Ohne Hausärzte keine Spitalsreform
Man muss verhindern, dass Patienten ins Spital kommen. Und der einzige Weg ist, die Hausärzte besserzustellen.
Als in einer großen Stadt mit vielen Spitälern an einer Abteilung für innere Medizin zehn von 270 Betten wegen Umbau gesperrt wurden, brach Chaos aus: Gangbetten, überlastete Pflegekräfte, gereizte Ärzte, unzufriedene Patienten. Dass das passierte, hatte definitiv nichts mit zu wenig Betten zu tun. Das Problem war, dass die Abteilung auf eine Kürzung nicht vorbereitet war.
Wenn, wie gerade, über Spitalsbetten gesprochen wird, wird übersehen, dass hinter der Belegung dieser Betten viele Prozesse stehen, die von unterschiedlichsten Menschen gesteuert werden: da sind die zuweisenden Ärzte, die in der Ambulanz, und jene auf der Station; nicht zu vergessen die Patienten, die ebenfalls eine „Aufnahmeroutine“ gewöhnt sind. Kurz, alle haben gelernt, mit dem Vorhandenen auszukommen. Wird das plötzlich weniger, dauert es, bis sich alle angepasst haben, sich also die Kultur geändert hat. Eine solche Kulturänderung kommt nicht über Nacht.
Soll es zu einer nachhaltigen Veränderung kommen, müssen sich alle, von den niedergelassenen Ärzten über das Spital bis zu den nachsorgenden Strukturen (Pflege), ändern. Und der Bevölkerung muss klar sein, dass eine ambulante Behandlung keine Verschlechterung bedeuten muss. Dass da was schiefläuft, kann man an den Umfragen ablesen. Anscheinend sind viele unterwegs, die Ängste schüren. Anders ist es nicht zu erklären, dass die Oberösterreicher meinen, die Reform sei zu groß. Viel zu wenig wurde erklärt, dass die geplante Betten-reduktion im Grund nur das Zurückfahren auf ein österreichisches Maß ist – und weit von wirklich großen Einschnitten (z.B.: Spitalsschließungen) entfernt.
Wenn es aber darum geht, übertriebene, unnötige Spitalsaufenthalte zu reduzieren – und nur das kann das Ziel sein –, wird man nicht umhinkommen, mehr zu besprechen als nur Betten. Im Grunde gibt es nur eine Chance, mit weniger Betten auszukommen: man muss verhindern, dass Patienten ins Spital (auch in die Ambulanz) kommen. Und der einzige Weg, das zu erreichen, ist, die Hausärzte besserzustellen. Wenn Hausärzte weniger zu Fachärzten oder Spitalsambulanzen überweisen und Patienten dort nicht so oft selbst hingehen (müssen), weil sie sich vom Hausarzt gut versorgt fühlen, dann werden automatisch die Aufnahmen weniger.
Doch denkt aktuell irgendjemand daran? Die OÖGKK hat zwar angekündigt, dass sie darauf achten will, dass ihre Ärzte „mehr“ behandeln und die Spitalszuweisungen reduzieren. Aber gibt es Initiativen? Wird von Land und Kasse verhandelt, ob es um die reduzierten Spitäler neue Hausarztstellen geben wird? Werden Anreize für Hausärzte angedacht, damit diese ihre neue Rolle wahrnehmen wollen? Schlicht, was passiert, damit die Rolle der Hausärzte aufgewertet wird? Passiert nichts, dann wird es unmöglich sein, all die Prozesse, die zu Spitalsaufnahmen führen so zu beeinflussen, dass die Spitäler mit den Bettenkürzungen umgehen können. Die Folge wird – egal wie groß die Kürzungen sein mögen – Chaos sein und alle Befürchtungen, dass diese Reform „zu groß“ sei, bestätigen. Am Ende wird die Reform scheitern.
Ernest Pichlbauer
Ernest Pichlbauer ist unabhängiger Gesundheitsökonom und Publizist in Wien.
Für die OÖNachrichten analysierte er die oberösterreichische Spitalsreform in vier Gastkommentaren.