirigent Yuri Bashmet, Tatjana Vassiljeva (Cello), Brucknerhaus, 14. 3.
OÖN-Bewertung: 6/6 Sternen
Das Brucknerhaus widmete das jüngste Abonnementkonzert Tschaikowsky mit drei Facetten aus dessen Schaffen. Die Aufführung gewann überzeugendes Profil durch das ausgezeichnete Orchester, das die sichtbaren und unsichtbaren Abgründe dieser Musik offenbarte.
Auch im Dirigenten steckt ein überaus begnadeter Musiker, der international als Solobratschist bekannt ist. Auf dieser instrumentalen Basis zeigten sich letztlich seine gewaltigen künstlerischen Qualitäten als Orchestererzieher, so dass alles bei der Aufführung selbstverständlich wirkte.
Der Solistin geht der Ruf eines musikalischen Phänomens voraus. Sie besitzt einen edlen und schönen Ton, eine perfekte und virtuose Technik und eine unglaubliche Klangfülle. Ihre Erfahrungen mit der Moderne kommen auch älterer Musik zugute, wie es die „Rokoko-Variationen“ op.33 darstellen, und das zum Nutzen einer schlackenlosen Klarheit der Interpretation.
Das Orchester begleitete mit feinfühliger Zurückhaltung, sodass die Solistin unangefochten im Mittelpunkt des Geschehens stand. Die unausbleibliche Zugabe von J. S. Bach erfreute in nobler Ausgeglichenheit. Das Orchester selbst stellte sich mit der Fantasie-Ouvertüre „Romeo und Julia“ vor, dabei war es ein Anliegen, die lyrischen und dramatischen Episoden des Dramas deutlich zu vermitteln. Die Symphonie Nr. 5, ein Inbegriff russischer Symphonik, war von düsterer Melancholie, zarter Lyrik und wildem Temperament erfüllt. Es ist nicht zu hoch gegriffen, in ihr eine Schicksalssymphonie zu sehen. Die Wiedergabe war hervorragend klar und durchsichtig bis in die kleinsten Details und auch bis zum feinsten Pianissimo. Gegenwärtig war immer ein Höchstmaß an Flexibilität des Klanges. Das Ergebnis bildete eine packende und anrührende Aussage, die Musik eines Leidenden. Im zweiten Satz war die Melancholie zum Greifen, das tief empfundene herrliche Hornsolo konnte einen zum Weinen verführen.
Insgesamt eine traumhaft schöne Interpretation, die stürmischen Beifall erntete. Die Zugaben: ein lebenssprühender „Ungarischer Tanz“ von Johannes Brahms und die furiose Samba-Komposition „Tico Tico“ aus Brasilien, bearbeitet von Daniel Barenboim.
Info: Die russische Cellistin wird am 4. und 5. Juni bei der Eröffnung der Oö. Stiftskonzerte in St. Florian mitwirken.