7 Todesopfer: Netanyahu gesteht "unbeabsichtigten" Angriff auf Helfer
JERUSALEM. Der Tod von sieben Mitarbeitern einer Hilfsorganisation im Gazastreifen durch einen israelischen Luftangriff sorgt für Trauer und Entsetzen.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu bedauerte am Dienstag den "unbeabsichtigten" Angriff und versprach eine gründliche Untersuchung des Vorfalls. Die Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) kündigte an, sie werde angesichts des tödlichen Angriffs auf einen Hilfskonvoi ihren Einsatz in der Region sofort stoppen.
"Dies ist unverzeihlich"
WCK berichtete, die Helfer hätten gerade ein Lagerhaus in der Ortschaft Deir al-Balah im zentralen Abschnitt des Gazastreifens verlassen, als sie beschossen worden seien. "Dies ist nicht nur ein Angriff auf WCK, dies ist ein Angriff auf humanitäre Organisationen, die in schlimmsten Situationen kommen, in denen Nahrung als Waffe im Krieg eingesetzt wird", sagte die Geschäftsführerin der Organisation, Erin Gore. "Dies ist unverzeihlich." Die sieben Opfer stammten laut der Mitteilung aus Australien, Polen, Großbritannien und den Palästinensergebieten - zudem habe eines der Opfer die US-amerikanische und kanadische Staatsbürgerschaft.
Israels Regierungschef Netanyahu beschrieb in einem am Dienstag veröffentlichten Video den Angriff als tragisch und unbeabsichtigt. "Wir schauen uns das gründlich an und sind in Kontakt mit den Regierungen (jener Länder, aus denen die Opfer stammen, Anm.). Wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass so etwas nicht wieder passiert", so Netanyahu weiter. Der Premier wurde am Dienstag nach einer Hernienoperation aus dem Krankenhaus entlassen.
Unabhängiges Expertengremium
Auch das israelische Militär teilte in einem englischsprachigen Video auf der Plattform X (früher Twitter) mit, es führe "eine gründliche Untersuchung auf höchster Ebene durch, um die Umstände dieses tragischen Vorfalls zu verstehen". Armeesprecher Daniel Hagari kündigte darin an, der Vorfall werde von einem "unabhängigen, professionellen Expertengremium" untersucht werden.
Das österreichische Außenministerium forderte auf X eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls und den ungehinderten Zugang von Helfern zum umkämpften Küstenstreifen. "Das Leben von Zivilisten und die humanitären Helfer müssen zu allen Zeiten beschützt werden", so das Außenamt in einem englischsprachigen Posting.
Forderung nach Aufklärung
EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen sprach den Familien der Opfer ihr Mitgefühl aus. "Ich würdige die Helfer, die in Gaza ihr Leben verloren haben", teilte sie am Dienstag auf X mit. "Mein tiefstes Beileid gilt ihren Familien und Freunden." Die Hilfsorganisation WCK sei ein entscheidender Partner bei der Linderung des Leidens der Menschen in Gaza.
EU-Chefdiplomat Josep Borrell verurteilte den Luftangriff im Gazastreifen. Der Außenbeauftragte der Europäischen Union würdigte am Dienstag auf X die getöteten NGO-Mitarbeiter und drängte auf eine Untersuchung. "Trotz aller Forderungen zum Schutz von Zivilisten und humanitären Helfern gibt es neue unschuldige Opfer." Die britische und spanische Regierung forderten eine umgehende Aufklärung des Vorfalls. Ägypten verurteilte den Angriff. Das Außenministerium in Kairo sprach in seiner Erklärung vom Dienstag von anhaltenden Angriffen Israels auf Organisationen, die im humanitären Bereich tätig seien.
Der Nothilfekoordinator der Vereinten Nationen, Martin Griffiths, hat den Mut der sieben getöteten humanitären Helfer in Gaza hervorgehoben. "Sie waren Helden. Sie wurden getötet, während sie versucht haben, hungernde Menschen zu ernähren", schrieb er am Dienstag auf X. Er sei empört, schrieb Griffiths weiter. "Die Handlungen derer, die dahinterstehen, sind durch nichts zu rechtfertigen", fügte er hinzu.
Polen forderte angesichts der Berichte über den Tod eines polnischen Helfers Aufklärung von Israel. Außenminister Radoslaw Sikorski schrieb am Dienstag auf der Plattform X, er habe Israels Botschafter Jakov Livne persönlich um eine dringende Aufklärung gebeten. "Er hat mir zugesichert, dass Polen alle Ergebnisse der Untersuchung dieser Tragödie erhält."
"Eine menschliche Tragödie"
Australiens Ministerpräsident Anthony Albanese bestätigte den Tod der 44-jährigen Entwicklungshelferin Lalzawmi "Zomi" Frankcom und forderte, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. "Dies ist eine menschliche Tragödie, die sich niemals hätte ereignen dürfen", sagte er vor Journalisten. In den USA zeigte sich die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Adrienne Watson, erschüttert. "Humanitäre Helfer müssen geschützt werden, wenn sie dringend benötigte Hilfe liefern, und wir fordern Israel auf, den Vorfall schnell zu untersuchen", erklärte sie in sozialen Medien.
WCK ist seit dem Beginn des Krieges zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas im Gazastreifen an der Verteilung von Hilfsgütern in dem Palästinensergebiet beteiligt. Sie ist eine von zwei Hilfsorganisationen, die Hilfsgüter von Zypern aus per Schiff in den Gazastreifen liefern, und war dort auch am Bau eines provisorischen Anlegers beteiligt.
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